Handbuch IT-Outsourcing. Joachim Schrey
Читать онлайн книгу.Dell etc. grundsätzlich möglich, die Produktion auch an andere OEMs zu vergeben.
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Aber die Fremdvergabe der Produktion findet sich nicht nur in der IT/TK-Industrie, sondern auch bei der pharmazeutischen Industrie, der Kosmetikindustrie, Textilindustrie, auf dem Gebiet der Lebensmittelproduktion (Handelsmarken) oder der Automobilbranche (z.B. produziert Porsche das Modell Boxter z.T. bei Valmet Automotive in Finnland oder seit 2010 Aston Martin das Modell Rapide bei Magna Steyr).[480]
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Namhafte Unternehmen wie Apple, HP, Porsche, Aston Martin könnten ihre Produkte auch bei anderen OEMs in gleicher Qualität bauen lassen, ohne dass die Akzeptanz ihrer Marken oder der Börsenwert darunter leiden würden. Daraus lässt sich folgern, dass die Herstellung eines Produktes nicht die Kernkompetenz und den eigentlichen Wert eines Unternehmens ausmacht, sondern vielmehr die Entwicklung und die Vermarktung eines Produktes. Dies erscheint auch mehr als schlüssig, da in der Vermarktung die interessanten Gewinnspannen liegen und nicht in der Produktion in China, Taiwan oder Vietnam.
b) Qualitätssicherung
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Ein wichtiger Aspekt des Contract Manufacturing aus der Sicht des Auftraggebers liegt in der Qualitätssicherung des Produzenten/Contract Manufacturers. Nicht nur nach den einschlägigen Regelungen des BGB (§§ 280, 434 etc.) haftet der Importeur, sondern auch nach dem Produkthaftungsgesetz.
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So hat das Unternehmen Knauf Gips KG aus Iphofen einen der größten Produkthaftungsfälle der vergangenen Jahre zu vertreten. Im Raum stehen Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Tausende Hausbesitzer fordern Kompensation für erlittene Schäden durch Gipskartonplatten, die zwischen 2005 und 2007 aus China importiert wurden. Ein Fünftel der Platten stammt von Knauf Plasterboard Tianjin (KPT), einer chinesischen Tochterfirma des deutschen Konzerns. Haben die Kläger Erfolg, wäre das eine Katastrophe für das Familienunternehmen. Lücken bei der Qualitätskontrolle, mangelndes Risikobewusstsein, ein miserables Krisenmanagement und der Versuch, Probleme kleinzureden, führten dazu, dass der Konzern zum Opfer seiner Globalisierungsstrategie wurde. Die Ursprünge des Desasters datieren auf Anfang 2006. Damals stieg in den USA die Nachfrage nach Gipsplatten sprunghaft an. Die Wirbelstürme „Katrina“ und „Rita“ hatten ganze Landstriche verwüstet. Zugleich steuerte der Bauboom auf seinen Höhepunkt zu. Der chinesischen Knauf-Tochter KPT kam die Extranachfrage recht. Sie verschiffte 4,5 Millionen Quadratmeter Gipsplatten, rund ein Viertel der Jahresproduktion aus Tianjin, nach Amerika.[481]
c) Vertragsrecht
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Das klassische Contract Manufacturing dürfte dem Kaufrecht unterliegen. Da es sich i.d.R. um grenzüberschreitende Verträge handeln, wird das UN-Kaufrecht, sofern es nicht wirksam ausgeschlossen ist, zur Anwendung kommen. Das UN-Kaufrecht (UNK; engl: United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG) vom 11.4.1980, auch Wiener Kaufrecht genannt, ist maßgeblich für den internationalen Warenkauf.
