Alarm. Alfred Schirokauer

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Alarm - Alfred Schirokauer


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Riesengeschäftes. Er allein hatte alle Verhandlungen geführt. Kein anderer würde die Verantwortung übernehmen und diese Verträge für ihn unterzeichnen. Er gab den Leuten nur unnötig zu denken. Weiter nichts. Erregte Aufsehen, Aufmerksamkeit. Nein, es war ja lächerlich! Was —

      Da schrillte das Telephon auf seinem Schreibtische. Er machte einen nervösen Sprung vorwärts, so aufgepeitscht war sein Gemüt.

      Zögernd, verzagt nahm er den Hörer auf.

      Es war Angelita.

      »John«, flüsterte sie fassungslos, »ich bin in Todesangst um dich!«

      »Aber nein, Liebste. Es geht mir schon wieder sehr gut. Eine kleine Attacke meiner alten Malaria.«

      »Bist du im Bett?«

      »Noch nicht. Ich lege mich aber sofort.«

      »Laß dir einen Arzt kommen. Ich flehe dich an. Ich vergehe vor Angst um dich.«

      »Aber Kind!«

      »Soll ich zu dir kommen?!«

      »Nein, nein! Um alles nicht! Du kannst doch von deiner Gesellschaft nicht fortlaufen!«

      »Ich kann alles. Für dich — alles!«

      »Nein. Ich schwöre dir, es geht mir ausgezeichnet. Ich bin nur so traurig, daß ich dich heute abend nicht gesehen habe.«

      »Wenn du nur gesund bist —. Ich komme morgen — in jedem Falle.«

      »Lieb, ich muß morgen vormittag ins Büro. Unbedingt. Ein wichtiger Abschluß.«

      »Nein, tu das nicht! Schone dich.«

      »Ich muß.«

      »Dann komme ich abends.«

      »Sei vorsichtig, Kind.«

      »Mir ist alles gleich.«

      »Ich wollte morgen eigentlich auf meinen Landsitz fahren. Ausspannen.«

      »Fahr übermorgen. Ich muß dich vorher noch sehen.«

      »Gut. Mach dir keine Sorgen um mich.«

      »Ich muß jetzt zurück zu meinen Gästen. Gute Nacht, mein Geliebter. Gute Besserung!«

      »Danke, du Gute.«

      »Also morgen!«

      Sie hing ab. Ging zu ihrer Gesellschaft zurück, in sich gekehrt und verstört. Ihre Gäste waren über sie verwundert und enttäuscht. Man hatte so viel von dem Charme, der Klugheit und den gesellschaftlichen Talenten der jungen Herzogin gehört. Alles Bluff.

      Stumpf war sie und höchst langweilig.

      Lord Hastings war zugegen, scharf bewacht von dem Herzog. Angelita hatte mit ihm flirten wollen, den Gatten auf der falschen Fährte zu halten. Sie vergaß es in dem Leid und der Sorge um den Geliebten. Der Herzog wurde stutzig, glaubte dann aber in seiner Diplomatie diese List der Liebenden zu durchschauen. Diese Enthaltsamkeit, diese Fernhaltung war Schlauheit und Tücke. Doch ihn betrog man so leicht nicht. Er ließ sich nicht täuschen. Er wachte! Jetzt war er seiner Sache sicherer als je. Und wehe den Betrügern, wenn er sie erwischte! —

      Rutland ging wieder durch das Zimmer. Jetzt war es entschieden. Morgen früh konnte er nicht abreisen. Erst übermorgen. Aber was lag daran! Er würde die Verträge unterzeichnen. Nicht unüberlegt und vernunftswidrig handeln! Es war doch lächerlich! Was konnte ihm in seinem Büro geschehen?!!

      7

      Er ahnte nicht, was ihm dort geschehen konnte.

      Denn kaum waren die Verträge unterzeichnet, kaum hatte der Notar sich verabschiedet, da rief Jan Bouterweg in seiner saftigen holländischen Urwüchsigkeit:

      »So, Rutland, nun wollen wir uns gegenseitig die Patsche hinhalten und uns gratulieren. Ich glaube, wir haben alle beide ein gutes Geschäft gemacht. Und nun wollen wir es feste begießen.«

      Rutland schüttelte kräftig die dargebotene Tatze des Dutch-Amerikaners.

