Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und andere bilanzielle Fehler. Marc Lindner

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Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und andere bilanzielle Fehler - Marc Lindner


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ein gewisser Nutzen, der das BIP nicht verändert.

      3) Eine Familie geht in einen Unterhaltungspark und zieht daraus einen Nutzen aus den Erlebnissen und steigert gleichzeitig das BIP.

      4) Eine Familie bereitet sich einen Picknickkorb zu und verbringt ein Wochenende in einer verlassenen Jagdhütte im Wald und vergnügt sich mit spielen und Abenteuergeschichten. Es entsteht wiederum ein Nutzen, der aber nicht im BIP wiederzufinden ist.

      5) Der Hausmann oder die Hausfrau arbeitet im Haushalt und erzieht die Kinder. Daraus resultiert für die Familie und auch für die Gesellschaft ein Nutzen. Das BIP wird dadurch aber nicht gesteigert.

      6) Nach einem Autounfall sind drei beteiligte Autos Schrott. Ein Fahrer hat sich einen Arm gebrochen. Ein Zweiter hat eine Rippe gebrochen und muss 3 Wochen im Krankenhaus liegen. Im Nachhinein ist kein Nutzen entstanden, um genau zu sein, ist ein Schaden entstanden. Die Ärzte und Krankenhäuser werden Rechnungen schreiben, die Autohändler werden drei neue Autos verkaufen und das BIP massiv steigern.

      Grundsätzlich ist eine Maximalsteigerung des BIP dadurch möglich, dass ein Krieg sämtliche Gegenstände zerstört, und die Menschen zu mehr oder minder verletzten Kriegsgeschädigten macht.

      3.17. Unternehmensethik

      Unternehmen sind im Prinzip Untergruppen der Gesellschaft, bei denen im Kollektiv arbeitende Menschen ein gemeinsames Ziel verfolgen und durch die Zusammenarbeit effektiver arbeiten, als wenn sie alleine wären. Dies ist möglich, weil sich Fähigkeiten ergänzen und in vielen Fällen Produkte und Dienstleistungen erst durch diese Zusammenarbeit realisierbar werden. Zum Beispiel wäre es nicht möglich, dass ein Mensch eine Turbine entwickelt, die Aerodynamik optimiert und dann ein ganzes Flugzeug selbst zusammenbaut, lackiert und ausliefert und es gewinnbringend am Markt verkauft.

      Dabei gibt es zwei grundlegende Unternehmensstrukturen und Philosophien, die in ihrer reinsten Form aber beide sehr selten vorkommen dürften.

      1) rein gewinnorientierter Kapitalgeber:

      Es wird nur der Nutzen der Kapitalgeber maximiert. Der Nutzen der Belegschaft ist unwichtig. Es wird monetär so wenig entlohnt wie möglich. Umweltauflagen werden in den kontrollierten Bereichen minimal erfüllt und in nicht kontrollierten Bereichen wenig bis gar nicht beachtet.

      So verlagern große Firmen ihre Produktion immer mehr in Schwellenländer, wo sie wenige bis gar keine Auflagen erfüllen müssen. Dies führt nicht nur zur Ausbeutung der Natur, sondern ebenfalls zur Ausbeutung der dort lebenden Menschen.

      2) gesellschaftlich denkendes Unternehmen

      Moralische Größen werden als wichtig erachtet, gesellschaftliche und gesetzliche Normen und Mindestanforderungen werden erfüllt oder übertroffen. Es ist der Geschäftsleitung wichtig, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren können und einen nicht monetären Nutzen daraus ziehen, dass sie in dem Unternehmen arbeiten. Zum Beispiel dadurch, dass sie stolz sind, dort zu arbeiten und sie ihre Arbeit als einen gesellschaftlichen Mehrwert betrachten können und ein gewisses positives Ansehen in der Öffentlichkeit genießen können. In einem solchen Unternehmen herrscht im Allgemeinen ein verantwortungsbewusstes Wir-Gefühl.

      Für beide Formen gibt es Einschränkungen bzw. Voraussetzung, die diese begünstigen oder verhindern können. Die erste Form, die sich auf eine Kapitalmaximierung beschränkt, betrachtet die Mitarbeiter als einen Kostenfaktor und versucht diese monetär und nicht monetär auszubeuten. In einem solchen Unternehmen würde niemand arbeiten, wenn ihm oder ihr ein Arbeitsplatz in einem anders handelnden Unternehmen mit gleichem oder geringfügig geringerem Gehalt zur Verfügung stünde. Also ist diese erste Form der Unternehmensphilosophie von einer Knappheit an Arbeitsplätzen abhängig.

      Die zweite Form, die gesellschaftlich denkende und handelnde Unternehmenskultur, muss sich selbst finanzieren können und kann somit nicht die ökonomischen Gesetze außer Acht lassen. Ihre Handlungen sollen zwar nicht den Gewinn rücksichtslos maximieren, aber dennoch muss langfristig ein Gewinn erzielt werden, um das Überleben des Unternehmens sicherzustellen. Der Gewinn ist hier nicht Ziel, sondern als Unternehmensvoraussetzung definiert. Weil von einem solchen Unternehmen auch die externen Kosten und Nutzen mit berücksichtigt werden, ist es unmöglich kurz- und mittelfristig kostengünstiger zu produzieren als Unternehmen, die rein oder vorwiegend gewinnmaximierend denken.