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Das UN-Kaufrecht wird normalerweise beim Warenkauf zwischen gewerblichen Verkäufern aus verschiedenen Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts angewendet. Verkäufer und Käufer müssen weder Kaufleute sein noch die Staatsangehörigkeit eines der Vertragsstaaten haben. Maßgeblich ist der gewöhnliche Aufenthaltsort und die Niederlassung, Art. 1. Das UN-Kaufrecht ist nicht anwendbar auf Verbraucherverträge (sofern der private Zweck des Kaufes für den Verkäufer erkennbar war, Art. 2 lit. a). Ein Kaufvertrag ist nach Art. 1 als internationaler Kaufvertrag anzusehen, wenn die Parteien des Vertrages ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. Entscheidend ist der Ort der Niederlassung der Vertragsparteien, irrelevant ist die Nationalität der Handelnden. Bei natürlichen Personen ist der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts entscheidend, während bei juristischen Personen jede unselbstständige Außenstelle als Niederlassung in Betracht kommt, sofern sie mit einem Mindestmaß an Kompetenzen ausgestattet ist. Auch das UN-Kaufrecht sieht die Parteiautonomie vor und verlangt zudem keine besondere Form (Art. 11) für den Vertragsabschluss. Dabei geht das UN-Kaufrecht weder von einheitlichen Verträgen noch von einem Abstraktionsprinzip aus.
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Hinsichtlich der Gewährleistung bestehen im UN-Kaufrecht die auch im deutschen Recht üblichen Rechtsbehelfe des Rücktritts, der Minderung und der Nacherfüllung. Deutschland ist dem UN-Übereinkommen vom 14.6.1974 über die Verjährung beim internationalen Warenkauf nicht beigetreten.
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Abweichend vom deutschen Haftungsrecht, wie es sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt, wird im UN-Kaufrecht der Schadensersatzanspruch so geregelt, dass jede Vertragspartei für ihre Schadensverursachung unabhängig von der Art des Verschuldens aufkommen muss. Allerdings wird dabei nur der Schaden berücksichtigt, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses voraussehbar war. Ein weiterer Unterschied zum BGB besteht darin, dass die Haftung unter der Voraussetzung einer garantierten Beschaffenheit der Lieferung einer vertraglich vereinbarten Begrenzung unterliegen kann.[482]
d) Abgaben
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Auch der Importeur muss die Pauschalabgabe (umgangssprachlich Urheberrechtsabgabe) beim Contract Manufacturing berücksichtigen. Dabei wird als Pauschalabgabe ein gesetzlich verordneter Zuschlag auf den Preis bestimmter technischer Geräte, mit denen urheberrechtlich geschützte Waren und Güter entweder vervielfältigt oder genutzt werden können, angesetzt.
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Die Vergütungspflicht ergibt sich dabei aus § 54 UrhG. Ist nach § 54 Abs. 1 UrhG der Art eines Werkes nach zu erwarten, dass es nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Gemäß § 54 Abs. 2 UrhG entfällt der Anspruch nach Absatz 1, soweit nach den Umständen erwartet werden kann, dass die Geräte oder Speichermedien im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht zu Vervielfältigungen benutzt werden.
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Die Pauschalabgabe ersetzt dabei die Bezahlung jeder einzelnen erbrachten Leistung durch eine pauschale Abgeltung, allerdings ohne das Vervielfältigen oder den Gebrauch der Kopien in jedem Fall zu legalisieren. Die Einforderung der Pauschalabgabe bei den Geräteherstellern und -importeuren wird von der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (kurz ZPÜ) wahrgenommen. Diese verteilt das Vergütungsaufkommen an ihre Gesellschafter (u.a. GEMA, VG Wort und VG Bild-Kunst). Diese wiederum schütten einen Teil der Einnahmen an ihre Mitglieder aus, da sie Urheber der vervielfältigten Werke sein können.
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Die Auskunfts- und Vergütungsansprüche gem. §§ 54 ff. UrhG können gem. § 54h Abs. 1 UrhG nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Die Vergütungsansprüche für Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte sowie für Bild- und Tonträger werden von der ZPÜ wahrgenommen, ebenso die sich auf diese Ansprüche beziehenden Auskunftsansprüche nach § 54f Abs. 1 UrhG.
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Die ZPÜ ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Gesellschafter sind die GEMA, die VG Wort, die VG Bild-Kunst, die GVL, die GÜFA, die GWFF, die VFF und die VGF, die die ihnen zur Wahrnehmung übertragenen Ansprüche in die ZPÜ eingebracht haben. Die Vergütungsansprüche für Reprografiegeräte sowie die Betreiberabgabe (§ 54c UrhG) werden von der VG Wort eingezogen, die auch die sich auf diese Ansprüche beziehenden Auskunftsansprüche nach § 54f Abs. 1, 2 UrhG geltend macht.
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Gemäß § 54f UrhG kann der Urheber von den Personen Auskunft verlangen, die gemäß § 54 UrhG oder § 54b UrhG zur Zahlung