Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Jacob Grimnm

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Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Jacob Grimnm


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hat?“ Da sagte der erste: „Ich schenk ihm, dass es jeden Tag schöner wird.“ Der zweite sprach: „Ich schenk ihm, dass Goldstücke ihm aus dem Mund fallen, so oft es ein Wort spricht.“ Der dritte sprach: „Ich schenk ihm, dass ein König kommt und es zu seiner Gemahlin nimmt.“

       Das Mädchen aber tat wie die Haulemännerchen gesagt hatten, kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl, dass es gefunden hat? Lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelrot aus dem Schnee hervorkamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Hause, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und „guten Abend“ sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es, was ihm im Wald begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, sodass bald die ganze Stube damit bedeckt ward. „Nun sehe einer den Übermut“, rief die Stiefschwester, „das Geld so hinzuwerfen“, aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter aber sprach: „Nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.“ Weil sie ihr aber keine Ruhe lieh, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen musste, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg.

      Das Mädchen ging in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, und ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, stolperte es in die Stube hinein, setzte sich an den Ofen und fing an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. „Gib uns etwas davon“, riefen die Kleinen, aber es antwortete: „Es schickt mir selber nicht, wie kann ich anderen noch davon abgeben?“ Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie: „Da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hintertür rein.“ „Ei, kehrt euch selber“, antwortete es, „ich bin eure Magd nicht.“ Wie es sah, dass sie ihm nichts schenken wollten, ging es zur Tür hinaus. Da sprachen die kleinen Männer untereinander: „Was sollen wir ihm schenken, weil es so unartig ist und ein böses, neidisches Herz hat, das niemand etwas gönnt?“ Der erste sprach: „Ich schenk ihm, dass es jeden Tag hässlicher wird.“ Der zweite sprach: „Ich schenk ihm, dass ihm bei jedem Wort, das es spricht, eine Kröte aus dem Mund springt.“ Der dritte sprach: „Ich schenk ihm, dass es eines unglücklichen Todes stirbt.“ Das Mädchen suchte draußen nach Erdbeeren, als es aber keine fand, ging es verdrießlich nach Hause. Und wie es den Mund auftat und seiner Mutter erzählen wollte, was ihm im Wald begegnet war, da sprang ihm bei jedem Wort eine Kröte aus dem Mund, sodass alle einen Abscheu vor ihm bekamen.

       Nun ärgerte sich die Stiefmutter noch viel mehr und dachte nur darauf, wie sie der Tochter des Mannes alles Herzeleid antun wollte, deren Schönheit doch alle Tage größer ward. Endlich nahm sie einen Kessel, setzte ihn zum Feuer und sott Garn darin. Als es gesotten war, hing sie es dem armen Mädchen auf die Schulter und gab ihm eine Axt dazu, damit sollte es auf den gefrorenen Fluss gehen, ein Eisloch hauen und das Garn schlittern. Es war gehorsam, ging hin und hackte ein Loch in das Eis, und als es mitten im Hacken war, kam ein prächtiger Wagen hergefahren, worin der König saß. Der Wagen hielt still und der König fragte: „Mein Kind, wer bist du und was machst du da?“ „Ich bin ein armes Mädchen und schlittere Garn.“ Da fühlte der König Mitleid, und als er sah wie es sogar schön war, sprach er: „Willst du mit mir fahren?“ „Ach ja, von Herzen gern“ antwortete es, denn es war froh, dass es der Mutter und Schwester aus den Augen kommen sollte.

      Also stieg es in den Wagen und fuhr mit dem König fort, und als sie auf sein Schloss gekommen waren, ward die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert, wie es die kleinen Männlein dem Mädchen geschenkt hatten. Über ein Jahr gebar die junge Königin einen Sohn, und als die Stiefmutter von dem großen Glück gehört hatte, so kam sie mit ihrer Tochter in das Schloss und tat, als wollte sie einen Besuch machen. Als aber der König einmal hinausgegangen und sonst niemand zugegen war, packte das böse Weib die Königin am Kopf, und ihre Tochter packte sie an den Füßen, hoben sie aus dem Bett und warfen sie zum Fenster hinaus in den vorbeifließenden Strom. Darauf legte sich ihre hässliche Tochter ins Bett und die Alte deckte sie zu bis über den Kopf. Als der König wieder zurückkam und mit seiner Frau sprechen wollte, rief die Alte: „Still, still, jetzt geht das nicht, sie liegt in starkem Schweiß, Ihr müsst sie heute ruhen lassen.“ Der König dachte nichts Böses dabei und kam erst den anderen Morgen wieder, und wie er mit seiner Frau sprach, und sie ihm Antwort gab, sprang bei jedem Wort eine Kröte hervor, während sonst ein Goldstück herausgefallen war. Da fragte er, was das wäre, aber die Alte sprach, das hätte sie von dem starken Schweiß gekriegt, und würde sich schon wieder verlieren.

