Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Dritter Teil. Theodor Fontane

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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Dritter Teil - Theodor Fontane


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2) Das Kloster habe den Quitzowschen Knechten auf seinen, des Klosters, Gütern jedes Einlager verweigert und die Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht.

      • 3) Endlich, das Kloster habe dabei beharrt, die Havel bei Schloß Plaue als sein Eigentum anzusehen, während sie doch ihnen, den Quitzows, als den zeitigen Besitzern von Schloß Plaue gehöre, denn weil das Wasser bei dem Schlosse sei, so müßte es auch zu dem Schlosse gehören, und führe das Schloß nicht umsonst den Namen „Schloß Plaue an der Havel“.

      Abt Heinrich erwiderte auf alle Anklagepunkte in würdiger Weise, alle seine Aussagen urkundlich belegend. Er wies aus den Schenkungsurkunden und verbrieften Gerechtsamen des Klosters nach, daß sie, Abt und Mönche, erstens ihre Güter „in aller Freiheit“ besäßen und niemals Landschoß zu zahlen gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach verbrieften Gerechtsamen gehöre, keine Herren, keine Lehnsträger, Ritter oder Knechte, wider Willen aufnehmen zu müssen, und daß sie drittens die Havel bei Plaue seit so langer Zeit als Eigentum besäßen, „daß niemand dessen anders gedenken möge“.

      Dieser dritte Punkt, weil es sich dabei um eine Eigentumsfrage handelt, die den praktischen Leuten des Mittelalters immer die Hauptsache war, bekümmerte den Abt nun ganz besonders. Da man sich nicht einigen konnte, wurden Schiedsrichter vorgeschlagen, wobei Hennig von Stechow und Hennig von Gröben als Abgesandte oder Mandatare der Quitzows auftraten. Das Recht des Klosters indessen war zu klar, als daß die eigenen Vertrauensmänner (Stechow und Gröben) der Gegenpartei es hätten übersehen oder umdeuten können, und so beschworen sie den Hans von Quitzow, „daß er um Gottes und seiner eigenen Seligkeit willen mit dem Abte nicht hadern und das Kloster samt seinen Gütern und Besitzungen nicht anfechten möge“. Aber die Quitzows – die vielleicht aus politisch-strategischen Gründen in dieser Frage besonders hartnäckig waren – beharrten auf ihrer Forderung und das Kloster mußte schließlich nicht nur auf sein Flußrecht Verzicht leisten, sondern auch noch weitere hundert Mark Silber zahlen, um sich guter Nachbarschaft und der Wohlgewogenheit der mächtigen Familie zu versichern.

      Diese Nachgiebigkeit und die damit verknüpften Schädigungen mögen dem Kloster schwer genug angekommen sein; nachdem die Opfer aber einmal gebracht und mittelst derselben die Freundschaft und die guten Dienste der alles vermögenden Quitzow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der Politik des Klosters, diese Freundschaft zu pflegen und dadurch den eignen Vorteil nach Möglichkeit zu fördern. Die Niederlage blieb unvergessen, aber so lange kein Stärkerer da war, um diese Niederlage zu rächen, wurde das Joch in Klugheit und Ergebenheit getragen.

       Aber dieser Stärkere kam endlich, und ob es nun wieder nur die alte Klosterklugheit war, die in dem Nürnberger Burggrafen sofort den Stärkeren erkannte, oder ob in diesem Falle der heimliche Groll mitwirkte, der all die Jahre über, unter der Maske guter Freundschaft, gegen die Quitzows unterhalten worden war, – gleichviel, kaum daß der erste Hohenzoller ernstlich Miene machte, eine eigene Macht zu etablieren und den Übermut seiner Widersacher zu demütigen, so sehen wir auch schon Kloster Lehnin unter den Hülfstruppen des neuen Landesherrn, der, anders eingreifend als wie all die Statthalter und Hauptleute vor ihm, in acht Tagen die vier Quitzow-Burgen und mit ihren Burgen auch ihr Ansehen brach. Die Klosterleute von Lehnin lagen, samt den Bürgern von Beelitz, Jüterbog und Treuenbrietzen, vor Schloß Beuthen und warteten, wie berichtet wird, die Ankunft „der großen Büchse“, der sogenannten faulen Grete, ab. Ihr kriegerisches Verdienst scheint also, dieser Andeutung nach zu schließen, kein besonders hervorragendes gewesen zu sein und lediglich in einem geduldigen und möglichst gesicherten Davorstehen bestanden zu haben.

      Schwerlich empfanden Abt und Konvent einen Gram darüber. Es lag ihnen nicht an Kriegsruhm, sondern, wie immer, lediglich an Mehrung und Förderung der Klosterinteressen, an wachsendem Besitz und – guter Nachbarschaft. Diese gute Nachbarschaft hatte Lehnin, das mit den Rochows grenzte, ein halbes Jahrhundert schmerzlich vermissen müssen. Jetzt traf es sich, daß der Ausgang des Quitzow-Streits unserm Kloster erwünschte Gelegenheit bot, sich auch dieser „guten Nachbarschaft“ auf lange Zeit hin zu versichern. In Burg Golzow (dem alten Rochow-Sitz, in der Nähe Lehnins) war Wichard von Rochow, der treue Anhänger der Quitzows, gefangen genommen worden. Durch Vermittelung des Abtes, der allen Groll zur rechten Zeit zu vergessen wußte, ward ihm jetzt, dem Wichard, allerdings erst nach Abtretung Potsdams an den Kurfürsten, die Freiheit und – Schloß Golzow zurückgegeben. Beide Teile, der Kurfürst und die Rochows wußten es dem Vermittler Dank, und dem Kloster waren zwei Freunde gewonnen. —

      Abt Heinrich Stich starb wahrscheinlich um 1432.

