Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
Читать онлайн книгу.in Zukunft gewährleistet ist und sonstige fällige Verbindlichkeiten berichtigt sind.[37]
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Praxishinweis:
Die Erbenhaftung und die Möglichkeiten ihrer Beschränkung sind eine überaus komplexe Materie. Ein vertieftes Auseinandersetzen ist an dieser Stelle nicht geboten, da in der Praxis Erbschaften mit überschuldeten Nachlässen meist ausgeschlagen werden. Zur Problematik der Erbenhaftung kann es nur dann kommen, wenn innerhalb der knappen Ausschlagungsfrist keine Klarheit über die vermögensrechtliche Situation des Unternehmens zu erlangen ist.
e) Erbengemeinschaft als Inhaber des Einzelunternehmens
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Sind mehrere Erben vorhanden und hat der Erblasser keine testamentarische Vorsorge getroffen, fällt das einzelkaufmännische Unternehmen nach h.M. in die ungeteilte Erbengemeinschaft.[38] Das von der Erbengemeinschaft fortgeführte Handelsgeschäft des Erblassers bleibt demnach Einzelunternehmen, wenngleich mit mehreren Inhabern,[39] die allesamt nach § 31 HGB in das Handelsregister einzutragen sind. Minderjährige Miterben, die als Inhaber einzutragen sind, können bei der Anmeldung von ihren Eltern vertreten werden, weil der Rechtsübergang kraft Gesetzes und nicht kraft Rechtsgeschäfts eingetreten ist. Übernimmt ein Miterbe das Unternehmen mit Zustimmung der anderen Miterben, so ist hierin eine Teilerbauseinandersetzung mit Zuweisung des Geschäfts an den Miterben zu sehen. In diesem Fall muss der übernehmende Miterbe als Alleininhaber in das Register eingetragen werden, aber erst nach Zwischeneintragung der Erbengemeinschaft.[40]
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Formulierungsbeispiel Anmeldung der Unternehmensnachfolge durch Erbenmehrheit:
Im Handelsregister ist … unter HRA … als Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens unter der Firma … eingetragen. … ist am … verstorben. Er wurde beerbt von den zwei unterzeichnenden Miterben …, geboren am …, wohnhaft … Die Erbfolge ist nachgewiesen durch Ausfertigung des Erbscheins vom …, Nachlassgericht …, Az.: … Zur Eintragung im Handelsregister wird angemeldet: Das Unternehmen und die Firma sind auf die zuvor genannten Miterben übergegangen. Diese werden das Unternehmen unter der Firma … fortführen. Die Geschäftsräume befinden sich in …
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Führt die Erbengemeinschaft die alte Firma fort, muss ein in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 1 HGB auf die Erbengemeinschaft hinweisender „Rechtsformzusatz“ im Handelsregister eingetragen werden.[41]
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Beispiel:
Heinrich Schmidt in Erbengemeinschaft oder Heinrich Schmidt Nachfolger in Erbengemeinschaft.
