Die Ewigkeit ist nur ein Augenblick. Petra Häußer

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Die Ewigkeit ist nur ein Augenblick - Petra Häußer


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sagte Hans. Da war er acht. Der Vater empfahl ihm, zunächst ein Kornett zu versuchen, da es sich besser greifen lasse. Kurz darauf erschien sein Sohn wieder mit ernster Miene in seinem Studierzimmer.

      „Es hat sich gezeigt, dass die Trompete das richtige Instrument für mich ist. Ich brauche jetzt einen guten Lehrer.“

      „Den kriegst du, Bub, den werde ich dir suchen, das ist leicht, das verspreche ich dir, das machen wir.“

      Für Paul war das eine Offenbarung, die allen Ärger, den er mit Walter je hatte aushalten müssen, wegwischte wie nie geschehen. Und wenigstens die letzten Jahre seines Lebens hatte er sich an den Fortschritten von Hans erfreuen können.

      Mit 15 wurde Hans bereits zum Theaterorchester hinzugenommen, wenn man die Kapazität erweitern musste, zur Matthäuspassion, zur Neunten von Beethoven, zur 1812-Ouvertüre wieder mit dem Kornett oder auch, wenn im Winter Krankheitsausfall bestand, aber auch zum Beispiel, wenn einer der Herren Opernregisseure die verrückte Idee hatte, eine Trompete auf einem hohen wackeligen Gerüst zu platzieren, um sich einen Namen zu machen im Feuilleton und in den Zirkeln der musikverrückten Mannheimer Gesellschaft.

      „Ja, das ist mein Neffe“, konnte die Lenetante dann sagen, wenn sie die Theaterkritik aufgeschlagen auf die Theke legte: „Akrobatisches Talent aus dem Mannheimer Orchestergraben begeistert das Opernpublikum“ stand da in fetten Lettern.

      Wie nebenher nahm Lene Walker die Huldigungen ihrer Kunden entgegen beim Verkauf von Zigarren, Zigaretten, Zigarillos und Pfeifentabak, Schnapsfläschchen und Abziehbildern, Magazinen und Zeitungen aller Couleurs; sie führte inzwischen auch durchaus solche, die man nur mit einem Zwinkern der Lider erhielt, erst, wenn alle anderen Kunden den Laden verlassen hatten und sie sie verstohlen aus der untersten Schublade, die sie danach wieder mit einem Schlüssel sicherte, den sie immer an einer langen Kette um den Hals trug, hervorgeholt hatte. Sie war ja nicht prüde, sie war vor allem Geschäftsfrau und im Gegensatz zu ihrer Schwester Sofie wirtschaftete sie immer noch oder vielmehr wieder so erfolgreich, dass sie auch weiterhin ihre Schwester Wilhelmine bei der Aufzucht ihrer vielen Kinder unterstützen konnte, besonders nachdem diese Witwe geworden war.

      Als der Vater starb, hatte Paula gerade die Hauswirtschaftsschule abgeschlossen und außerdem einen Kurs für Stenografie und Schreibmaschine erfolgreich absolviert gehabt, denn die Lenetante unterstützte nur ausschließlich dieses Projekt, weil sie in anderen keine Zukunft sah für ein Mädchen. Danach hatte sie im Kaufhaus Schmoller auf dem Büro ihre erste Anstellung bekommen, die es ihr ermöglichte, die anteilige Miete in der Lenaustraße zu bezahlen, denn für ihre Kleidung sorgte die Sofietante. Die Lenetante wollte sich daraufhin nicht lumpen lassen, sie ließ ihre Verbindungen zum Theater spielen und vermittelte Paula als Aufsichtsperson für den Kinderchor, der bei der derzeitigen Carmen-Inszenierung eingesetzt wurde und die Nerven des Chorleiters so sehr strapazierte, dass er sich bei der Lenetante ausheulen musste. Ein Zubrot für Paula, eine Unterhaltung, eine Erfahrung. Lene Walker stellte sich vor, dass ihre Nichte, so intelligent und charmant wie sie war, sich ausgezeichnet ausnehmen würde an der Seite eines Chefs, dem sie eine unentbehrliche Assistentin werden könnte. Die Stelle als Stenotypistin bei Schmoller war als Sprungbrett gedacht, denn vor Paula lag eine glänzendere Zukunft, daran glaubten alle. Sie war nicht nur hübsch, sie hatte diese unnachahmliche Anmut, diese Herzlichkeit, das Strahlen von innen raus, dem keiner widerstehen könnte.

      Wilhelmine Sömmer freute sich natürlich sehr, dass ihre Tochter Paula so gelobt wurde von allen, noch mehr allerdings beruhigte sie die Tatsache, dass Paula sich im Glanz dieses Lobs nicht zu ihrem Nachteil zu verändern schien, wie man hätte befürchten können. Sie ging hindurch und blieb, wer sie immer gewesen war. Der angeheiratete Onkel Willi Gilles, Johannas Ehemann, beschäftigt im Finanzamt und dort bereits schon einige Stufen aufgestiegen, nahm nicht geringen Anteil an der Entwicklung der jungen Schwägerin. Er wollte sich umhören nach einem Posten mit Aussichten und hatte zur Bekräftigung seiner Bereitschaft in letzter Zeit öfter mal ein Gespräch mit Paula vereinbart, das partout weder in der Böckstraße sieben noch in seiner und Johannas Wohnung in der Böckstraße zehn hätte stattfinden können, zu dem man sich vielmehr in einer jener Kneipen hatte treffen müssen, von denen aus Paula nicht allein hätte nach Hause gehen können, sondern eines männlichen Schutzes bedurfte. Der Schwager musste tatsächlich zur Bekräftigung dieses Schutzes auch ab und zu den Arm um sie legen. Um die Schultern, manchmal auch um die Taille. Paula wurde das immer unheimlicher, aber sie wusste nicht recht, mit wem sie darüber hätte sprechen sollen. Deshalb behielt sie ihr Unbehagen vorerst für sich.

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