      In der Nacht aber sah der Küchenjunge wie eine Ente durch die Gosse geschwommen kam, die sprach:

      „König, was machst du?

       schläfst du oder wachst du?“

       Und als er keine Antwort gab, sprach sie:

      „Was machen meine Gäste?“

      Da antwortete der Küchenjunge:

      „Sie schlafen feste!“

      Fragte sie weiter:

      „Was macht mein Kindelein?“

      Antwortete er:

      „Es schläft in der Wiege fein.“

      Da ging sie in der Königin Gestalt hinauf, gab ihm zu trinken, schüttelte ihm sein Bettchen, deckte es zu und schwamm als Ente wieder durch die Gosse fort. So kam sie zwei Nächte, in der dritten sprach sie zu dem Küchenjungen: „Geh und sage dem König, dass er sein Schwert nimmt und auf der Schwelle dreimal über mir schwingt.“ Da lief der Küchenjunge und sagte es dem König, der kam mit seinem Schwert und schwang es dreimal über dem Geist, und beim dritten Mal stand seine Gemahlin vor ihm, frisch, lebendig und gesund, wie sie vorher gewesen war.

      Nun war der König in großer Freude, er hielt aber die Königin in einer Kammer verborgen bis auf den Sonntag, wo das Kind getauft werden sollte. Und als es getauft war, sprach er: „Was gehört einem Menschen, der den andern aus dem Bett trägt und ins Wasser wirft?“ „Nichts Besseres“, antwortete die Alte, „als dass man den Bösewicht in ein Fass steckt, das mit Nägeln ausgeschlagen ist, und den Berg hinab ins Wasser rollt.“ Da sagte der König: „Du hast dein Urteil gesprochen“, ließ ein solches Fass holen und die Alte mit ihrer Tochter hineinstecken, dann ward der Boden zugehämmert und das Fass bergab gekollert, bis es in den Fluss rollte.

      * * *

      Die drei Spinnerinnen

       Die drei Spinnerinnen

Grafik 40

       Es war ein Mädchen faul und wollte nicht spinnen, und die Mutter mochte sagen was sie wollte, sie konnte es nicht dazu bringen. Endlich übernahm die Mutter einmal Zorn und Ungeduld, dass sie ihm Schläge gab, worüber es laut zu weinen anfing. Nun fuhr gerade die Königin vorbei, und als sie das Weinen hörte, ließ sie anhalten, trat in das Haus und fragte die Mutter, warum sie ihre Tochter schlüge, dass man draußen auf der Straße das Schreien hörte. Da schämte sich die Frau, dass sie die Faulheit ihrer Tochter offenbaren sollte und sprach: „Ich kann sie nicht vom Spinnen abbringen, sie will immer und ewig spinnen, und ich bin arm und kann den Flachs nicht herbeischaffen.“ Da antwortete die Königin: „Ich höre nichts lieber als spinnen, und bin nicht vergnügter als wenn die Räder schnurren: gebt mir Eure Tochter mit ins Schloss, ich habe Flachs genug, da soll sie spinnen so viel sie Lust hat.“ Die Mutter war's von Herzen gern zufrieden und die Königin nahm das Mädchen mit. Als sie ins Schloss gekommen waren, führte sie es hinauf zu drei Kammern, die lagen von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. „Nun spinn mir diesen Flachs“, sprach sie, „und wenn du es fertig bringst, so sollst du meinen ältesten Sohn zum Gemahl haben; bist du gleich arm, so acht ich nicht darauf, dein unverdrossener Fleiß ist Ausstattung genug.“ Das Mädchen erschrak innerlich, denn es konnte den Flachs nicht spinnen, und wär's dreihundert Jahr alt geworden, und hätte jeden Tag vom Morgen bis Abend dabei gesessen. Als es nun allein war, fing


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