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Die Erbengemeinschaft kann das Unternehmen auch unter anderer Firma fortsetzen, um etwa die handelsrechtliche Haftung für Altverbindlichkeiten des Erblassers zu vermeiden. In jedem Fall muss aber der Zusatz „in Erbengemeinschaft“ hinzugefügt werden.[42]
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Die Erbengemeinschaft kann das Unternehmen ohne zeitliche Begrenzung als Miterben-Unternehmen fortführen.[43] Die einvernehmliche Geschäftsfortführung über längere Zeit führt nicht automatisch zum Entstehen einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts.[44] Dies setzt den gegebenenfalls konkludenten Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraus. Ein solch konkludent geschlossener Gesellschaftsvertrag könnte etwa dann vorliegen, wenn ein neuer Geschäftspartner aufgenommen wird, einzelne Miterben aus dem Geschäft ausscheiden (z. B. durch Teilerbauseinandersetzung) oder die Haftung einzelner Miterben beschränkt wird (dann KG).[45] Die Annahme einer neuen Firma oder das Verstreichenlassen der Frist des § 27 Abs. 2 HGB genügen hingegen nicht.[46] Für das Innenverhältnis der Miterben können allerdings die Vorschriften über die OHG entsprechend herangezogen werden.[47]
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Hinsichtlich der gewerberechtlichen und handwerksrechtlichen Voraussetzungen (vgl. hierzu Rn. 3) ist es ausreichend, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft (z. B. der überlebende Ehegatte) über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Erbenprivilegien verfügt. Weiter ist es ausreichend, wenn ein Miterbe über die berufsrechtlichen Voraussetzungen verfügt, die zur Fortführung des Betriebs erforderlich sind (z. B. eine Tochter, die über einen notwendigen Abschluss verfügt).[48]
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Die Miterben können als Inhaber eines Handelsgeschäfts einen Prokuristen bestellen. Die Bestellung muss durch sämtliche Miterben erfolgen, da nur alle Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Inhaber des Handelsgeschäfts sind, § 48 Abs. 1 HGB. Einzelne Miterben können die Prokura jedoch widerrufen.[49] Ein Miterbe kann nicht zum Prokuristen bestellt werden, da er bereits Inhaber des Handelsgeschäfts ist.[50] Wird ein Prokurist Miterbe, erlischt die Prokura folgerichtig. Die Miterbengemeinschaft kann aber einzelnen Miterben Vollmacht erteilen. Handeln im alltäglichen Geschäftsablauf einzelne Miterben, können darüber hinaus die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht greifen.[51]
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Die neben der bürgerlich-rechtlichen Haftung bestehende handelsrechtliche Haftung gemäß § 27 HGB für Altverbindlichkeiten des Erblassers trifft auch die Erbengemeinschaft. Führt ein Miterbe das Unternehmen fort, haften die übrigen Miterben nur, wenn sie den tätigen Miterben zur Fortführung bevollmächtigt haben, gegebenenfalls auch stillschweigend.[52] Eine stillschweigende Bevollmächtigung kann auch darin gesehen werden, dass die Miterben die Fortführung des Unternehmens dulden. In diesen Fällen droht den Nicht-Unternehmer-Miterben nicht nur eine handelsrechtliche Haftung für Altverbindlichkeiten des Erblassers, sondern auch für durch den tätigen Miterben begründete Neuverbindlichkeiten.
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Praxishinweis:
Möchte ein Miterbe das Handelsgeschäft alleine fortführen, ohne die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, könnte die Erbengemeinschaft dem fortführungswilligen Miterben das Unternehmen verpachten. Auf diese Weise wird zumindest die Haftung für Neuverbindlichkeiten vermieden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Pächter als neuer Inhaber im Handelsregister eingetragen wird.[53]
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Umstritten ist darüber hinaus die Frage, inwieweit ein einzelner Miterbe die Einstellung des Geschäftsbetriebs nach § 27 Abs. 2 HGB durchsetzen kann oder sich durch einseitige Erklärung aus der Trägerschaft des Handelsgeschäfts lösen kann. Nach hM bedarf die Entscheidung sowohl über die Fortführung des Unternehmens als auch über die Einstellung nach § 27 Abs. 2 HGB der Einstimmigkeit der Miterben.[54] Die Frist richtet sich in diesem Fall nach dem Miterben, für den die Frist am längsten läuft. Demgegenüber kann ein Miterbe für sich selbst nicht den Haftungsausschluss nach §§ 27, 25 Abs. 2 HGB erklären. Der einzelne Miterbe ist insoweit auf sein Recht verwiesen, jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen.[55]
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Die Fortführung des Einzelunternehmens in Erbengemeinschaft führt zu erheblichen Nachteilen:
Das Recht, die Auseinandersetzung des Nachlasses gemäß § 2042 BGB zu verlangen, kann zu einer Zerschlagung des Unternehmens führen und begründet damit eine erhebliche Instabilität. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Auseinandersetzung nicht zur Unzeit verlangt werden kann, so wie es in § 723 Abs. 2 BGB für die GbR vorgesehen ist, gibt es nicht. Lediglich die wohl bedeutend höhere Schranke des Rechtsmissbrauchs kann einem Auseinandersetzungsverlangen entgegengesetzt werden.[56]
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Das der Erbengemeinschaft zugrundeliegende Prinzip der gemeinsamen