Die Jungfrau von Orleans. Friedrich von Schiller

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Die Jungfrau von Orleans - Friedrich von Schiller


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abgingst. Diesen Morgen

      Streckt' ihn ein Schuß aus Orleans zu Boden,

      Als er von Turm La Tournelle niedersaß.

      – Du lachst, weil ich Entferntes dir verkünde?

      Nicht meiner Rede, deinen Augen glaube!

      Begegnen wird dir seiner Leiche Zug,

      Wenn deine Füße dich zurücketragen!

      Jetzt Herold, sprich und sage deinen Auftrag.

      HEROLD. Wenn du Verborgnes zu enthüllen weißt,

      So kennst du ihn, noch eh ich dir ihn sage.

      JOHANNA. Ich brauch ihn nicht zu wissen, aber du

      Vernimm den meinen jetzt! und diese Worte

      Verkündige den Fürsten, die dich sandten!

      – König von England, und ihr, Herzoge

      Bedford und Gloster, die das Reich verwesen!

      Gebt Rechenschaft dem Könige des Himmels

      Von wegen des vergoßnen Blutes! Gebt

      Heraus die Schlüssel alle von den Städten,

      Die ihr bezwungen wider göttlich Recht,

      Die Jungfrau kommt vom Könige des Himmels,

      Euch Frieden zu bieten oder blutgen Krieg.

      Wählt! Denn das sag ich euch, damit ihre wisset,

      Euch ist das schöne Frankreich nicht beschieden

      Vom Sohne der Maria – sondern Karl

      Mein Herr und Dauphin, dem es Gott gegeben,

      Wird königlich einziehen zu Paris,

      Von allen Großen seines Reichs begleitet.

      – Jetzt Herold, geh und mach dich eilends fort,

      Denn eh du noch das Lager magst erreichen,

      Und Botschaft bringen, ist die Jungfrau dort,

      Und pflanzt in Orleans das Siegeszeichen.

      (Sie geht, alles setzt sich in Bewegung, der Vorhang fällt)

      ZWEITER AUFZUG

      Gegend von Felsen begrenzt

      Erster Auftritt

      Talbot und Lionel, englische Heerführer. Philipp Herzog von

      Burgund. Ritter Fastolf und Chatillon mit Soldaten und Fahnen

      TALBOT. Hier unter diesen Felsen lasset uns

      Haltmachen und ein festes Lager schlagen,

      Ob wir vielleicht die tüchtgen Völker wieder sammeln,

      Die in dem ersten Schrecken sich zerstreut.

      Stellt gute Wachen aus, besetzt die Höhn!

      Zwar sichert uns die Nacht vor der Verfolgung,

      Und wenn der Gegner nicht auch Flügel hat,

      So fürcht ich keinen Überfall. – Dennoch

      Bedarfs der Vorsicht, denn wir haben es

      Mit einem kecken Feind und sind geschlagen.

      (Ritter Fastolf geht ab mit den Soldaten)

      LIONEL. Geschlagen! Feldherr, nennt das Wort nicht mehr.

      Ich darf es mir nicht denken, daß der Franke

      Des Engelländers Rücken heut gesehn.

      – O Orleans! Orleans! Grab unsers Ruhms!

      Auf deinen Feldern liegt die Ehre Englands.

      Beschimpfend lächerliche Niederlage!

      Wer wird es glauben in der künftgen Zeit!

      Die Sieger bei Poitiers, Crequi

      Und Azincourt gejagt von einem Weibe!

      BURGUND. Das muß uns trösten. Wir sind nicht von Menschen

      Besiegt, wir sind vom Teufel überwunden.

      TALBOT. Vom Teufel unsrer Narrheit – Wie, Burgund?

      Schreckt dies Gespenst des Pöbels auch die Fürsten?

      Der Aberglaube ist ein schlechter Mantel

      Für Eure Feigheit – Eure Völker Hohn zuerst.

      BURGUND. Niemand hielt stand. Das Fliehn war allgemein.

      TALBOT. Nein, Herr! Auf Eurem Flügel fing es an.

      Ihr stürztet Euch in unser Lager, schreiend:

      "Die Höll ist los, der Satan kämpft für Frankreich!"

      Und brachtet so die Unsern in Verwirrung.

      LIONEL. Ihr könnts nicht leugnen. Euer Flügel wich zuerst.

      BURGUND. Weil dort der erste Angriff war.

      TALBOT. Das Mädchen kannte unsers Lagers Blöße,

      Sie wußte, wo die Furcht zu finden war.

      BURGUND. Wie? Soll Burgund die Schuld des Unglücks tragen?

      LIONEL. Wir Engelländer, waren wir allein,

      Bei Gott! Wir hätten Orleans nicht verloren!

      BURGUND. Nein – denn ihr hättet Orleans nie gesehn!

      Wer bahnte euch den Weg in dieses Reich,

      Reicht' euch die treue Freundeshand, als ihr

      An diese feindlich fremde Küste stieget?

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