Der Parasit, oder, die Kunst sein Glück zu machen. Friedrich von Schiller

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Der Parasit, oder, die Kunst sein Glück zu machen - Friedrich von Schiller


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noch viel mehr aber, um einen Andern für mich betteln zu lassen. – Sorgen Sie also nur für sich selbst! Sie haben Freunde genug; es wird sich jeder gern für Sie verwenden.

      La Roche. Ihr wollt also Beide meine Dienste nicht? – Liegt nichts dran! Ich mache euer Glück, ihr mögt es wollen oder nicht! (Er geht ab.)

      Firmin. Er ist ein Narr; aber ein guter, und sein Unfall geht mir zu

      Herzen.

      Karl. Auch mich bedauern Sie, mein Vater! Ich bin unglücklicher, als er! Ich werde meine Charlotte verlieren!

      Firmin. Ich höre kommen – Es ist der Minister mit seiner Mutter – Laß uns gehen! – Ich will auch den Schein vermeiden, als ob ich mich ihm in den Weg gestellt hätte. (Gehen ab.)

      Dritter Auftritt.

      Narbonne. Madame Belmont.

      Mad. Belmont. War Herr Selicour schon bei dir?

      Narbonne. Ich hab' ihn heute noch nicht gesehen!

      Mad. Belmont. Das mußt du doch gestehen, mein Sohn, daß du einen wahren Schatz in diesem Manne besitzest.

      Narbonne. Er scheint sehr brav in seinem Fach. Und da ich mich einmal von meinem ländlichen Aufenthalt in diese große Stadt und in einen so schwierigen Posten versetzt sehe, wo es mit der Bücherweisheit keineswegs gethan ist. So muß ich's für ein großes Glück achten, daß ich einem Manne, wie Selicour, begegnete.

      Mad. Belmont. Der alles versteht – dem nichts fremd ist! Geschmack und Kenntniß – die geistreichste Unterhaltung, die angenehmsten Talente. – Musik, Malerei, Verse, man frage, wonach man will, er ist in allem zu Hause.

      Narbonne. Nun, und meine Tochter?

      Mad. Belmont. Gut, daß du mich darauf bringst. Sie hat ihre siebzehn Jahre; sie hat Augen; dieser Selicour hat so viele Vorzüge. – Und er ist galant! Sein Ausdruck belebt sich in ihrer Gegenwart. – O es ist mir nicht entgangen! Diese Delikatesse, diese zarten Aufmerksamkeiten, die er ihr beweist, sind nur einen kleinen Schritt weit von der Liebe!

      Narbonne. Nun, es wäre keine üble Partie für unser Kind! Ich sehe nicht auf die zufälligen Vorzüge der Geburt; hab' ich nicht selbst meinen Weg von unten auf gemacht? Und dieser Selicour kann es mit seinem Geist, seinen Kenntnissen, seiner Rechtschaffenheit noch weit bringen. Ich habe selbst schon bei einem ehrenvollen Posten, wozu man einen tüchtigen und würdigen Mann sucht, an ihn gedacht. – Nun! Ich will seine Fähigkeiten prüfen – zeigt er sich, wie ich nicht zweifle, eines solchen Postens würdig, und weiß er meiner Tochter zu gefallen, so werde ich ihn mit Freuden zu meinem Sohn annehmen.

      Mad. Belmont. Das ist mein einziger Wunsch! Er ist ein gar zu artiger, gefälliger, allerliebster Mann!

      Vierter Auftritt.

      Vorige. Charlotte.

      Charlotte. Guten Morgen, lieber Vater!

      Narbonne. Sieh da, mein Mädchen! – Nun, wie gefällt dir die große

      Stadt?

      Charlotte. Ach, ich wünsche mich doch wieder aufs Land hinaus – denn hier muß ich die Zeit abpassen, um meinen Vater zu sehen.

      Narbonne. Ja, ich selbst vermisse meine redlichen Landleute. Mit ihnen scherzte ich und war fröhlich – doch das hoffe ich auch hier zu bleiben. – Mein Posten soll meine Gemüthsart nicht verändern; man kann ein Geschäftsmann sein, und doch seine gute Laune behalten.

      Mad. Belmont. Mich entzückt dieser Aufenthalt. Ich – ich bin hier wie im Himmel. Mit aller Welt schon bin ich bekannt – alles kommt mir entgegen – und Herr Selicour wollte mich bei dem Lycée abonnieren.

