Reigen. Arthur Schnitzler
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Arthur Schnitzler
Reigen
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Inhaltsverzeichnis
I
Die Dirne und der Soldat.
Spät abends. An der Augartenbrücke.
SOLDAT kommt pfeifend, will nach Hause.
DIRNE. Komm, mein schöner Engel.
SOLDAT wendet sich um und geht wieder weiter.
DIRNE. Willst du nicht mit mir kommen?
SOLDAT. Ah, ich bin der schöne Engel?
DIRNE. Freilich, wer denn? Geh, komm zu mir. Ich wohn gleich in der Näh.
SOLDAT. Ich hab keine Zeit. Ich muß in die Kasern!
DIRNE. In die Kasern kommst immer noch zurecht. Bei mir is besser.
SOLDAT ihr nahe. Das ist schon möglich.
DIRNE. Pst. Jeden Moment kann ein Wachmann kommen.
SOLDAT. Lächerlich! Wachmann! Ich hab auch mein Seiteng wehr!
DIRNE. Geh, komm mit.
SOLDAT. Laß mich in Ruh, Geld hab ich eh keins.
DIRNE. Ich brauch kein Geld.
SOLDAT bleibt stehen. Sie sind bei einer Laterne. Du brauchst kein Geld? Wer bist denn du nachher?
DIRNE. Zahlen tun mir die Zivilisten. So einer wie du kanns immer umsonst bei mir haben.
SOLDAT. Du bist am End die, von der mir der Huber erzählt hat.
DIRNE. Ich kenn kein Huber nicht.
SOLDAT. Du wirst schon die sein. Weißt – in dem Kaffeehaus in der Schiffgassen – von dort ist er mit dir z Haus gangen.
DIRNE. Von dem Kaffeehaus bin ich schon mit gar vielen z Haus gangen ... oh! oh! –
SOLDAT. Also gehn wir, gehn wir.
DIRNE. Was, jetzt hasts eilig?
SOLDAT. Na, worauf solln wir noch warten? Und um zehn muß ich in der Kasern sein.
DIRNE. Wie lang dienst denn schon?
SOLDAT. Was geht denn das dich an? Wohnst weit?
DIRNE. Zehn Minuten zum gehn.
SOLDAT. Das ist mir zu weit. Gib mir ein Pussel.
DIRNE küßt ihn. Das ist mir eh das liebste, wenn ich einen gern hab!
SOLDAT. Mir nicht. Nein, ich geh nicht mit dir, es ist mir zu weit.
DIRNE. Weißt was, komm morgen am Nachmittag.
SOLDAT. Gut is. Gib mir deine Adresse.
DIRNE. Aber du kommst am End nicht.
SOLDAT. Wenn ich dirs sag!
DIRNE. Du, weißt was – wenns dir zu weit ist heut abend zu mir – da ... da ... weist auf die Donau.
SOLDAT. Was ist das?
DIRNE. Da ist auch schön ruhig ... jetzt kommt kein Mensch.
SOLDAT. Ah, das ist nicht das Rechte.
DIRNE. Bei mir is immer das Rechte. Geh, bleib jetzt bei mir. Wer weiß, ob wir morgen nochs Leben haben.
SOLDAT. So komm – aber g'schwind!
DIRNE. Gib Obacht, da ist so dunkel. Wennst ausrutschst, liegst in der Donau.
SOLDAT. Wär eh das beste.
DIRNE. Pst, so wart nur ein bissel. Gleich kommen wir zu einer Bank.
SOLDAT. Kennst dich da gut aus.
DIRNE. So einen wie dich möcht ich zum Geliebten.
SOLDAT. Ich tät dir zu viel eifern.
DIRNE. Das möcht ich dir schon abgewöhnen.
SOLDAT. Ha –
DIRNE. Nicht so laut. Manchmal is doch, daß sich ein Wachter her verirrt. Sollt man glauben, daß wir da mitten in der Wienerstadt sind?
SOLDAT. Daher komm, daher.
DIRNE. Aber was fällt dir denn ein, wenn wir da ausrutschen, liegen wir im Wasser unten.
SOLDAT hat sie gepackt. Ah, du –
DIRNE. Halt dich nur fest an.
SOLDAT. Hab kein Angst ...
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
DIRNE. Auf der Bank wärs schon besser gewesen.
SOLDAT. Da oder da ... Na, krall aufi.
DIRNE. Was laufst denn so –
SOLDAT. Ich muß in die Kasern, ich komm eh schon zu spät.
DIRNE. Geh, du, wie heißt denn?
SOLDAT. Was interessiert dich denn das, wie ich heiß?
DIRNE. Ich heiß Leocadia.
SOLDAT. Ha! – So an Namen hab ich auch noch nie gehört.
DIRNE. Du!
SOLDAT. Na, was willst denn?
DIRNE. Geh, ein Sechserl fürn Hausmeister gib mir wenigstens! –
SOLDAT. Ha! ... Glaubst, ich bin deine Wurzen. Servus! Leocadia ...
DIRNE. Strizzi! Fallott! –
Er ist verschwunden.
II
Der Soldat und das Stubenmädchen.
Prater. Sonntagabend.
Ein Weg, der vom Wurstelprater aus in die dunkeln Alleen führt. Hier hört man noch die wirre Musik aus dem Wurstelprater, auch die Klänge vom Fünfkreuzertanz, eine