Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band. Anonym

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Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band - Anonym


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verzichtete in seiner Bitterkeit auf den Pomp und die Eitelkeiten dieser Welt; er wurde ein Fakir; der andere aber, Prinz Ahmad, tritt jetzt mit maßloser Macht und Majestät vor dich hin. Zweifelsohne suchen die beiden ihre Rache; und wenn sie dich in ihre Gewalt bekommen haben, so werden sie verräterisch an dir handeln. Drum möchte ich, du hütetest dich, und wiederum sage ich, hüte dich; und greife die Gelegenheit an der Stirnlocke, ehe es zu spät ist; denn die Weisen sagten:

      Den Quell verschließt du leicht mit einer Handvoll Ton – Doch wächst er an, trägt er ein Heer davon.

      Also sprach der boshafte Minister, und alsbald fuhr er fort: ›Du weißt auch, daß Prinz Ahmad, wenn er seinen dreitägigen Besuch abbrechen will, dich niemals um Erlaubnis bittet; er nimmt nicht einmal von dir Abschied, noch auch sagt er irgend einem von den Seinen lebewohl. Solches Verhalten ist der Anfang der Empörung, und es beweist, daß ihm der Groll im Herzen wohnt. Doch es ist an dir, in deiner Weisheit zu entscheiden.‹ Diese Worte sanken dem einfältigen Sultan tief ins Herz, so daß dort eine Ernte ärgsten Argwohns keimte. Bald dachte er in seiner Seele: ›Wer kennt Gesinnung und Absicht des Prinzen Ahmad und weiß, ob er mir ergeben ist oder nicht? Vielleicht sinnt er Rache. Und also geziemt es mir, nach ihm zu forschen, herauszufinden, wo er haust und wie er zu solcher Macht und solchem Reichtum gelangt ist.‹ Von diesen eifersüchtigen Gedanken erfüllt, schickte er eines Tages ohne Wissen des Großveziers, der stets in Freundschaft zum Prinzen Ahmad hielt, einen Boten zu der Hexe; und indem er sie durch eine geheime Pforte in sein eigenes Gemach einließ, fragte er sie und sprach: ›Du hast ehedem durch deine Zauberkunst erfahren, daß Prinz Ahmad noch am Leben war, und du brachtest mir Nachricht von ihm. Ich bin dir verpflichtet für diesen guten Dienst, und jetzt möchte ich, du forschtest weiter nach seinem Leben und beruhigtest meine Seele, die sehr besorgt ist. Obgleich mein Sohn noch lebt und mich jeden Monat besucht, so weiß ich doch nichts von dem Ort, wo er lebt, und den er verläßt, wenn er zu mir kommt; denn das hält er seinem Vater streng verborgen. Geh du sofort und heimlich hinaus, ohne daß dich jemand sehe von meinen Vezieren und Nabobs, meinen Höflingen und Sklaven, und forsche sorgfältig nach und bringe mir in aller Eile Nachricht, wo er lebt. Er ist jetzt hier zu seinem gewohnten Besuch; und am vierten Tage wird er, ohne Abschied zu nehmen und ohne mir oder irgend einem meiner Minister und Würdenträger ein Wort von seinem Aufbruch zu sagen, sein Gefolge berufen und sein Roß besteigen; dann reitet er davon, eine Strecke weit von hier, und dort verschwindet er plötzlich. Du aber geh ihm unverweilt und unverzüglich vorauf und lege dich dicht bei dem Pfade verborgen in ein Versteck, von dem aus du sehen kannst, wo er haust; dann aber bringe mir schleunigst Nachricht.