      Somit wird durch gewinnmaximierende und kostengünstiger anbietende Unternehmen die Existenz der gesellschaftlich orientierten Unternehmen bedroht. Deshalb sind zwei Voraussetzungen für ein gesellschaftlich orientiertes Unternehmen wichtig.

      Die Rahmenverordnung muss alle jene Elemente verbieten, die hohe externe Kosten verursachen, zum Beispiel Vergiftung von Luft, Wasser und Erde, Verstoß gegen Menschenrechte, Menschenwürde und Ähnliches. Aber gleichzeitig muss es auch eine Möglichkeit geben, etwaige Verstöße wahrzunehmen und zu bestrafen. Ansonsten ist die Rahmenverordnung wirkungslos. Dadurch wird erreicht, dass rein gewinnmaximierende Unternehmen durch ihre rücksichtlose Handlungsweise weniger stark die Existenzgrundlage von gesellschaftlich orientierten Unternehmen gefährden können.

      Die Unternehmensethik sieht darüber hinaus vor, dass in den Bereichen, in denen die Rahmenverordnung nicht ausgeprägt genug ist, um die externen Kosten oder moralischen Werte der Gesellschaft zu berücksichtigen, die Verantwortung moralisch zu handeln an die Unternehmen zurückfällt und es nicht ausreicht, sich auf die Rahmenverordnung zu berufen.

      Wenn dieser moralischen Verantwortung nachgegangen wird, fallen Mehrkosten an, die teilweise durch einen höheren, am Markt erzielbaren, Preis erwirtschaftet werden können sollte. Aus diesem Grund ist es wichtig, gesellschaftlich orientierte Unternehmen am Markt durch den Kauf deren Produkte zu belohnen, anstelle kostengünstiger Konkurrenzprodukte von unmoralischen Unternehmen zu erwerben. Ohne eine solche moralische Verantwortung der Kunden ist Unternehmensethik nur schwierig umzusetzen. Wohin gegen die moralische Kaufentscheidung einen hohen Informations- und Vertrauensbedarf aufweist. Fehlen auf Seiten der Unternehmen und der Kunden solche Ansätze endet dies in einem Teufelskreis, der nur schwer durchbrochen werden kann.

      Damit dies aber möglich ist, muss der oftmals nicht messbare (weil subjektive) Mehrwert des Produktes anderweitig kommuniziert werden können als ausschließlich durch das Produkt selbst. So sieht man beispielsweise einem Kosmetikartikel nicht an, ob für dessen Entwicklung Tiere gequält worden sind. Es ist aber wichtig, dass die übernommene gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens wahrgenommen wird, was letztlich meist nur durch vertrauensbildende Maßnahmen ermöglicht werden kann. Zum Beispiel durch Offenlegung der Produktherkunft, Produktinhaltstoffe oder aber zufriedene Mitarbeiter, die die übernommene gesellschaftliche Verantwortung selbst mittragen und spüren, dass diese von der Geschäftsleitung vorgelebt wird.

      Damit Unternehmensethik innerhalb von Unternehmen berücksichtigt werden kann, braucht es eine starke Rahmenverordnung mit ausgeprägter Strafverfolgung und öffentliche Wahrnehmbarkeit der durch die Unternehmen übernommenen Verantwortung, sowie letztendlich eine Honorierung der unternehmerischen Bemühungen durch den Kunden, beziehungsweise Boykott von Produkten von Unternehmen, die gegen die Unternehmensethik verstoßen.

      3.18. Merit-Order und Merit-Order-Effekt

      Merit-Order bezeichnet bei der Stromproduktion, dass die Kraftwerke in der steigenden Reihenfolge ihrer Grenzkosten (marginale Kosten) produzieren, sodass das letzte zugeschaltete Kraftwerk jenes mit den höchsten variablen Kosten ist und bei einer Preissenkung des Strompreises, als Erstes abgeschaltet wird oder werden sollte.

      Dies trifft bei hohen Preisen zu, da hier Gaskraftwerke mit ihren hohen variablen Kosten schnell an- beziehungsweise abgeschaltet werden können. Bei stark schwankenden, und insbesondere bei niedrigen Preisen ist dies oft nicht möglich, weil Kohle- und Kernkraftwerke nicht schnell genug angefahren beziehungsweise abgeschaltet werden können.

      Die Angebotskurve der Produzenten resultiert also aus den jeweiligen Anlagekapazitäten und den Grenzkosten der Kraftwerke. Die Nachfragemenge ist ihrerseits auch in gewissem Maße vom Preis abhängig, wird aber zu einem großen Teil von dem derzeitigen Verbrauch der Konsumenten bestimmt. Der an der Börse erzielte Preis der elektrischen Energie resultiert aus dem Schnittpunkt


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