      »Ich kann leider nicht«, lehnte er ab. »So gern ich es täte, lieber Bouterweg. Erstens fühle ich mich nicht ganz wohl. Sie wissen ja, gestern abend. Und —«

      »Och, ein guter Tropfen schadet nie. Im Gegenteil.«

      »Und dann — ich habe noch einige wichtige Besprechungen.«

      »Och«, machte der blonde Riese wieder, ernsthaft traurig, »ich habe mich so darauf gefreut, mit Ihnen unser hübsches kleines Geschäft zu befeuchten.«

      Rutland machte eine liebenswürdige bedauernde Geste mit beiden Händen.

      »Mann, nu machen Sie es doch möglich«, drängte der Reeder. »Was soll ich denn meiner kleinen Frau sagen? Sie ist schon so neugierig auf Sie. Ich habe ihr doch Wunder was von Ihnen und Ihrer Tüchtigkeit vorgeschwärmt. Und nun wollten wir zusammen ein hübsches kleines Frühstück —«

      Etwas hastig unterbrach Rutland: »Ich würde gewiß sehr gern die Bekanntschaft Ihrer schönen Gattin machen — auch ich habe viel Rühmendes von Mrs. Bouterweg gehört. Aber — — —«

      Mit schwerfälliger Begeisterung fiel der amerikanische Holländer ein: »Es lohnt sich, sage ich Ihnen. Kommen Sie! Ohne zu prahlen, so eine Frau sehen Sie hier nicht alle Wochentage. Ihre englischen Damen in allen Ehren. Sind ‚ne feine Sache. Prima Fregatten. Aber meine Kleine —«

      Er wiegte feinschmeckerisch den großen, vierkantigen, gutmütigen Kopf und schnalzte knallend mit der Zunge —

      »So was wächst hierzulande und, im Vertrauen, auch bei den Yankees nicht wild. Also, Mann, wenn Sie auch das nicht lockt, habe ich mein Verführungspulver verschossen.«

      »Bester Bouterweg, Sie dürfen es mir nicht übelnehmen. Ich kann nicht. Sie müssen mich bei Ihrer Gattin entschuldigen.«

      »Das tun Sie man selbst, wenn Sie den Mut dazu aufbringen«, lachte der Reeder und ging auf die Tür zu.

      Verblüfft starrte Rutland auf seinen Gast.

      »Wohin gehen Sie?!« rief er mit sehr wenig Atem. Eine böse Ahnung umkrallte ihm den Hals.

      Bouterweg drehte sich in der Tür um.

      »Das brave Täubchen wartet doch da draußen im Vorzimmer, bis wir fertig sind. Weil wir Sie dann gemeinsam entführen wollten.«

      Damit ging er hinaus.

      Jetzt hatte Rutlands Willenskraft und Geistesstärke ihre Meisterprobe zu bestehen. Nur Sekunden blieben ihm zur verzweifelten Sammlung. Schon trat Bouterweg wieder herein, die kleine, graziöse, elegante Frau, deren Kopf kaum an seine breite Hünenbrust heranreichte, täppisch vor sich herleitend.

      »Da ist der Mann«, rief er mit seinem tiefen Seemannsbaß — er war lange als Kapitän gefahren —, »der uns unsere Prachtflotte bauen wird. Und der jetzt vor unserem hübschen kleinen Frühstück kneifen will. Verführe du ihn, Muriel. Meinen bestrickenden, massierten Reizen ist es nicht gelungen.«

      Muriel löste sich von der wuchtigen ehemännlichen Fassade und ging auf Rutland zu. Hob die Hand und hob den Kopf. Der Rand des Hutes, der tief in die Stirne gedrückt war, bedeckte fast ihre Augen. Jetzt erst sah sie Rutlands Gesicht.

      Da entrang sich ihrem Munde ein verflatternder Schrei, wie das Angstzirpen eines kleinen Vogels.

      Die erhobene Hand blieb steif und leblos in der Luft stehen.

      Ihre Wangen wurden weiß wie der Hermelinkragen ihres Mantels.

      Rutlands Hand, die er zur Begrüßung ausgestreckt hatte, irrte haltlos umher.

      »Nanu —! Was ist — —?!« rief Bouterweg verblüfft.

      Doch da hatte Muriel die erste verräterische Bestürzung schon überwunden. Sie war nicht umsonst die Frau, die sich schon mit zwanzig aus der vernichtenden, bloßstellenden Katastrophe ohne Schaden für ihren Ruf herausgewunden hatte. So wenig überragend ihre Klugheit war, so bewundernswert


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