      Charlotte. Denken Sie, Großmama, wen ich heute geglaubt habe zu sehen! —

      Mad. Belmont. Wen denn?

      Charlotte. Den jungen Offizier —

      Mad. Belmont. Welchen Offizier?

      Charlotte. Den jungen Karl Firmin —

      Mad. Belmont. Der zu Colmar alle Abende zu deiner Tante kam —

      Charlotte. Der sich immer mit Ihnen unterhielt —

      Mad. Belmont. Ein artiger junger Mensch!

      Charlotte. Nicht wahr, Großmama?

      Mad. Belmont. Der auch so hübsche Verse machte?

      Charlotte. Ja, ja, der!

      Mad. Belmont. Nun, da er hier ist, wird er sich auch wohl bei uns melden.

      Narbonne. Wo doch der Selicour bleibt? Er läßt diesmal auf sich warten!

      Mad. Belmont. Da kommt er eben!

      Fünfter Auftritt.

      Selicour zu den Vorigen.

      Selicour (alles bekomplimentierend). Ganz zum Entzücken find' ich

      Sie alle hier beisammen!

      Narbonne. Guten Morgen, lieber Selicour!

      Selicour (zu Narbonne, Papiere übergebend). Hier überbringe ich den bewußten Aufsatz – ich hielt's für dienlich, ein paar Zeilen zur Erläuterung beizufügen.

      Narbonne. Vortrefflich!

      Selicour (der Madame ein Billet übergebend). Der gnädigen Frau habe ich für das neue Stück eine Loge besprochen.

      Mad. Belmont. Allerliebst!

      Selicour. Dem gnädigen Fräulein bring' ich diesen moralischen Roman.

      Charlotte. Sie haben ihn doch gelesen, Herr Selicour?

      Selicour. Das erste Bändchen, ja, hab' ich flüchtig durchgeblättert.

      Charlotte. Nun, und —

      Selicour. Sie werden eine rührende Scene darin finden. – Ein unglücklicher Vater – eine ausgeartete Tochter! – Eltern hilflos, im Stich gelassen von undankbaren Kindern! – Gräuel, die ich nicht fasse – davon ich mir keinen Begriff machen kann! – Denn wiegt wohl die ganze Dankbarkeit unsers Lebens die Sorgen auf, die sie unserer hilflosen Kindheit beweisen?

      Mad. Belmont. In alles, was er sagt, weiß der würdige Mann doch etwas Delicates zu legen!

      Selicour (zu Narbonne). In unsern Bureaux ist eben jetzt ein Chef nöthig. – Der Platz ist von Bedeutung, und Viele bewerben sich darum.

      Narbonne. Auf Sie verlass' ich mich, Sie werden die Ansprüche eines

      Jeden zu prüfen wissen – die Dienstjahre, der Eifer, die Fähigkeit und vor allen die Rechtschaffenheit sind in Betrachtung zu ziehen. —

      Aber ich vergesse, daß ich zu unterzeichnen habe. Ich gehe!

      Selicour. Und ich will auch gleich an meine Geschäfte!

      Narbonne. Ich bitte Sie recht sehr, erwarten Sie mich hier, wir haben mit einander zu reden!

      Selicour. Aber ich hätte vor Tische noch so Mancherlei auszufertigen.

      Narbonne. Bleiben Sie, oder kommen Sie schleunigst wieder! Ich habe

      Ihre Gegenwart nöthig! Ein Mann von Ihrer Kenntniß, von Ihrer

      Rechtschaffenheit ist's, was ich gerade brauche! Kommen Sie ja bald zurück! – Ich hab' es gut mit Ihnen vor. (Er geht ab.)

      Sechster Auftritt.

      Vorige ohne Narbonne.

      Mad. Belmont. Sie können sich gar nicht vorstellen, Herr Selicour, wie große Stücke mein Sohn auf Sie hält! – Aber ich hätte zu thun, dächt' ich. – Unsre Verwandten, unsre Freunde speisen diesen Abend hier. – Wird man Sie auch sehen, Herr Selicour?

      Selicour. Wenn anders meine vielen Geschäfte —

      Mad. Belmont. Daß Sie nur ja nicht ausbleiben, sonst würde unserm

      Fest seine Krone fehlen. Sie sind die Seele unsrer Gesellschaft! —

      Und Charlotte, wollte ich wohl wetten, würde es recht sehr übel nehmen, wenn Sie nicht kämen.

      Charlotte. Ich, Mama? Nun ja! Ihre und


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