Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

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Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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hörte ich, daß mein Vater gestorben; ich sagte es ihm, und er schickte einen Diener nach Ägypten, um vom Sultan Firmane zu holen, die er dann mit einem Boten nach Mossul schickte, um mir das ganze Vermögen meines Vaters zu holen. Nun lebte ich sehr vergnügt; und dies ist die Ursache, warum ich meinen rechten Arm an der Brust liegen ließ, du wirst mich also wohl entschuldigen, o Arzt!« Ich wunderte mich sehr über diese Geschichte, blieb noch einige Tage bei ihm, bis er zum zweiten Mal ins Bad ging, dann schenkte er mir eine bedeutende Summe, gab mir Lebensmittel mit und sagte mir Lebewohl. Ich reiste von da gegen Osten, kam nach Bagdad, durchzog das persische Irak, bis ich zu euch hierher kam und hier recht glücklich lebte; da widerfuhr mir diese Nacht die Geschichte mit dem Buckligen. Nun, ist meine Geschichte nicht wunderbarer, als die des Buckligen?«

      Als der König von China die Geschichte des jüdischen Arztes gehört, schüttelte er den Kopf und sagte: »Nein, bei Gott! diese Geschichte ist nicht wunderbarer, als die des Buckligen; ich werde also euch alle Vier umbringen lassen, weil ihr gemeinschaftlich den Buckligen umgebracht, und Geschichten erzählt habt, die nicht befremdender sind, als die seinige. Nun bleibt nichts übrig, als daß du, Schneider, als Urheber alles Unglücks noch eine recht wunderbare, entzückende Geschichte erzählst, schöner als die des Buckligen, sonst laß‘ ich euch alle hinrichten.«

      Geschichte des Schneiders

      Da sagte er Schneider: »Gut, o König der Zeit! Das Wunderbarste, was mir widerfahren, war gestern, ehe ich diesen Buckligen traf; da war ich vormittags bei einer Mahlzeit, der viele Leute beiwohnten; als wir gegen zwanzig Leute aus dieser Stadt beim Essen waren, da kam der Hausherr mit einem schönen, hinkenden Jüngling. Wir standen aus Ehrerbietung vor dem Wirte auf. Als der Jüngling sich setzen wollte, bemerkte er unter den Gästen einen Barbier und wollte sich nicht mehr setzen, sondern wieder fortgehen. Da hielt ihn der Gastgeber fest und beschwor ihn, zu sagen: warum er gekommen und nun wieder so schnell gehen wolle? Da sagte der Jüngling: »Mein Herr! sei nicht böse. Dieser alte, verdammte Barbier ist schuld daran; dieser mit dem schwarzen Gesichte, mit schlechtem Lebenswandel, mit unfreundlichen Bewegungen, der so wenig Segen bringt.« Als der Gastgeber diese Beschreibung des Barbiers hörte, und auch wir es hörten, saßen wir auch nicht gerne bei ihm.

      Wir sagten alle bei der Schilderung des Barbiers: »Niemand von uns will essen und sich belustigen, wenn du uns nicht die Lebensart dieses Barbiers erzählst.« Da sprach der Jüngling: »Wisset, ihr Leute, es ist mir in meiner Stadt, in Bagdad, mit diesem Barbier etwas widerfahren, das die Ursache meines Hinkens ward. Da schwor ich, nicht an einem Orte mit ihm zu sitzen und nicht in einer Stadt zu wohnen, wo er ist. Ich habe seinetwillen Bagdad verlassen und werde nun diese Nacht noch von hier weggehen, weil ich ihn hier bei euch sehe.« Wir baten ihn dringend, sich zu setzen und uns zu erzählen, was ihm in Bagdad mit dem Barbier widerfahren; der Barbier wurde ganz blaß und schlug die Augen zur Erde nieder, und der Jüngling sprach: »Wisset, ihr Leute, mein Vater war einer der ersten Aufseher in Bagdad und hatte kein anderes Kind außer mir; als ich groß war und schon Verstand hatte, ging er durch den Tod zur göttlichen Barmherzigkeit ein und hinterließ mir ein großes Vermögen. Ich kleidete mich vornehm und lebte höchst vergnügt, doch nichts war mir verhaßter, als das weibliche Geschlecht. Eines Tages, als ich in den Straßen Bagdads umherging, begegnete mir auf dem Wege eine Gesellschaft Frauen; ich entfloh vor ihnen und flüchtete mich in eine Straße, die keinen Durchgang hat. Ich saß hier kaum eine Weile, da ward ein Fenster geöffnet, und es blickte ein Mädchen heraus wie die leuchtende Sonne; mein Auge hatte nie ein schöneres gesehen. Sie hatte Pflanzen am Fenster stehen. Als sie mich sah, lächelte sie; sie zündete eine Flamme in meinem Herzen an und mein Weiberhaß ward in Liebe verwandelt. Ich blieb wie verrückt bis gegen Sonnenuntergang sitzen; da kam der Kadhi der Stadt auf einem Maultier geritten und stieg vor dem Hause ab, wo das Mädchen war, woraus ich schloß, daß es ihr Vater sein müsse; ich ging betrübt nach Hause und warf mich fieberkrank auf dem Bett umher. Meine Verwandten kamen zu mir und wußten nicht, was mir fehlte, und ich antwortete niemanden. Ich blieb einige Tage in diesem Zustande, und meine Familie weinte meinetwillen. Da kam einst eine alte Frau zu mir, der mein Zustand kein Geheimnis mehr blieb; sie setzte sich mir zu Häupten, gab mir sanfte Worte und sagte: »Mein Sohn, sei guten Muts! vertraue mir dein Anliegen! Ich werde dich mit der Geliebten vereinigen.« Ihre Worte drangen mir ins Herz, ich unterhielt mich eine Weile mit ihr

