Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

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Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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nicht«, antwortete Ibrahim. — »Nun«, sprach Nureddin weiter, »hier sind zwei Dinare: nimm einen Esel und reite darauf zu der ersten besten Schenke, ohne dich ihr weiter zu nähern, als dir beliebt; gib dann einem Vorübergehenden zwei Dirham und bitte ihn, dort für zwei Dinare Wein zu kaufen und auf den Esel zu laden. Auf diese Weise hast du den Wein weder gekeltert, noch gekauft, noch getragen, kurz, nichts getan, was dir Unglück bringen könnte.« Scheich Ibrahim sagte lächelnd zu Nureddin: »Mein Sohn! bei Gott, ich habe noch keinen feinern und beredtern Mann als dich gesehen«, und er verließ sie, um seinen Auftrag auszurichten.

      Als er zurückkam, sagte ihm Nureddin: »Wir übernehmen jede Verantwortlichkeit, du hast nur unsere Wünsche zu erfüllen, gib uns nun auch, was wir zum Trinken brauchen. »Mein Sohn«, sagte Ibrahim, »hier ist meine Speisekammer, es war das Vorratszimmer des Fürsten der Gläubigen.« — Nureddin trat in das Vorratszimmer und fand darin eine Menge Gefäße von Gold, Silber und Kristall, mit allen möglichen Edelsteinen besetzt; er wählte einige, goß den Wein in Krüge und Flaschen. Mittlerweile war auch Scheich Ibrahim wieder gekommen und stellte seinen Gästen allerlei Arten wohlschmeckender Früchte und wohlriechender Blumen vor, dann ließ er sich in einiger Entfernung nieder, während die beiden tranken und sich vergnüglich miteinander unterhielten. Der Wein blieb nicht ohne Wirkung, er rötete ihre Wangen; sie blickten liebevoll eines in des anderen Auge und ihre Haare fielen ihnen über die Schulter herab. Da dachte Ibrahim: warum sitze ich so weit von ihnen weg? warum nähere ich mich ihnen nicht? wann werde ich wieder ein solches junges Paar, das dem Monde gleicht, bei mir sehen? er machte sich dann auf und setzte sich an das äußerste Ende des erhöhten Teils des Saals. Nureddin beschwor ihn bei seinem Leben, doch näher zu kommen. Als er näher kam, füllte Nureddin einen Becher und sagte zu Ibrahim, ihn anblickend: »Trinke, nur um zu sehen, wie Wein schmeckt.« Ibrahim wiederholte, daß er seit dreizehn Jahren keine solche Sünde begangen. Nureddin beschäftigte sich nicht weiter mit ihm, sondern trank den Becher aus, warf sich zur Erde und stellte sich betrunken. Da sagte Enis Aldjelis zu Ibrahim: »Sieh einmal, wie dieser hier gegen mich verfährt, stets trinkt er, bis ihn der Schlaf überwältigt und läßt mich allein ohne Gesellschaft beim Becher.« Ibrahim, dessen Mitleid und Zuneigung zu ihr durch diese Worte rege ward, versetzte: »Bei Gott, das ist nicht recht.« Das Mädchen füllte dann den Becher wieder, blickte Ibrahim an und sagte: »Ich beschwöre dich bei meinem Leben, nimm und trinke und stärke mein Herz.« Ibrahim ergriff den Becher und trank ihn aus. Das Mädchen füllte hierauf den Becher wieder, hielt ihn an das Licht und sagte. »Nun, mein Herr, bleibt dir noch dieser.« Er versetzte: »Bei Gott, ich habe genug, ich kann nicht mehr trinken.« Sie drang aber in ihn, bis er auch den zweiten Becher entnahm und leerte. Hierauf reichte sie ihm einen dritten Becher, als er aber trinken wollte, erhob sich Nureddin und sagte: »O Scheich Ibrahim! habe ich dich nicht vor kurzem beschworen zu trinken und du hast dich geweigert und gesagt, du habest seit dreizehn Jahren diese Sünde nicht mehr begangen?« Ibrahim antwortete beschämt: »Mich trifft keine Schuld, diese hier hat mich überredet.« Nureddin lachte, und sie fuhren wieder fort zu zechen. Die Sklavin sagte dann leise zu ihrem Herrn: trink du und nötige Ibrahim nicht weiter zu trinken, du wirst deinen Spaß an ihm haben. Sie füllte dann einen Becher und reichte ihn ihrem Herrn, und als er getrunken hatte, füllte er einen Becher und reichte ihn ihr. Als sie dies mehrmals wiederholt hatten, sagte Scheich Ibrahim: »Was ist das für eine Art zu zechen? Gott verdamme ein solches Verfahren in unserm Hause! warum gibst du mir nicht zu trinken? was ist das für ein Zustand, o Gesegneter?« Als er so zu Nureddin sprach, lachten beide, bis sie beinahe bewußtlos hinsanken; dann begannen sie wieder zu trinken und schenkten auch dem Scheich Ibrahim ein. Nachdem sie so, bis ein Drittteil der Nacht vorüber war, miteinander gezecht hatten, sagte die Sklavin zu Ibrahim: »Mit deiner Erlaubnis zünde ich eine der Wachskerzen an, die hier aufgestellt sind.« Ibrahim erwiderte: »Geh und zünde eine an, aber nicht mehr!« Die Sklavin zündete aber alle der Reihe nach an, so daß achtzig Lichter brannten, dann setzte sie sich wieder zu den beiden. Hierauf sagte Nureddin: »Was gelte ich wohl bei dir? wirst du nun auch mir erlauben, eine der Lampen anzuzünden?« — »Geh und zünde eine an«, antwortete Ibrahim, »damit du nicht verdrießlich werdest.« Er erhob sich, zündete eine Lampe nach der anderen an, bis alle achtzig brannten, so daß der ganze Saal zu tanzen schien. Ibrahim, den der Wein immer mehr betäubte, sagte: »Ihr seid kecker als ich.« Er öffnete dann alle Fenster, setzte sich wieder und fuhr fort, mit den beiden zu trinken und Verse zu rezitieren, und der ganze Platz schien an ihrer Fröhlichkeit teilzunehmen.

