Die Haremskönigin. Andrea Pirringer
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Andrea Pirringer
Die Haremskönigin
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Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
So stand ich nun in der Eingangshalle des Hotels Bristol. In der rechten Hand trug ich meinen kleinen rotbraunen Lederkoffer mit Messingbeschlägen sowie einen eleganten Regenschirm. An meiner Schulter hing an einem langen Riemen die geräumige Satin-Handtasche. Links hielt ich ein kleines Köfferchen mit meinen Kosmetikartikeln.
Für die Reise hatte ich ein langes und weit fallendes, nachtblaues Kleid gewählt, reich bestickt in orientalischem Stil. Dazu goldfarbene Sandalen sowie ein ebenso goldfarbenes Bolero-Jäckchen. Auf dem Kopf trug ich eine bestickte Kappe aus Samt in der Farbe des Kleides, welche ich neckisch etwas schräg aufgesetzt hatte. - Sie kam auf meinen langen dunklen Haaren besonders gut zur Geltung.
Durch mein extravagantes Erscheinungsbild erregte ich Aufsehen – dessen war ich mir wohl bewusst. Ich bemerkte die teils neugierigen, teils erstaunten Blicke der Anwesenden.
Man hatte mir schriftlich mitgeteilt, ich würde hier gegen 15.00 Uhr von einem Mitarbeiter des Hotels abgeholt werden. Ich schaute mich um. Direkt vor mir sah ich die Rezeption, an der sich soeben ein Hotelpage heftig gestikulierend mit dem wesentlich älteren Empfangs-Angestellten unterhielt.
Rechts von mir vereinzelt schwere Sofas, davor niedrige Glastischchen, an denen elegant gekleidete Leute saßen: Zeitung lesend, in gedämpfte Unterhaltung vertieft, eine kleine Erfrischung zu sich nehmend oder in ausländischen Zeitschriften blätternd, deren Aufschriften ich nicht verstand. Durch den gesamten Raum zog sich ein dezent roter Teppich, mit strengem Rankenmuster in hellen und dunklen Beige-Tönen.
Zwischen den Sitzgelegenheiten große Pflanzkübel mit Palmen, deren ausladende Blätter die Szenerie auflockerten. Rechts hinten an der Wand waren raumhohe Spiegel angebracht, deren Wirkung die Halle optisch vergrößerte.
Noch weiter rechts eine breite Front aus Glastüren, die teilweise offen standen, zu einer großzügigen Terrasse hin, auf der ebenfalls zahlreiche Gäste saßen und sich sichtlich amüsierten bei lauten Gesprächen und kalten Getränken.
Die Atmosphäre erinnerte mich an die 1920er Jahre. Ich fühlte mich in die Vergangenheit zurück versetzt und fragte mich, wie das Leben wohl damals war …
Dann kramte ich im Innenfach meiner Handtasche und holte eine zierliche silberne Armbanduhr - ein Geschenk meiner Mutter - hervor: es war kurz nach drei.
Als ich wieder aufschaute, bemerkte ich einen weiteren Mann um die Fünfzig an der Rezeption, der sich nun ebenfalls mit dem Bediensteten am Empfangs-Schalter unterhielt. Anscheinend suchte er jemand und war zur Abholung eingeteilt worden.
Er hatte wohl meinen Blick gespürt, denn sogleich wandte er sich zu mir um und sein Gesicht hellte sich auf. Mit raschen Schritten kam er auf mich zu und fragte mich: „Sind Sie Miss Gisèle Marinda?“ „Ja, ich bin es“, antwortete ich. Er musterte mich kurz und professionell.
Mit einer weit ausholenden Handbewegung und einem freundlichen Lächeln wies er nach links, wo eine breite, mit schwerem roten Teppich bespannte Treppe nach oben führte: „Kommen Sie, Miss“, sagte er und ich folgte ihm in die erste Etage.