      Dann sagte sie nochmals: »Erzähle mir deine Geschichte, mein Sohn!« Als ich sie ihr erzählt hatte, sagte sie: »Mein Sohn, sie ist die Tochter des Kadhi von Bagdad und wird sehr streng bewacht. Der Ort, wo du sie gesehen, ist ihre Wohnung, ihr Vater bewohnt den unteren großen Saal; sie ist ganz allein im oberen Stock; doch werde ich diese Sache schon richten, und nur durch mich wirst du zur Vereinigung mit ihr gelangen. Fasse nur Mut!« Als ich dies hörte, ward ich wieder gestärkt und beschloß zu essen und zu trinken. Die Alte verließ mich an jenem Tag, kam aber am folgenden Morgen wieder zu mir mit entstelltem Gesichte. Sie sagte: »Mein Sohn! frage mich nicht, was mir das Mädchen getan, als ich von dir sprach; sie sagte mir: wenn du nicht schweigst, du verdammtes altes Weib, und nur noch ein Wort sprichst, werde ich dich behandeln, wie du‘s verdienst; ich werde dich auf die peinlichste Weise umbringen lassen, wenn du noch einmal wiederkehrst, um von so etwas zu reden. Doch, mein Sohn! ich werde bei Gott noch einmal zu ihr zurückkehren, es mag mir geschehen, was da wolle.« Als ich dies hörte, ward ich noch kränker als zuvor, und die Alte machte mir jeden Tag neue Versprechungen. Meine Krankheit ward so heftig, daß alle Ärzte an mir verzweifelten. Eines Tages kam die Alte, setzte sich mir zu Kopfe und sagte mir leise, daß es meine Leute nicht hörten: »Du mußt mir etwas für die gute Botschaft geben, die ich dir bringe.« Als ich dies hörte, setzte ich mich aufrecht und sagte ihr: »Du sollst einen guten Lohn für deine Nachricht haben.« Sie sagte dann: »Mein Herr, ich bin zu dem Mädchen gegangen, und sie hat gesehen, wie meine Augen weinten und wie mein Herz zerknirscht war, und mich gefragt: »Wie geht‘s dir. Muhme? warum atmest du so schwer?« Ich sagte ihr weinend. »O meine Gebieterin! Ich komme soeben von einem kranken Jüngling, an dessen Leben schon seine Familie verzweifelt — er liegt bald in Ohnmacht, bald kommt er wieder zu sich; aber er wird gewiß deinetwillen sterben.« Da ihr Herz gerührt ward, fragte sie mich: »Nun, was geht das dich an?« Ich antwortete ihr: »Er ist mein Sohn; seitdem er dich am Fenster gesehen, als du die Pflanzen tränktest, liebt er dich und weint immerfort; er ist‘s, der folgende Verse gedichtet:

      »Bei deinem lebendigen Angesichte beschwöre ich dich, töte nicht durch deine Abneigung den, der dich liebt. Liebeskrankheit hat meinen Körper geschwächt, und mein Herz ist vom Becher deiner Liebe berauscht. Dein Wuchs gleicht einer geraden, doch biegsamen Lanze, vor deinem Munde errötet die glänzende Perle (vor Scham). Aus dem Bogen deiner Augenbrauen schleuderst du Pfeile, die nie mehr von meinem Herzen weichen und die ich dir nie wieder entgegenschleudere. Dein schlanker Wuchs gleicht einem zarten Baumzweige. Wer hilft nun dem vor Liebe Rasenden, dem Verzweifelten? Bei dem bezaubernden Fleckchen auf deinen Wangen, erbarme dich dessen, den du getötet! Deine Lippen sind Wein, Honig und Perlen in Korallen gefaßt. Deine Füße vertreiben den Tod und die Pein. Gott gebe den schönsten Trost dem Liebenden!«

      Nachdem ich diese Verse rezitiert hatte, fuhr ich fort: »Ich habe dir schon zum erstenmale dies gesagt; da verfuhrst du gegen mich, wie du wohl weißt, und als ich ihm erzählte, wie du mich behandelt hast, da ward er so krank, daß er das Bett nicht mehr verlassen kann, und nun muß er gewiß sterben.« Da sagte sie erblassend: »Und dies alles um meinetwillen?« Ich antwortete ihr: »Ja, bei Gott, meine Herrin! Nun, was beschließest du jetzt über ihn?« Hierauf sagte sie: »Bring mir ihn hierher, Freitag vor dem Mittagsgebet, ich werde ihm die Türe öffnen und ihn zu mir in diesen oberen Stock lassen, ihn sitzen heißen und eine Weile bei ihm bleiben; nur muß er sich entfernen, ehe mein Vater zurückkehrt.« Als ich, o ihr Leute! die Worte der Alten hörte, waren alle meine Schmerzen vorüber; sie setzte sich dann zu mir und sagte: »Bereite dich vor auf Freitag, so Gott will.« Ich schenkte ihr alle meine Kleider, die ich hatte, sie ging fort und alle meine Leiden waren verschwunden. Meine Leute freuten sich über meine Genesung. Ich freute mich immer mehr auf Freitag; da kam die Alte zu mir und erkundigte sich nach meinem Befinden; ich sagte ihr, daß ich ganz wohl wäre; ich stand dann auf, kleidete mich an, beräucherte und parfümierte mich; sie fragte mich dann: »Warum gehst du nicht ins Bad und wäschst dich von den Spuren der Krankheit rein?« Ich antwortete ihr: »Ich habe keine Lust, ins


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