      Nun hatte der allmächtige Gott, der jedem Ereignis einen Grund bestimmt, gewollt, daß sich der Kalif Harun Arraschid um diese Zeit an einem Fenster seines Palastes, der an den Tigris stieß, befand, um den klaren Mondschein zu genießen. Als er nach der Richtung des Stromes sah, bemerkte er den Widerschein der Lichter, der Wachskerzen und Lampen, und als er hierauf einen Blick nach dem Schlosse im Garten warf und bemerkte, wie es im Glanze vieler Lichter strahlte, ließ er den Barmekiden Djafar rufen, und sobald er vor ihm erschien, schrie er ihn an: »Du Hund unter den Vezieren! man nimmt mir Bagdad weg und du gibst mir keine Kunde davon?« Djafar fragte nach dem Sinne dieser Worte, und der Kalif fuhr fort: »Wäre nicht Bagdad in fremder Hand, so wäre der Bilderpalast nicht mit Lampen und Lichtern beleuchtet und die Fenster wären nicht geöffnet; wehe dir! wer könnte so etwas wagen, wenn mir nicht das Kalifat entrissen wäre!« Da erwiderte Djafar, dessen Muskeln vor Furcht zitterten: »Wer sagt dir, daß der Bilderpalast beleuchtet und daß seine Fenster geöffnet sind?« Der Kalif versetzte: »Komm her und sieh selbst!« Djafar näherte sich dem Kalifen und blickte nach der Richtung des Gartens und der Palast erschien ihm wie eine große Feuerflamme in dunkler Nacht. Djafar wollte Ibrahim entschuldigen, denn er sah wohl, daß Fremde bei ihm eingekehrt waren, und sagte daher zum Kalifen: »O Fürst der Gläubigen! Ibrahim ist in der vergangenen Woche zu mir gekommen und hat mir gesagt, er wünsche, bei dem Leben des Fürsten der Gläubigen und bei meinem Leben, seinen Kindern eine Freude zu machen und ersuche mich daher, ihm vom Kalifen die Erlaubnis zu erwirken, das Beschneidungsfest im Bilderpalast zu feiern. Ich sagte ihm: Geh und halte dein Fest, wenn ich vor den Kalifen komme, will ich es ihm melden; nun, o Fürst der Gläubigen, habe ich aber, da er mich alsbald wieder verließ, vergessen, dich von seinem Anliegen in Kenntnis zu setzen.« — »Djafar«, erwiderte der Kalif, »zuerst glaubte ich dich nur eines Fehlers schuldig, nach dem aber, was du mir soeben gesagt, hast du zwei Fehler begangen. Erstens, daß du mir nichts gesagt hast; dein zweiter Fehler aber ist, daß du nicht den Wunsch Ibrahims erfüllt hast: denn ich bin überzeugt, daß er keine andere Absicht gehabt hat, als zu sehen, ob er nicht ein Gnadengeschenk als Beisteuer zu den Kosten dieses Festes erlangen könnte und du hast ihm nichts gegeben.« »Auch daran habe ich nicht gedacht«, erwiderte Djafar. Da schwor der Kalif bei dem Grabe seiner edlen Väter und Ahnen, den Rest der Nacht in Gesellschaft Ibrahims zuzubringen, »er hat ohne Zweifel die Scheichs und die Derwische zu sich geladen für diese Nacht, vielleicht wird das Gebet eines derselben uns Glück in dieser und jener Welt bringen, für sie wird auch meine Anwesenheit gute Folge haben und Scheich Ibrahim wird sehr vergnügt sein.« Der Vezier Djafar stellte ihm vor, daß es schon spät sei und die Gesellschaft auseinander gegangen sein würde, bevor sie hinkämen. Der Kalif erwiderte ihm aber: »Es bleibt dabei: ich will es so haben!« Djafar geriet in die höchste Verzweiflung über diesen Entschluß; er schwieg und wußte nicht, was er tun sollte.

      Der Kalif Harun Arraschid verließ also, im Gewande eines Kaufmanns, mit dem Großvezier Djafar und Masrur seinen Palast und ging durch die Straßen der Stadt nach dem Garten. Als sie dahin gekommen waren, ging der Kalif voran und fand die Gartentür offen. Der Kalif erstaunte darüber und sagte zu dem Großvezier: »Djafar, was sagst du, daß das Tor so spät offen steht? Das ist doch nicht Scheich Ibrahims Gewohnheit.« Der Kalif trat in den Garten und ging auf den Saal zu. Als sie davor standen, sagte der Kalif zu dem Vezier: »Djafar, ich höre weder das Geräusch von einer großen Gesellschaft, noch vernehme ich einen Fakir, der Gott priese. Ehe ich hinaufgehe, will ich doch zuvor verborgen lauschen, was sie treiben.« Damit blickte er um sich her und gewahrte einen hohen Nußbaum in der Nähe. Nachdem er ihn genauer betrachtet hatte, sprach er zu Djafar: »Ich habe Lust, auf diesen Baum zu steigen, dessen Äste gerade nahe genug bis an die Fenster des Saales reichen, um sehen zu können, was im Inneren desselben vorgeht.«

      Er stieg hierauf auf den Baum und kletterte so lange fort, bis er auf einen Ast kam, welcher einem Fenster gegenüber war. Er setzte sich darauf nieder


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