Карлик Нос и другие любимые сказки. Уровень 1 / Der Zwerg Nase und andere Lieblingsmärchen. Вильгельм Гауф

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Карлик Нос и другие любимые сказки. Уровень 1 / Der Zwerg Nase und andere Lieblingsmärchen - Вильгельм Гауф


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der Kalif der Eule seine Geschichte vorgetragen hat, dankte sie ihm und sagte:

      «Vernimm auch meine Geschichte. Ich bin nicht weniger unglücklich als du. Mein Vater ist der König von Indien. Ich bin seine einzige unglückliche Tochter. Ich heiße Lusa. Jener Zauberer Kaschnur, der euch verzauberte, hat auch mich ins Unglück gestürzt. Er kam eines Tags zu meinem Vater. Er begehrte mich zur Frau für seinen Sohn Mizra. Mein Vater ist ein hitziger Mann. Er ließ ihn die Treppe hinunterwerfen[21]. Aber kam der Elende unter einer anderen Gestalt zu mir. Als ich einst in meinem Garten trinken wollte, brachte er mir, als Sklave verkleidet[22], einen Trank, der mich in diese abscheuliche Gestalt verwandelte. Er brachte mich her und rief mir mit schrecklicher Stimme in die Ohren:

      ›Da sollst du bleiben, bis an dein Ende, oder bis einer aus freiem Willen dich, selbst in dieser schrecklichen Gestalt, zur Gattin begehrt. So räche ich mich an dir und deinem stolzen Vater!‹

      Seitdem sind viele Monate verflossen. Einsam und traurig lebe ich als Einsiedlerin in diesem Gemäuer. Die schöne Natur ist vor mir verschlossen, denn ich bin blind am Tage.«

      Die Eule hatte geendet. Sie wischte sich mit dem Flügel wieder die Augen aus.

      Der Kalif war bei der Erzählung der Prinzessin begeistert.

      «Aha«, sprach er,»ich finde ein geheimer Zusammenhang zwischen unserem Unglück! Aber wo finde ich den Schlüssel zu diesem Rätsel?«

      Die Eule antwortete ihm:

      «O Herr! Auch mir ahnet dies. In meiner Jugend sagte eine weise Frau: ein Storch wird dir ein großes Glück bringen. Ich weiß vielleicht, wie wir uns retten können.«

      Der Kalif war sehr erstaunt und fragte, auf welchem Wege sie meine.

      «Der Zauberer«, sagte sie,»kommt alle Monate einmal in diese Ruinen. Nicht weit von diesem Gemach ist ein Saal. Dort pflegt er dann mit vielen Genossen zu schmausen. Schon oft habe ich sie dort belauscht. Sie erzählen dann einander ihre schändlichen Werke. Vielleicht kann er das Zauberwort, das ihr vergessen habt, aussprechen.«

      «O teuerste Prinzessin«, rief der Kalif,»wann kommt er? Und wo ist der Saal?«

      Die Eule schwieg einen Augenblick und sprach dann:

      «Aber nur unter einer Bedingung[23] kann ich Euern Wunsch erfüllen.«

      «Sprich aus! Sprich aus!«schrie Chasid.

      «Nämlich, ich möchte auch gerne zugleich frei sein. Dies kann aber nur geschehen, wenn einer von euch mir seine Hand reicht[24]

      Die Störche waren über den Antrag betroffen. Der Kalif winkte seinem Diener, ein wenig mit ihm hinauszugehen.

      «Großwesir«, sprach der Kalif,»das ist die Frau für dich.«

      «Was?«antwortete der Großwesir.»Meine Frau wird meine Augen auskratzen! Auch bin ich ein alter Mann, und Ihr seid noch jung und unverheiratet. Ihr könnt einer jungen, schönen Prinzessin die Hand geben.«

      «Aber«, seufzte der Kalif,»wer sagt dir denn, dass sie jung und schön ist? Das heißt eine Katze im Sack kaufen!«

      Sie redeten einander gegenseitig noch lange zu. Endlich aber, entschloss der Kalif sich, die Bedingung lieber selbst zu erfüllen. Die Eule war hocherfreut. Wahrscheinlich kommen in dieser Nacht die Zauberer.

      Die Eule verließ mit den Störchen das Gemach, um sie in jenen Saal zu führen. Sie gingen lange in einem finstern Gang hin. Endlich strahlte ihnen ein heller Schein. Als sie dort angelangt waren, riet ihnen die Eule, sich ganz ruhig zu verhalten. Sie konnten von der Lücke einen großen Saal übersehen. In der Mitte des Saales stand ein runder Tisch, mit vielen Speisen. Rings um den Tisch zog sich ein Sofa, auf welchem acht Männer saßen. In einem dieser Männer erkannten die Störche den Krämer. Er erzählte die Geschichte des Kalifen und seines Wesirs.

