Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Jacob Grimnm

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Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Jacob Grimnm


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Verwandtschaft blieb beisammen bis in die Nacht und waren alle lustig und vergnügt. Der Schneider verschloss Nadel und Zwirn, Elle und Bügeleisen in einen Schrank und lebte mit seinen drei Söhnen in Freude und Herrlichkeit,

      Wo ist aber die Ziege hingekommen, die schuld war, dass der Schneider seine Söhne fortjagte? Das will ich dir sagen. Sie schämte sich, dass sie einen kahlen Kopf hatte, lief in eine Fuchshöhle und verkroch sich hinein. Als der Fuchs nach Hause kam, funkelten ihm ein paar große Augen aus der Dunkelheit entgegen, dass er erschrak und wieder zurücklief. Der Bär begegnete ihm und da der Fuchs ganz verstört aussah, so sprach er: „Was ist dir, Bruder Fuchs, was machst du für ein Gesicht?“ „Ach,“ antwortete der Rote, „ein grimmiges Tier sitzt in meiner Höhle und hat mich mit feurigen Augen angeglotzt.“ „Das wollen wir bald austreiben,“ sprach der Bär, ging mit zur Höhle und schaute hinein: als er aber die feurigen Augen erblickte, wandelte ihn ebenfalls Furcht an; er wollte mit dem grimmigen Tiere nichts zu tun haben und nahm Reißaus. Die Biene begegnete ihm und da sie merkte, dass es ihm in seiner Haut nicht wohl zu Mute war, sprach sie: „Bär, du machst ja ein gewaltig verdrießlich Gesicht, wo ist deine Lustigkeit geblieben?“ „Du hast gut reden,“ antwortete der Bär, es sitzt ein grimmiges Tier mit Glotzaugen in dem Hause des Roten und wir können es nicht herausjagen.“ Die Biene sprach: „Du dauerst mich, Bär, ich bin ein armes schwaches, Geschöpf, das ihr im Wege nicht anguckt, aber ich glaube doch, dass ich euch helfen kann.“ Sie flog in die Fuchshöhle, setzte sich der Ziege auf den glatten geschorenen Kopf und stach sie so gewaltig, dass sie aufsprang, „meh! meh!“ schrie und wie toll in die Welt hineinlief, und weiß niemand auf diese Stunde wo sie hingelaufen ist.

      * * *

      Daumesdick

       Daumesdick

       Es war ein armer Bauersmann, der saß abends beim Herd, und schürte das Feuer und die Frau saß und spann. Da sprach er: „Wie ist's so traurig, dass wir keine Kinder haben! Es ist so still bei uns und in den anderen Häusern ist's so laut und lustig.“ „Ja,“ antwortete die Frau und seufzte, „wenn's nur ein einziges wäre und wenn's auch ganz klein wäre, nur Daumens groß, so wollt ich schon zufrieden sein; wir hätten's doch von Herzen lieb.“ Nun geschah es, dass die Frau kränklich ward und nach sieben Monaten ein Kind gebar, das zwar an allen Gliedern vollkommen, aber nicht länger als ein Daumen war. Da sprachen sie: „Es ist wie wir es gewünscht haben und es soll unser liebes Kind sein,“ und nannten es nach seiner Gestalt Daumesdick. Sie ließen's nicht an Nahrung fehlen, aber das Kind ward nicht größer, sondern blieb wie es in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es verständig aus den Augen und zeigte sich bald als ein kluges und behendes Ding, dem alles glückte was es anfing.

