Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

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Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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Weile nachdachte, fiel ihm ein, er wolle Glaswerk dafür kaufen; er legte es in einen großen Korb und stellte sich an einen Ort, um es zu verkaufen. Neben ihm war eine Mauer, er lehnte sich daran und dachte: Wisse, o du meine Seele! nun besteht mein Kapital aus diesem Glaswerke, das 100 Dirham wert ist; ich werde es für 200 Dirham verkaufen, dann kaufe ich für 200 Dirham Glaswerk und verkaufe es für 400, dann handle ich immer fort, bis ich 4000 Dirham gewonnen, ich kaufe dann Waren und bringe sie da und dorthin und verkaufe sie für 8000 Dirham; wenn ich nun immerfort handle, bis ich 10.000 Dirham habe, so kaufe ich allerlei Juwelen und Parfümerien, die mir einen ungeheuren Gewinn verschaffen. Unterdessen schaffe ich mir auch ein schönes Haus an, sowie Sklaven, Diener und Pferde, esse, trinke und belustige mich und lasse keinen Sänger und keine Sängerin in der Stadt verweilen, ohne sie zu mir zu laden, und bald werde ich, so Gott will, ein Kapital von 100.000 Dirham zusammenbringen. So weit rechnete er in seiner Phantasie, während der Korb mit Glaswerk für 100 Dirham vor ihm stand. Er rechnete dann noch weiter und dachte: »Ich werde dann den Makler beauftragen, für mich um die Tochter des Veziers zu werben, denn ich habe schon vernommen, daß sie alle guten Eigenschaften besitzt, ausgezeichnet schön ist und ein feines Benehmen hat: ich werde 1000 Dinare als Morgengabe bieten. Willigen sie ein, gut; wo nicht, so entführe ich sie ihrem Vater zum Trotze mit Gewalt; und ist sie einmal bei mir im Hause, so kaufe ich zehn junge Knaben als Diener, schaffe mir königliche Kleider an und laß mir einen goldenen Sattel, mit kostbaren Edelsteinen besetzt, verfertigen, ich laß Mamelucken vor und hinter mir her reiten und reite so in der Stadt herum, wo alle Leute mich grüßen und mir Glück wünschen. Wenn ich nun zum Vezier komme mit Mamelucken zur Rechten und zur Linken, so steht er vor mir auf und läßt mich an seinen Platz sitzen, und setzt sich unter mir, weil ich sein SchwiegersohnEs sollte umgekehrt sein, doch verzeiht man dies dem phantasierenden Araber. bin. Ich habe dann zwei Diener bei mir, die zwei Beutel mit 2000 Dinaren, die ich für die Hochzeitsnacht bestimmt, tragen; ich nehme nämlich 1000 Dinare mehr, als ich versprochen, damit sie daran meine Männlichkeit und meinen Stolz erkennen, und sehen, wie klein die Welt in meinen Augen ist. Sodann gehe ich wieder nach Hause, und kommt jemand mit einem Auftrage von meiner Frau zu mir, so gebe ich ihm schöne Kleider und mache ihm allerlei Geschenk; kommt aber jemand mit einem Geschenke, so geb ich‘s ihm zurück und nehm es nicht an, weil ich in allem den höchsten Platz einnehmen will. Ich lasse mich dann von meinen Dienern ankleiden, meine Braut in der Stadt herumführen und mein Haus recht schön aufputzen. Und wenn die Zeit kommt, wo ich bei meiner Frau allein bleiben soll, so ziehe ich mein kostbares Kleid an und setze mich auf einen seidenen Divan, lehne mich an und blicke weder rechts noch links, um recht vornehm, ernst und schweigend auszusehen; und wenn meine Frau, schön wie der Mond, mit ihrem Schmuck vor mir steht, werde ich sie vor Hochmut, Selbstgefallen und Geringschätzung gar nicht ansehen, bis alle Anwesenden sagen: »O unser Herr! wende dich doch deiner Frau und Sklavin zu, die vor dir steht, und schenke ihr doch einen gnädigen Blick: es schadet ihr, wenn sie so lange steht.« Wenn sie dann dazu noch die Erde einige Male vor mir küssen, so richte ich den Kopf ein wenig auf und werfe nur einen einzigen Blick auf meine Frau, beuge aber den Kopf sogleich wieder; während nun die Leute mit der Braut ins Schlafzimmer gehen, wechsle ich auch meine Kleider und ziehe noch schönere an; und wenn die Frau im zweiten Anzug kommt, sehe ich sie wieder nicht eher an, bis man mich einige Male darum gebeten hat; da werfe ich einen flüchtigen Blick auf sie, sehe dann wieder zur Erde, und so immer fort, bis ihr ganzer PutzBekanntlich wird die Braut in der Hochzeitsnacht bei reichen Leuten siebenmal anders gekleidet und dem Bräutigam vorgeführt. vorüber ist.

