Erfahrung Neu Delhi-Neustrelitz.., Pakistan.., Iran..,Himalaja. Andreas Goeschel

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Erfahrung Neu Delhi-Neustrelitz.., Pakistan.., Iran..,Himalaja - Andreas Goeschel


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wir wollten abwarten.

      Radjeev führt uns zu einem Taxi, welches nun, so stellt sich später heraus, zum Preis von 150 Rupis vier Stunden lang zur Verfügung steht.

      Das sei so der übliche Satz, erfahren wir.

      Um dreiviertel eins sind wir dann bei Radjeev zu Hause. Das ist außerhalb von Delhi, sogar ein anderer Staat, erkennbar an einer „Straßensperre“ aus leeren Benzinfässern, die ganz normal und schwungvoll von allen umfahren wird.

      Ein Beamter ist nicht zu sehen.

      Im näheren Stadtgebiet von Delhi grenzen drei Bundesstaaten aneinander.

      Harjana, so erklärt er, nicht ganz ohne Stolz, wäre ein sehr reicher Staat.

      Im Gegensatz zum Hauptteil von Delhi.

      Dieser Reichtum allerdings bleibt für uns absolut unsichtbar.

      Nach etwa einstündigem Gespräch im Eingangsbereich des Hauses, wo es angenehm kühl ist (es waren gute 25 Grad draußen), fahren wir mit dem gleichen Taxi in Richtung Zentrum zurück. Dort seien die Hotels billiger.

      Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum er uns nicht erst mal einen Schlafplatz in seinem Haus anbietet, wo wir doch nun gerade Tausende Kilometer hierher gereist sind. Wir haben ja Schlafsäcke mit und würden doch keine großen Umstände bereiten.

      Naja, soweit gehts eben doch nicht.

      Das Verhältnis ist mehr von Geschäftsgeist geprägt.

      Wir sind wohl auch für ihn mehr so zwei wandelnde Banken.

      Das Hotel, wo er uns abladen will lehnen wir klipp und klar ab.

      Vor allem Lutz hat keine Lust sich dem Diktat Radjeevs zu unterwerfen.

      Das vierte Hotel, das wir uns dann in eigener Initiative ansehen, ist einigermaßen erträglich.

      Schon hier schleicht sich der Gedanke ein, daß wir so schnell wie möglich wieder aus Delhi raus wollen. Nur Dreck und Chaos.

      Armut, Elend und Bettelei machen vor allem Lutz fertig.

      So sind die ersten Eindrücke sehr bremsend und anstrengend.

      Kaum etwas funktioniert richtig. Einmal das Zimmer verlassen und die Tür geht nicht mehr auf. Der gerufene Hotelboy ist ziemlich ratlos, dann stehen vier Leute herum und diskutieren. Zu guter Letzt öffnen wir die Tür selbst und reparieren das Malheur auch alleine. Werkzeuge: ein Stein (als Hammer) und Holzspäne, damit die alten Schrauben wieder halten. An meinem Tool-Klappmesser ist ja schließlich auch ein Schraubenzieher. Seit der deutschen Einheit, soll der ja Schraubendreher genannt werden.

      Nun aber ab in die Stadt! Das heißt, wir sind ja mitten drin.

      Auf dem "Main Bazar" ist das totalste Gewühle.

      Ein Office von Thomas Cook soll in der Nähe der Railway Station sein. Da soll man angeblich die Reiseschecks eins zu eins eintauschen können. Gut, daß wir einen Stadtplan haben. Straßennamen stehen nur ganz vereinzelt mal angeschrieben. So kann man sich nur grob orientieren. Fragen hilft da am Besten. Viele sprechen englisch, wenn auch nur wenige Worte.

      „Hauarju...?“ so tönt es uns am Tage mehrere hundert Male von allen Seiten entgegen. Am Anfang ist es ja ganz witzig, im Mittelpunkt zu stehen, aber es wird schnell zum Psychoterror. Jeder will uns in sein kleines Geschäft locken, mit Sprüchen wie „bitte Sir, schaue sie nur, nix kaufe, iche habe alles, was sie wolle, mache sie mir häppi.., nur gucke...“ usw.

      Nach Tagen gewöhne ich mir an, alle und alles zu ignorieren und stur und zügig geradeaus zu gehen. Das ist die beste Taktik, in angemessener Zeit auch da anzukommen, wo man hin will. Läßt man sich erst Mal auf ein Gespräch ein, ist es sehr schwer, wieder wegzukommen, ohne etwas zu kaufen, oder zumindest die angebotenen Waren oder Dienste zu begutachten.

      Lutz ist da weicher als ich und reagiert auf die meisten Sachen freundlich, wenn meist auch nur gestisch.