       Der Bauer machte sich eines Tages fertig in den Wald zu gehen und Holz zu fällen, da sprach er so vor sich hin: „Nun wollte ich, dass einer da wäre, der mir den Wagen nachbrächte.“ „O Vater,“ rief Daumesdick, „den Wagen will ich schon bringen, verlasst Euch darauf, er soll zur bestimmten Zeit im Wald sein.“ Da lachte der Mann und sprach: „Wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein, um das Pferd mit dem Zügel zu leiten.“ „Das tut nichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich dem Pferd ins Ohr und rufe ihm zu wie es gehen soll.“ „Nun,“ antwortete der Vater, „einmal wollen wir's versuchen.“ Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzte Daumesdick ins Ohr des Pferdes und dann rief der Kleine, wie das Pferd gehen sollte: „Jüh und joh! hott und har!“ Da ging es ganz ordentlich als wie bei einem Meister und der Wagen fuhr den rechten Weg nach dem Wald. Es trug sich zu, als er eben um eine Ecke bog und der Kleine „har, har!“ rief, dass zwei fremde Männer daher kamen. „Mein,“ sprach der eine, „was ist das? da fährt ein Wagen und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zu und ist doch nicht zu sehen.“ „Das geht nicht mit rechten Dingen zu,“ sagte der andere, „wir wollen dem Karren folgen und sehen wo er anhält.“ Der Wagen aber fuhr vollends in den Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauen ward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu: „Siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol mich herunter.“ Der Vater fasste das Pferd mit der Linken und holte mit der Rechten sein Söhnlein aus dem Ohr, das sich ganz lustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremden Männer den Daumesdick erblickten, wussten sie nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den anderen beiseite und sprach: „Hör, der kleine Kerl könnte unser Glück machen, wenn wir ihn in einer großen Stadt für Geld sehen ließen: wir wollen ihn kaufen.“ Sie gingen zu dem Bauer und sprachen: „Verkauft uns den kleinen Mann, er soll's gut bei uns haben.“ „Nein,“ antwortete der Vater, „es ist mein Herzblatt, und ist mir für alles Gold in der Welt nicht feil.“ Daumesdick aber, als er von dem Handel gehört, war an den Rockfalten seines Vaters hinaufgekrochen, stellte sich ihm auf die Schulter und wisperte ihm ins Ohr: „Vater, gib mich nur hin, ich will schon wieder zurückkommen.“ Da gab ihn der Vater für ein schönes Stück Geld den beiden Männern hin. „Wo willst du sitzen,“ sprachen sie zu ihm. „Ach, setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und ab spazieren und die Gegend betrachten, und falle doch nicht herunter“ Sie taten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschied von seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. So gingen sie bis es dämmrig ward, da sprach der Kleine: „Hebt mich einmal herunter, es ist nötig.“ „Bleib nur droben,“ sprach der Mann, auf dessen Kopf er saß, „ich will mir nichts draus machen, die Vögel lassen mir auch manchmal was drauf fallen.“ „Nein,“ sprach Daumesdick, „ich weiß auch, was sich schickt; hebt mich nur geschwind herab.“ Der Mann nahm den Hut ab und setzte den Kleinen auf einen Acker am Wege, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollen hin und her, dann schlüpfte er plötzlich in ein Mauseloch, das er sich ausgesucht hatte. „Guten Abend, ihr Herren, geht nur ohne mich heim,“ rief er ihnen zu und lachte sie aus. Sie liefen herbei und stachen mit Stöcken in das Mauseloch, aber das war vergebliche Mühe: Daumesdick kroch immer weiter zurück und da es bald ganz dunkel ward, so mussten sie mit Ärger und mit leerem Beutel wieder heim wandern.

       Als Daumesdick merkte, dass sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gange wieder hervor. „Es ist auf dem Acker in der Finsternis so gefährlich gehen,“ sprach er. „wie leicht bricht einer Hals und Bein.“ Zum Glück stieß er an ein leeres Schneckenhaus. „Gottlob,“ sagte er, „da kann ich die Nacht sicher zubringen,“ und setzte sich hinein. Nicht lange, als er eben einschlafen wollte, so hörte er zwei Männer vorübergehen, davon sprach der eine: „Wie wir's nur anfangen, um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen?“ „Das könnt ich dir sagen,“ rief Daumesdick dazwischen. Was war das?“ sprach der eine Dieb erschrocken, „ich hörte jemand sprechen.“ Sie blieben stehen und horchten, da sprach Daumesdick wieder: „Nehmt mich mit, so will ich euch helfen.“ „Wo bist du denn?“ „Sucht nur auf der Erde und merkt, wo die Stimme herkommt,“ antwortete er. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in die Höhe. „Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!“ sprachen sie. „Seht,“ antwortete er, „ich krieche zwischen den Eisenstäben in die Kammer des Pfarrers und reiche euch heraus, was ihr haben wollt.“ „Wohlan,“ sagten sie, „wir wollen sehen, was du kannst.“ Als sie bei dem Pfarrhause ankamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie aber gleich aus Leibskräften: „Wollt ihr alles haben, was hier ist?“ Die Diebe erschraken und sagten: „So sprich doch leise, damit niemand aufwacht.“ Aber Daumesdick tat, als hätte er sie nicht verstanden und schrie von neuem: „Was wollt ihr? Wollt ihr alles haben was hier ist?“ Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bett auf und horchte. Die Diebe waren ein Stück Wegs zurückgelaufen, endlich fassten sie wieder Mut und dachten: „Der kleine Kerl will uns necken.“ Sie kamen zurück und flüsterten ihm zu: „Nun mach' Ernst und reich uns etwas heraus.“ Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte: „Ich will euch ja alles geben, reicht nur die Hände herein.“ Das hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett und stolperte zur Tür herein. Die Diebe liefen fort und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen; die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, ging ein Licht anzünden. Wie sie damit herbeikam, machte sich Daumesdick, ohne dass er gesehen wurde, hinaus in die Scheune; die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett und glaubte, sie hätte


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