‹ Und die Zauberin verließ den König, und als sie die vier Parasangen gegangen war, verbarg sie sich in einer Höhlung der Felsen, dicht bei dem Ort, wo Prinz Ahmad seinen Pfeil gefunden hatte, und dort harrte sie seiner Ankunft. Früh am folgenden Tage nun brach der Prinz, wie es seine Sitte war, ohne Abschied von seinem Vater und ohne ein Lebewohl für irgend einen der Minister auf. Und als er sich näherte, erblickte die Zauberin den Prinzen und das Gefolge, das vor und neben ihm herritt; und sie sah, wie sie einem Hohlweg folgten, der sich in viele Nebenpfade gabelte; und so steil und gefährlich waren die Klippen und Blöcke neben der Spur, daß ein Fußgänger kaum ungefährdet dort gehen konnte. Als sie das sah, überlegte die Zauberin sich, daß der Pfad gewißlich zu einer Höhle oder einem unterirdischen Gange führen müßte, oder zu einem Gewölbe, in dem Dschann und Feen hausten; und plötzlich war der Prinz mit seinem gesamten Gefolge ihren Blicken entschwunden. Da kroch sie aus ihrem Schlupfwinkel hervor und wanderte weit und breit umher und suchte so sorgfältig, wie sie nur konnte, doch fand sie nirgends den unterirdischen Gang, noch auch vermochte sie die eherne Tür zu sehen, die Prinz Ahmad erkannt hatte, denn kein Wesen von menschlichem Fleisch und Blut hatte Kraft, sie zu sehen, außer ihm allein, dem sie durch die Fee Peri-Banu sichtbar gemacht worden war; und obendrein war sie stets allen spähenden Weiberaugen verborgen. Sprach die Zauberin bei sich selber: ›All diese Mühsal und Beschwerde war vergeblich; ja, wahrlich, ich habe nicht gefunden, was ich suchte.‹ Und so kehrte sie denn stracks zu dem Sultan zurück und berichtete ihm alles, was ihr widerfahren war: wie sie mitten in den Klippen und Blöcken wartend gelegen und den Prinzen mit seinem Gefolge den gefährlichsten Pfad hatte heraufreiten sehen, und wie er ihrem Blick, nachdem er einen Hohlweg eingeschlagen hatte, im Nu entschwunden war. Und sie schloß mit diesen Worten: ›Obgleich ich mein äußerstes tat, um den Ort zu finden, an dem der Prinz lebt, wollte es mir doch auf keine Weise gelingen; und ich bitte deine Hoheit, daß sie mir Zeit gewähre, damit ich weiter forschen und dies Geheimnis enthüllen kann, das kraft meiner Geschicklichkeit und Umsicht nicht lange verborgen bleiben soll.‹ Versetzte der Sultan: ›Es sei, wie du willst: ich gebe dir Muße, zu forschen, und nach einer Weile will ich dich hier erwarten.‹ Und er gab ihr einen großen und wertvollen Diamanten und sprach: ›Nimm diesen Stein als Lohn für deine Mühe und Beschwerde und als ein Versprechen zukünftiger Gunst; wenn du zurückkehrst und mir Nachricht bringst, daß du das Geheimnis gesucht und gefunden hast, so sollst du ein Backschisch von weit größerem Wert erhalten; und dein Herz soll sich freuen in köstlicher Freude, und ich will dich mit den höchsten Ehren ehren.‹ Da harrte denn die Zauberin der Zeit, um die der Prinz von neuem kommen mußte, denn wohl wußte sie, daß er beim Anblick eines jeden zunehmenden Mondes nach Hause ritte, um seinen Vater zu besuchen, und daß er drei Tage lang bei ihm bleiben würde, wie die Herrin Peri-Banu es ihm erlaubt und aufgetragen hatte. Als nun der Mond gewachsen und geschwunden war, begab sich die Hexe an dem Tage, bevor der Prinz zu seinem monatlichen Besuch ausritt, in die Felsen, und dort setzte sie sich dicht zu der Stelle, wo er nach ihrer Berechnung erscheinen mußte; und früh am nächsten