      Nach einigen Wortwechseln merke ich, wie wenige Worte die Leute vom Englischen wirklich können. Meist sind es nur fünfsechs Vokabeln.

      Wir finden das Office von Thomas Cook und tauschen dort 20 Dollar zu einem Kurs von 45,46 Rupis per Dollar.

      Das Office ist übrigens eindrucksvoll bewacht. Ein Posten steht davor.

      Der trägt eine Flinte, die aus Zeiten vor dem ersten Weltkrieg stammen muß. Ein Schrotlauf, an dem das Korn fehlt und der am Ende noch eingebeult ist. Ich hoffe für ihn und alle Beteiligten, daß er das Monstrum nicht wirklich benutzen muß.

      Ich glaube, abschreckende Wirkung hat das dennoch, und sicherlich nicht nur für Inder.

      Nach einem Spaziergang über den Mainbazar, wieder zurück im Hotel, gehen wir schon halb acht zu Bett. Die Zeitumstellung macht uns doch zu schaffen. Immerhin sind es viereinhalb Stunden. Von einem ungestörten Schlaf kann aber keine Rede sein, denn es ist laut.

      Irgendwann in der Nacht gibt es, wie so oft, Stromausfall.

      Leider steht das Notstromaggregat dieses Hotels direkt über unserem Hotelzimmer auf dem Dach. Ein schöner vier - Zylinder - Dieselveteran, mit dem Klangbild gemeinsam schaffender Preßlufthämmer, treibt den Generator an. Die Entfernung zu dem Aggregat ist keine vier Meter und dazwischen etwa zwanzig Zentimeter Beton.

      Anderer Lärm ist somit nicht mehr zu hören. Ich schlafe dann auch wieder ein. Nicht mal das Geschnarche von Lutz stört mich in dieser ersten Nacht. Ich hörte ihn ja nicht! Das dies allerdings nicht an diesem Aggregat lag, erfuhr ich erst am nächsten Morgen: Lutz hatte kaum ein Auge zugetan. Es hatte ihn das große Zittern gepackt. Dank der Gespräche vor der Reise über Indien, wußten wir wenigstens was in ihm vorging: Er hatte einen Kulturschock erlitten.

      Nun sprach er das bisher unbekannte Wort ständig aus, um sich selber zu beruhigen.

      Freitag,19.Januar, 3. Tag.

      Wohl heute noch und morgen, verweile ich noch hier.

      Kommt aber dann der dritte Tag, so muß ich fort von hier.

      „Kulturschock“, furchtbares Wort, jedoch es gewinnt an Bedeutung, wenn man diesen Zustand am eigenen Leib verspürt. Vorgewarnt waren wir ja, zum Glück… Und trotzdem, die Zustände hier selbst zu sehen, ist etwas ganz anderes, als die Sprüche und Beschreibungen zu der Thematik von anderen.

      Der Flug, Die Zeitumstellung, gut. Aber dann der Lärm und Dreck, die Menschenmassen, die Not und das Elend. Kinder, Krüppel, die nur etwas essen wollen…

      Daraus ergibt sich eine gehörige Anspannung, eine permanente Aufregung.

      Und dann noch, wenn man glaubt, endlich erst mal angekommen zu sein, die Tür hinter sich schließen zu können, ein bißchen Ruhe vor all dem haben zu können, dann, endlich liecht man ins Bette (Buch entfällt wegen des funzligen Lichtes) dann: - Der Generator...

      Nachts klinkt noch jemand erfolglos an unserer Türe und man hört ihn danach sofort hastig die Treppen herunter rennen. Hatte wohl geglaubt, daß das Schloß noch kaputt sei…

      Diese erste Nacht hatte es in sich gehabt.

      Erst um 11.30 Uhr stehen wir auf. Zu lange gelegen - mein Rücken tut weh. Wir wechseln das Hotel. Gehen zum "Roxy", das nur wenige hundert Meter entfernt ist. Gestern war es komplett belegt. Dies allerdings spricht für die relativ gute Qualität dieses preislich doch erschwinglichen Etablissements.

      Der Portier vom „Roxy“ versprach uns gestern, daß wir am nächsten Tag ein Zimmer bekommen würden. Und so ist es auch tatsächlich.

      Ein deutlich höherer Standard. Und das Beste: Tee und „Kaffee“ Tag und Nacht frei! Na ja.., vom Trinkgeld für die Beus mal abgesehen.

      Ach so, die Rolle Klopapier ist nicht mit im Preis. Jedoch wird eine solche dann von den diensteifrigen Jungs prompt für schlappe Marksiebzig offeriert.

      Gut, daß wir das Fehlen dieses Utensils vor Eintreten einer


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