      Mein Bruder ging immer weiter in seinen Gedanken, wie er während des ganzen Putzes so stolz gegen seine Frau sein wolle; dann, dachte er, befehle ich einem meiner Diener, 500 Dinare in einem Beutel zu bringen, die ich unter ihre Dienerinnen verteile, und gebiete, daß man mich mit meiner Frau allein lasse. Geht man nun mit ihr ins Schlafgemach, so sehe ich sie an, lege mich neben sie, spreche aber aus Geringschätzung gegen sie kein Wort mit ihr, bis man mich für einen stolzen Mann erklärt; da kommt ihre Mutter, küßt mir die Hand und sagt: »O mein Herr, blicke doch auf deine Sklavin herab! sie sehnt sich nach deiner Nähe, stärke doch ihr Herz!« Ich gebe ihr aber keine Antwort, und wenn sie dies bemerkt, steht sie auf, küßt mir einige Male die Füße und sagt: »O mein Herr! meine Tochter ist jung und hat nie einen Mann erschaut, und sieht sie dich so zurückhaltend, so bricht ihr das Herz. Wende dich ihr doch zu! sprich sie an und mache ihr guten Mut!« Ihre Mutter reicht ihr dann einen Becher Wein und sagt: »Geh, gib deinem Gemahl zu trinken!« Wenn sie nun zu mir kommt, laß ich sie vor mir stehen, während ich auf meinem goldgestickten Sofa angelehnt sitzen bleibe; ich sehe sie aus Hochmut gar nicht an, bis sie sagt: ich sei ein vornehmer Mann von edler Seele. Ich laß sie immer stehen, bis sie sich erniedrigt fühlt und merkt, daß ich Herr bin: sie sagt dann: »Mein Herr! ich beschwöre dich bei Gott, weise mich nicht mit dem Becher zurück! ich bin ja deine Sklavin.« Ich gebe keine Antwort, wenn sie dann in mich dringt und sagt: »Du mußt trinken«, und mir den Becher an den Mund hinreicht, da fahre ich ihr mit der Hand ins Gesicht und trete sie mit den Füßen und mache so — er stampfte dabei mit den Füßen und kam mit einem Fuß an den Korb, der auf einem erhöhten Platze stand, so daß er von oben herunter auf den Boden fiel und alles Glaswerk zerbrach. Da schrie der Schneider: »Dies alles kommt von deinem Stolze, du schändlichster aller Kuppler! Bei Gott! hätte ich über dich zu gebieten, ich ließe dir hundert Prügel geben und noch deine Geschichte in der ganzen Stadt bekannt machen.« Indessen, fuhr der Barbier fort, schlug sich mein Bruder ins Gesicht und zerriß seine Kleider und weinte; die Leute, die gerade zum Freitagsgebet gingen, sahen ihn an, und die einen bemitleideten ihn, die anderen kehrten sich nicht daran. So weinte mein Bruder eine Weile über den plötzlichen Verlust seines Kapitals und seines Gewinns: da kam eine schöne Frau, von vielen Dienern begleitet und auf einem Maulesel reitend, der einen goldenen Sattel hatte; als sie sich näherte, verbreitete sie Moschusgeruch. Wie sie meinen Bruder über sein Unglück weinen sah, bemitleidete sie ihn und fragte, was ihm widerfahren? Man erzählte ihr, daß er einen Korb mit Glaswerk gehabt, von dem er sich habe ernähren wollen, und daß nun alles zerbrochen sei, wie sie sehe. Sie rief einen ihrer Diener und sagte ihm: »Gib, was du bei dir hast!