Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

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Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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die Tage in ihrer Reihenfolge her bis Donnerstag, ebenso die zwölf Monate des Jahres. Voll Freude darüber rief der König aus: »Gelobt sei Gott für dein Wohl, mein Sohn! Du Hund von einem Vezier! da siehst du, daß er den Verstand nicht verloren hat; wohl aber wird es bei dir nicht ganz richtig sein.« Der Vezier schüttelte den Kopf und dachte: Warte nur ein wenig, du wirst‘s schon noch erfahren.

      Endlich sagte der König zu dem Prinzen: »Mein Sohn, sage mir doch, was für eine Bewandtnis es mit dem Mädchen hat, welches diese Nacht bei dir geschlafen haben soll.« — »Mein Vater«, antwortete Kamr essaman, »ich beschwöre dich bei Gott, meinen Verdruß über diesen Gegenstand nicht noch zu vermehren; beeile dich, sie mir zur Gattin zu geben.«

      Der König Schah Seman versetzte: »Besinne dich doch, und der Name Gottes schütze dich und bewahre deinen Verstand und deine Jugend! Bei dem erhabenen Gott, ich weiß nicht das geringste von dem Mädchen, von welchem du redest. Gewiß warst du gestern Abend in einem aufgeregten Zustand und hast im Traum ein Mädchen gesehen, drum nimm deine Zuflucht zu Gott vor dem Satan!« — »Mein Herr und Vater«, versetzte der Prinz, »lasse solche Reden! ich will dir beweisen, daß das, was ich sage, kein Traum, sondern wirklich und wahrhaftig ist. Hat je in seinem Leben einer geträumt, er sei im Gefecht und kämpfe, und hat beim Erwachen ein bluttriefendes Schwert gefunden?« — »Nein, mein Sohn«, antwortete der König, »das ist nie der Fall gewesene — »Nun«, fuhr Kamr essaman fort, »ich träumte gestern gegen Mitternacht, ich sei wach, und fand ein Mädchen an meiner Seite, helleuchtend wie der Mond und mir gleich an Jugend und Gestalt. Ich wollte sie küssen, fürchtete aber, du möchtest dich irgendwo versteckt haben, um uns zu belauschen. Ich hielt daher an mich, nahm aber doch ein Andenken von ihr.« Auf die Frage seines Vaters, worin dieses Andenken bestehe, zog er den Ring vom Finger und überreichte denselben seinem Vater.

      Der König rief in höchstem Erstaunen aus: »Ich stehe in Gottes Hand und wende mich zu ihm: ich begreife nicht, wie hier jemand hat eindringen können.« Da sagte Kamr essaman: »Bei Gott, mein Vater, wenn du mir nicht bald dieses Mädchen bringst, sterbe ich vor Verzweiflung.« Darauf sprach er folgende Verse:

      »Wollt ihr euer Versprechen, mich zu besuchen, nicht in Wirklichkeit halten, so erscheint mir wenigstens im Traume, denn ihr habt am Trennungstage in meinem Herzen eine brennende Flamme zurückgelassen. Doch hat ein Traumbild je einen Menschen besucht, den der Schlaf flieht? Meine Neider werden sich an meinem Zustande freuen, und während ich früher ein Beneideter war, bin ich jetzt ein Verschmähter.«

      Dann fuhr er fort: »Mein Vater, meine Leidenschaft ist schon so heftig, daß ich mich nicht stark genug fühle, ihr zu widerstehen.« Der König schlug die Hände übereinander und rief aus: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei dem erhabenen Gott! Ich weiß kein Mittel, deinen Wunsch zu erfüllen.« Indem er dies sprach, faßte er den Prinzen bei der Hand und führte ihn wieder in den Palast, wo derselbe liebeskrank wurde und sich zu Bette legte. Der König setzte sich ihm zu Häupten und trauerte mehrere Tage mit ihm, ohne weder bei Tag oder bei Nacht von seiner Seite zu weichen, bis endlich der Vezier eines Morgens kam und ihm vorstellte, daß sein ganzes Heer und sein Volk über seine Zurückgezogenheit zu murren anfange. »Meine Meinung ist daher«, fuhr er fort, »den Prinzen nach dem inneren Schlosse mit Aussicht auf das Meer zu bringen und zwei Tage in der Woche den Regierungsangelegenheiten zu widmen. Die übrigen Tage bringst du dann bei deinem Sohne zu, bis Gott helfen wird.« Der König Schah Seman billigte diesen Rat, begab sich zu dem Prinzen in das innere Schloß, das mitten im Meere lag, zu welchem ein 500 Ellen langer Damm führte. Das Schloß hatte 40 Fenster nach dem Meere hin, der Boden war mit farbigem Marmor gepflastert, in die Wände waren die kostbarsten Steine eingelegt, die Decke war mit den verschiedenartigsten Malereien geschmückt, Es war mit seidenen Teppichen, Ruhebetten, Vorhängen und Polstern versehen. Der König verließ den Prinzen nur an den beiden Tagen, welche für die Besorgung der Staatsgeschäfte bestimmt waren. Die übrige Zeit brachte er an dem Bette Kamr essamans zu, der wenig aß und schlief und bald sehr mager und blaß wurde.