      «Was für ein Wort hast du ihnen denn aufgegeben?«fragte ihn ein anderer Zauberer.

      «Ein recht schweres lateinisches, es heißt Mutabor«, antwortete der Krämer.

      V

      Die Störche liefen schnell. Dort sprach der Kalif zu der Eule:

      «Retterin meines Lebens und des Lebens meines Freundes! Nimm mich zum Gemahl an!«

      Dann aber wandte er sich nach Osten. Dreimal bückten die Störche ihre langen Hälse.

      «Mutabor!«riefen sie.

      Im Nu waren sie verwandelt! Und wer beschreibt ihr Erstaunen, als sie sich umsahen? Eine schöne Dame stand vor ihnen. Gab sie dem Kalifen die Hand.

      «Erkennt Ihr Eure Nachteule nicht mehr?«sagte sie.

      Sie war es. Der Kalif sagte:

      «Es ist mein größtes Glück, dass ich Storch war!«

      Die drei zogen nun miteinander auf Bagdad zu. Der Kalif fand in seinen Kleidern nicht nur die Dose mit Zauberpulver, sondern auch seinen Geldbeutel. Er kaufte daher im nächsten Dorfe, was zu ihrer Reise nötig war. So kamen sie bald an die Tore von Bagdad. Dort aber erregte die Ankunft des Kalifen großes Erstaunen. Man hat ihn für tot ausgegeben[25]. Das Volk war daher hocherfreut, seinen geliebten Herrscher wiederzuhaben.

      Um so mehr aber entbrannte ihr Haß gegen den Betrüger Mizra. Sie zogen in den Palast und nahmen den alten Zauberer und seinen Sohn gefangen. Den Alten schickte der Kalif in dasselbe Gemach der Ruine. Er ließ ihn dort aufhängen. Dem Sohn ließ der Kalif die Wahl: sterben oder schnupfen. Der Sohn wählte das letztere. Eine tüchtige Prise, und das Zauberwort des Kalifen verwandelte ihn in einen Storchen. Der Kalif ließ ihn in ein eisernes Käfigt sperren.

      Lange und vergnügt lebte Kalif Chasid mit seiner Frau, der Prinzessin. Wenn ihn der Großwesir nachmittags besuchte, da sprachen sie dann oft von ihrem Storchenabenteuer.

      Die Geschichte vom kleinen Muck

      In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann. Er hieß der kleine Muck. Damals war ich sehr jung. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle. Er war nur drei bis vier Schuh hoch. Er hatte eine sonderbare Gestalt. Er war sehr klein und zierlich. Sein Kopf war viel größer und dicker als der Kopf anderer Leute. Er wohnte ganz allein in einem großen Haus. Er kochte sich sogar selbst. Er ging nur alle vier Wochen einmal aus.

      Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten. Es war uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging. Wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam. Dann aufging die Türe. Zuerst herausguckte der große Kopf mit dem noch größeren Turban. Dann nachfolgte das übrige Körperlein, mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing. Der Dolch war sehr lang.

      Wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei. Wir warfen unsere Mützen in die Höhe. Wir tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüßte uns mit ernsthaftem Kopfnicken. Er ging mit langsamen Schritten die Straße hinab. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer:

      «Kleiner Muck, kleiner Muck!«

      Auch hatten wir ein lustiges Verslein und da sangen:

      «Kleiner Muck, kleiner Muck,

      Wohnst in einem großen Haus,

      Gehst nur all vier Wochen aus,

      Bist ein braver, kleiner Zwerg,

      Hast ein Köpflein wie ein Berg,

      Schau dich einmal um und guck,

      Lauf und fang uns, kleiner Muck!«

      So haben wir schon oft unsere Kurzweil getrieben[26].


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<p>21</p>

Er ließ ihn die Treppe hinunterwerfen. – Он велел спустить его с лестницы.

<p>22</p>

als Sklave verkleidet – переодевшись рабом

<p>23</p>

unter einer Bedingung – при одном условии

<p>24</p>

mir seine Hand reicht – возьмет меня в жены

<p>25</p>

Man hat ihn für tot ausgegeben. – Его объявили умершим.

<p>26</p>

So haben wir schon oft unsere Kurzweil getrieben. – Так мы частенько развлекались.