« Er gab ihm einen Beutel, in welchem 500 Dinare waren. Als mein Bruder den Beutel empfing, starb er fast vor Freude, wünschte ihr viel Segen und ging reich nach Hause, wo er wieder nachdachte. Da ward an der Türe geklopft. Mein Bruder fragte: »Wer ist an der Türe?« Man antwortete: »Mein Freund, ich habe dir ein Wort zu sagen.« Als mein Bruder aufstand und die Tür öffnete, stand eine alte Frau da, die er nicht kannte. Sie sagte ihm: »Du weißt, mein Sohn, daß die Gebetzeit nahe ist; da ich mich nun noch nicht gewaschen habe, so möchte ich mich gerne in deinem Hause waschen.« Mein Bruder erwiderte: »Recht gerne!« hieß sie ins Haus kommen und gab ihr ein Waschbecken. Mein Bruder, der indessen ganz entzückt war über dem vielen Gelde, band es in einen Beutel ein, und als er dies getan und die Frau da, wo er saß, gebetet hatte, wünschte sie ihm viel Glück und dankte ihm.

      Als sie meinem Bruder dankte, erzählte der Barbier weiter, nahm er zwei Dinare von dem Gelde und wollte es ihr als Almosen geben; sie sagte aber: »Gelobt sei Gott! siehst du mich für eine Bettlerin an? Behalte dein Geld, ich brauche es nicht, wende es für dich an! Doch ich habe in dieser Stadt eine reiche, schöne und liebenswürdige Freundin —« Mein Bruder unterbrach sie: »Und wie soll ich zu ihr gelangen?« Die Alte fuhr fort: »Nimm all dein Geld und folge mir, und bist du bei ihr, so sei nur recht artig und liebenswürdig gegen sie: du wirst dann von ihrer Schönheit und ihrem Reichtum alles erlangen.« Mein Bruder, vor Freude außer sich, nahm all sein Geld und ging mit ihr, bis sie an eine große Türe kamen, wo sie anklopfte; da kam eine griechische Sklavin und öffnete die Türe. Die Alte trat hinein und hieß meinen Bruder mitkommen. Er kam in ein großes Haus und in einen geräumigen, mit Teppichen und Vorhängen verzierten Saal. Mein Bruder setzte sich, legte das Geld vor sich hin, zog den Turban ab und legte ihn auf seinen Schoß. Auf einmal kam das schönste Mädchen, das er je gesehen, höchst vornehm gekleidet; er stand auf und als sie in sah, lachte sie ihm freudig entgegen. Sie schloß dann die Türe, trat auf meinen Bruder zu, nahm ihn an der Hand und ging mit ihm in ein abgelegenes Gemach, setzte sich neben ihn und scherzte eine Weile mit ihm. Sodann sagte sie: »Bleibe hier, bis ich wiederkehre.« Als das Mädchen weggegangen war, kam ein schwarzer Sklave mit einem Schwerte und sagte: »Wehe dir! was tust du hier?« Als mein Bruder ihn sah, ward seine Zunge gefesselt, so daß er nicht antworten konnte. Der Sklave entkleidete ihn, und schlug so lang mit dem Schwert auf ihn


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