      Abt Arnold (etwa von 1456-1467)

      Die Amtsführung des Abtes Heinrich von 1399 bis etwa um 1432 war in eine unruhige Zeit gefallen, und wir sehen all die Zeit über das Kloster in seinen Verwickelungen nach außen; die Regierung des Abtes Arnold fällt in friedlichere Tage, und die Urkunden, aus jener Zeit her, gönnen uns ausschließlich wieder einen Einblick in innere Streitigkeiten. Sie berichten über Zerwürfnisse, die an die Zustände unter Abt Hermann erinnern, wie wir dieselben, in vorstehendem, nach den Aussagen „Dietrichs von Ruppin“ geschildert haben. Hier wie dort begegnen wir Parteiungen und einem siegreichen Auftreten der Majorität, nur mit dem Unterschiede, daß sich Abt Hermann, in seinem Terrorismus, auf die Majorität des Konventes stützte, während Abt Arnold gegen diese Majorität ankämpfte und in diesem Kampfe unterlag.

      Die Urkunden aus der etwa zehnjährigen Zeit seiner Verwaltung sind ziemlich zahlreich und sprechen nicht gegen den Abt. Streitigkeiten werden geschlichtet, Vergleiche getroffen, Ländereien empfangen oder ausgegeben – nirgends erhellt aus ihnen ein Zerwürfnis zwischen Abt und Konvent. So verlaufen anscheinend die Dinge, bis wir, gleich aus den ersten Urkunden, die in die Regierungszeit seines Nachfolgers fallen, in Erfahrung bringen, daß Abt Arnold „wegen unstatthafter Veräußerung von Klostergütern“ abgesetzt und Prior Gallus an seiner Statt ernannt worden sei. Wir erfahren ferner, daß inzwischen das Kloster Altenberg den Arnoldus zum Abte gewählt, und dieser letztere, von seinem jetzigen, dem Altenberger Kloster aus, eine heftige Schmähschrift (libellum infamiae) gegen den Prior und die Mönche von Kloster Lehnin gerichtet, diese Schmähschrift auch zugleich als Anklageschrift beim Generalkapitel in Cîteaux eingereicht hatte.

      Diese Anklageschrift nun, von dem ehemaligen Abte des angeklagten Klosters ausgehend, scheint, wie begreiflich, ihre Wirkung auf das Generalkapitel nicht verfehlt zu haben, und so sehen wir denn im März 1469 die Äbte von Heilsbronn und Erbach als ernannte Untersuchungs-Kommissarien in Lehnin eintreffen. Aber gleichzeitig mit ihnen treffen auch, als Zeugen in der Sache zur Begutachtung vorgeladen, die Äbte dreier märkischer Klöster, von Zinna, Chorin und Himmelpfort ein und bezeugen durch ihre Aussage, daß Abt Arnold in der Tat willkürlich das Klostergut veräußert und somit die Absetzung seitens des Klosterkonvents (der sich dabei lediglich innerhalb seiner Befugnisse gehalten) durchaus verdient habe. „Was seine Schmähungen aber gegen die sittliche Führung des Klosters angehe, dem er so lange vorgestanden, so treffe ihn – selbst wenn diese Schmähungen begründet sein sollten – die Hauptverantwortlichkeit, da es in zehnjähriger Führung seine Aufgabe gewesen sein würde, diesem Verfall der Sitte zu steuern.“ Auch der Kurfürst Friedrich der Eiserne, in einem an die Kommissarien gerichteten Briefe, nimmt Partei für den Konvent gegen den abgesetzten Abt, und so sehen wir denn, ohne daß ein urkundliches Urteil der Kommissare in dieser Streitsache vorläge, den neuen Abt in seinem Amte verbleiben, – eine Tatsache, die genugsam spricht. Über den Inhalt der Schmähschrift des „libellum infamiae“ erfahren wir nichts; es wird ein Verzeichnis der alten Klostersünden gewesen sein, wie sie entweder überall vorkamen oder doch überall berichtet wurden.

      Wenn nun einerseits diese Absetzung Abt Arnolds und seine darauf geschriebene Schmähschrift abermals dartun, daß die Tage Kloster Lehnins durchaus nicht so stillidyllisch verliefen, wie wohl jezuweilen berichtet worden ist, so gewähren uns andrerseits die betreffenden Urkunden noch ein besonderes Interesse dadurch, daß sie die Frage in uns anregen: wer war dieser Abt Arnold? welchen Charakters? war er im Recht oder im Unrecht? Freilich nur wenige Anhaltepunkte


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