Morgen ritt er mit seinem Gefolge, das aus vielen reitenden Rittern und seinen Fußknappen bestand, ritterlich zum ehernen Tor heraus und dicht bei der Stelle vorbei, an der sie lag und auf ihn wartete. Die Zauberin kauerte in ihren zerrissenen Lumpen flach auf dem Boden; und als er den Haufen auf seinem Pfade liegen sah, meinte der Prinz zuerst, ihm sei ein Stück Fels quer über den Weg gefallen. Doch als er sich näherte, begann sie zu weinen und gewaltig zu klagen, als sei sie in schweren Schmerzen und Nöten, und sie ließ nicht ab, ihn mit immer wachsenden Tränen und Jammerrufen um Schutz und Hilfe anzuflehen. Und als der Prinz ihre große Trauer sah, da hatte er Mitleid mit ihr, hielt sein Pferd zurück und fragte sie, was sie von ihm wolle und weshalb sie so weine und klage. Doch die listige Alte schrie nur um so lauter, und den Prinzen faßte noch mehr Erbarmen, als er ihre Tränen sah und ihre schwachen, gebrochenen Worte hörte. Und als die Zauberin merkte, daß Prinz Ahmad Erbarmen mit ihr hatte und ihr gern eine Gnade bezeigen wollte, da seufzte sie mit schwerem Seufzer auf, und in klagenden Tönen sprach sie ihn, unterbrochen von Stöhnen und Ächzen, mit folgenden falschen Worten an, während sie den Saum seines Kleides hielt und sich von Zeit zu Zeit unterbrach, als krampfe sie sich im Schmerz zusammen: ›O mein Herr und Herr aller Lieblichkeit, als ich von Hause auszog, aus jener Stadt, um da und da einen Auftrag auszurichten, siehe, da packte mich (eben war ich auf meinem Wege bis hierher gekommen) plötzlich ein heißer Fieberanfall und ein Zittern und Schaudern, so daß ich alle Kraft verlor und hilflos niederfiel, wie du mich siehst; und auch jetzt noch habe ich nicht die Kraft in Hand oder Fuß, mich vom Boden zu erheben und nach Hause zurückzukehren.‹ Sprach der Prinz: ›Wehe, gute Frau, es ist kein Haus in der Nähe, dahin du gehen könntest, um dich gebührend pflegen und versorgen zu lassen. Ich aber weiß eine Stätte, wohin ich dich bringen kann, wenn du willst, und dort sollst du durch Pflege und Sorgfalt (Inschallah) bald von deinem Leiden befreit sein. Komm also mit mir, so gut du kannst.‹ Unter lautem Stöhnen und Ächzen versetzte die Hexe: ›So schwach bin ich in jedem Gliede, und so hilflos, daß ich mich nur mit Hilfe einer freundlichen Hand vom Boden erheben und bewegen kann.‹ Da befahl der Prinz einem seiner Reiter, die schwache und leidende Alte aufzuheben und auf sein Roß zu setzen; und der Ritter tat nach seinem Geheiß und setzte sie rittlings hinten auf sein Pferd. Dann ritt Prinz Ahmad mit ihr zurück, trat ein durch das eherne Tor, brachte sie in sein Gemach und schickte nach Peri-Banu. Eilends kam sein Weib herbei und fragte den Prinzen in ihrer Erregung: ›Ist alles gut? Und weshalb bist du zurückgekehrt, und was wolltest du, da du nach mir schicktest?‹ Da erzählte Prinz Ahmad ihr von der Alten, die krank sei und hilflos, und er fügte hinzu: ›Kaum war ich aufgebrochen zu meinem Ritt, so sah ich diese alte Frau am Wege liegen, in Schmerzen und arger Not. Mein Herz hatte Mitleid mit ihr, dieweil ich sie also sah, und es trieb mich, sie hierher zu bringen, da ich sie nicht in den Felsen dem Tode überlassen konnte; und ich bitte dich, nimm sie in deiner Güte auf


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