      So viel, was Kamr essaman angeht. Was die Prinzessin Bedur betrifft, so hatten die Genien sie wieder in ihren Palast zurückgebracht und aufs Bett gelegt. Am Morgen beim Erwachen setzte sich die Prinzessin aufrecht und blickte rechts und links; als sie aber ihren Geliebten nicht fand, geriet sie in die äußerste Unruhe und rief ihren Sklavinnen mit so lauter Stimme, daß diese schleunig herbeiliefen und ihr Bett umgaben. Die älteste von ihnen näherte sich und fragte:

      »Meine Gebieterin, was ist dir geschehen?« — »Sage mir«, sprach die Prinzessin, »wo ist der Jüngling hingekommen, den ich von ganzem Herzen liebe, mit schwarzen Augen und zusammenlaufenden Augenbrauen?« — »Gebieterin!« antwortete die Alte in höchstem Erstaunen, »was soll diese Rede bedeuten?« — »Wisset«, fuhr die Prinzessin fort, »ein schöner Jüngling hat diese Nacht bei mir geschlafen, und ich habe ihn vom Abend bis zum Morgen in meinen Armen gehalten.« — »Bei Gott! meine Herrin«, versetzte die Sklavin, »du willst uns sicherlich nur zum besten haben. Aber spaße nicht: denn nach Mutwillen und Scherz kommt der Tod. Ich bin ein altes Weib und stehe am Rande des Grabes; soll ich noch vor der Zeit sterben?« — »Du verdammte Alte«, erwiderte Bedur; »du willst meiner spotten.«

      Die Prinzessin fiel hierauf über die Alte her, warf sie zu Boden und schlug sie, bis sie in Ohnmacht fiel. Als sie wieder zu sich kam, begab sie sich zu der Mutter der Prinzessin und erzählte ihr, was sich zwischen ihr und der Prinzessin zugetragen. Dann fuhr sie fort: »Eile zu deiner Tochter, denn sie ist von Sinnen.« Die Königin eilte zur Prinzessin. Nachdem sie sich gegenseitig begrüßt hatten, ließ sich die Königin neben ihrer Tochter auf den Divan nieder und erkundigte sich nach ihrem Befinden und nach dem Sinne ihrer an die Sklavin gerichteten Worte. »O meine Mutter«, antwortete die Prinzessin, »du willst mich auch verspotten; aber ich erkläre, daß ich eher keine Ruhe haben werde, als bis der liebenswürdige Jüngling, der die verflossene Nacht bei mir geschlafen hat, mein Gemahl ist.« Zugleich sprach sie folgende Verse eines Dichters:

      »Ach, wie wunderbar war seine Schönheit! und doch ist seine Schönheit nur ein geringer Teil seiner Eigenschaften. In allen seinen Bewegungen liegt ein Zauber.«

      »Wenn jemand zu dem Monde sagte: Rühme dich! so würde er sprechen: Ich verdanke meinen Glanz den Tulpen seiner Wangen.«

      »Wie der Punkt im Buchstaben, so entsage ich ihm doch nicht, möge ihm Gott auch diese als Tugenden anrechnen.«

      »Ich hörte nicht auf, von der Zeit zu fordern, daß sie mich mit ihm vereinige, und er in meine Nähe komme; allein sich fern zu halten, scheint ihm eigen zu sein.«

      »Ich verzieh dem Schicksal all seine Ungerechtigkeit, als es ihn zu mir führte, und warf einen Schleier über all seine Unbilden.«

      »In fester Umarmung haben wir die Nacht zugebracht: trunken war er von meinen Liebkosungen und ich von dem Becher seines Mundes.«

      »Ich drückte ihn fest an mich, wie ein Geiziger seinen Reichtum hält, aus Furcht, es möchte mir eine von seinen Schönheiten geraubt werden.«

      »Ich hielt ihn in meinen Armen, als wäre er eine Gazelle, von der ich besorgte, sie möchte mir entfliehen.«

      »Wehe dir, meine Tochter!« erwiderte die Königin, »was sollen diese Reden bedeuten?« Die Prinzessin rief: Verruchte Alte! Der König, mein Vater, sucht schon lange mich zur Vermählung zu bewegen, als ich keine Lust dazu hatte: jetzt ist mir diese Lust gekommen, und ich will durchaus den Jüngling, der vergangene Nacht bei mir war, zum Gatten haben, oder ich bringe mich um.«

      Die Königin sprach: »Es ist kein Mann zu dir hereingekommen.« Die Prinzessin aber fiel über sie her, schnitt ihr die Haare ab und schlug sie, wobei sie immer wiederholte: »Du lügst, du weißt es, sage mir, wo mein Geliebter ist!« Die Königin rief: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei dem erhabenen Gott!« machte sich mit Hilfe der Sklavinnen von Bedur los und eilte fort zum König. Dieser war eben vom Bett aufgestanden, als die Königin eintrat und ihm zurief: »Stehe auf, geh zu deiner Tochter, denn sie ist wahnsinnig geworden.« Der König machte sich auf und begab sich zu der Prinzessin. Er grüßte sie, und Bedur erwiderte seinen Gruß und küßte ihm die Hand. Hierauf fragte der König: »Meine Tochter, welche Reden habe ich von deiner Mutter hören müssen?«


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