Das Schloß. Франц Кафка

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Das Schloß - Франц Кафка


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mich nur dadurch", sagte K., "daß ich einen Einblick in das lächerliche Gewirre bekomme, welches unter Umständen über die Existenz eines Menschen entscheidet."

      "Sie haben noch keinen Einblick bekommen", sagte ernst der Vorsteher, "und ich kann Ihnen weiter erzählen. Von unserer Antwort war natürlich ein Sordini nicht befriedigt. Ich bewundere den Mann, obwohl er für mich eine Qual ist. Er mißtraut nämlich jedem, auch wenn er zum Beispiel irgend jemanden bei unzähligen Gelegenheiten als den vertrauenswürdigsten Menschen kennengelernt hat, mißtraut er ihm bei der nächsten Gelegenheit, wie wenn er ihn gar nicht kennte oder richtiger, wie wenn er ihn als Lumpen kennte. Ich halte das für richtig, ein Beamter muß so vorgehen; leider kann ich diesen Grundsatz meiner Natur nach nicht befolgen, Sie sehen ja, wie ich Ihnen, einem Fremden, alles offen vorlege, ich kann eben nicht anders. Sordini dagegen faßte unserer Antwort gegenüber sofort Mißtrauen. Es entwickelte sich nun eine große Korrespondenz. Sordini fragte, warum es mir plötzlich eingefallen sei, daß kein Landvermesser berufen werden solle; ich antwortete mit Hilfe von Mizzis ausgezeichnetem Gedächtnis, daß doch die erste Anregung von Amts wegen ausgegangen sei (daß es sich um eine andere Abteilung handelte, hatten wir natürlich schon längst vergessen); Sordini dagegen: warum ich diese amtliche Zuschrift erst jetzt erwähne; ich wiederum: weil ich mich erst jetzt an sie erinnert habe; Sordini: das sei sehr merkwürdig; ich: das sei gar nicht merkwürdig bei einer so lange sich hinziehenden Angelegenheit; Sordini: es sei doch merkwürdig, denn die Zuschrift, an die ich mich erinnert habe, existiere nicht; ich: natürlich existiere sie nicht, weil der ganze Akt verlorengegangen sei; Sordini: es müßte aber doch ein Vermerk hinsichtlich jener ersten Zuschrift bestehen, der aber bestehe nicht. Da stockte ich, denn daß in Sordinis Abteilung ein Fehler unterlaufen sei, wagte ich weder zu behaupten noch zu glauben. Sie machen vielleicht, Herr Landvermesser, Sordini in Gedanken den Vorwurf, daß ihn die Rücksicht auf meine Behauptung wenigstens dazu hätte bewegen sollen, sich bei anderen Abteilungen nach der Sache zu erkundigen. Gerade das aber wäre unrichtig gewesen, ich will nicht, daß an diesem Manne auch nur in Ihren Gedanken ein Makel bleibt. Es ist ein Arbeitsgrundsatz der Behörde, daß mit Fehlermöglichkeiten überhaupt nicht gerechnet wird. Dieser Grundsatz ist berechtigt durch die vorzügliche Organisation des Ganzen, und er ist notwendig, wenn äußerste Schnelligkeit der Erledigung erreicht werden soll. Sordini durfte sich also bei anderen Abteilungen gar nicht erkundigen, übrigens hätten ihm diese Abteilungen gar nicht geantwortet, weil sie gleich gemerkt hätten, daß es sich um Ausforschung einer Fehlermöglichkeit handle."

      "Erlauben Sie, Herr Vorsteher, daß ich Sie mit einer Frage unterbreche", sagte K., "erwähnten Sie nicht früher einmal eine Kontrollbehörde? Die Wirtschaft ist ja nach Ihrer Darstellung eine derartige, daß einem bei der Vorstellung, die Kontrolle könnte ausbleiben, übel wird."

      "Sie sind sehr streng", sagte der Vorsteher. "Aber vertausendfachen Sie Ihre Strenge, und sie wird noch immer nichts sein, verglichen mit der Strenge, welche die Behörde gegen sich selbst anwendet. Nur ein völlig Fremder kann Ihre Frage stellen. Ob es Kontrollbehörden gibt? Es gibt nur Kontrollbehörden. Freilich, sie sind nicht dazu bestimmt, Fehler im groben Wortsinn herauszufinden, denn Fehler kommen ja nicht vor, und selbst, wenn einmal ein Fehler vorkommt, wie in Ihrem Fall, wer darf denn endgültig sagen, daß es ein Fehler ist."

      "Das wäre etwas völlig Neues!" rief K.

      "Mir ist es etwas sehr Altes", sagte der Vorsteher. "Ich bin nicht viel anders als Sie selbst davon überzeugt, daß ein Fehler vorgekommen ist, und Sordini ist infolge der Verzweiflung darüber schwer erkrankt, und die ersten Kontrollämter, denen wir die Aufdeckung der Fehlerquelle verdanken, erkennen hier auch den Fehler. Aber wer darf behaupten, daß die zweiten Kontrollämter ebenso urteilen und auch die dritten und weiterhin die anderen?"

      "Mag sein", sagte K., "in solche Überlegungen will ich mich doch lieber nicht einmischen, auch höre ich ja zum erstenmal von diesen Kontrollämtern und kann sie natürlich noch nicht verstehen. Nur glaube ich, daß hier zweierlei unterschieden werden müsse: nämlich erstens das, was innerhalb der Ämter vorgeht und was dann wieder amtlich so oder so aufgefaßt werden kann, und zweitens meine wirkliche Person, ich, der ich außerhalb der Ämter stehe und dem von den Ämtern eine Beeinträchtigung droht, die so unsinnig wäre, daß ich noch immer an den Ernst der Gefahr nicht glauben kann. Für das erstere gilt wahrscheinlich das, was Sie, Herr Vorsteher, mit so verblüffender, außerordentlicher Sachkenntnis erzählen, nur möchte ich aber dann auch ein Wort über mich hören."

      "Ich komme auch dazu", sagte der Vorsteher, "doch könnten Sie es nicht verstehen, wenn ich nicht noch einiges vorausschickte. Schon daß ich jetzt die Kontrollämter erwähnte, war verfrüht. Ich kehre also zu den Unstimmigkeiten mit Sordini zurück. Wie erwähnt, ließ meine Abwehr allmählich nach. Wenn aber Sordini auch nur den geringsten Vorteil gegenüber irgend jemandem in Händen hat, hat er schon gesiegt, denn nun erhöht sich noch seine Aufmerksamkeit, Energie, Geistesgegenwart; und er ist für den Angegriffenen ein schrecklicher, für die Feinde des Angegriffenen ein herrlicher Anblick. Nur weil ich in anderen Fällen auch dieses letztere erlebt habe, kann ich so von ihm erzählen, wie ich es tue. Übrigens ist es mir noch nie gelungen, ihn mit Augen zu sehen, er kann nicht herunterkommen, er ist zu sehr mit Arbeit überhäuft, sein Zimmer ist mir so geschildert worden, daß alle Wände mit Säulen von großen, aufeinandergestapelten Aktenbündeln verdeckt sind, es sind dies nur Akten, die Sordini gerade in Arbeit hat, und da immerfort den Bündeln Akten entnommen und eingefügt werden und alles in großer Eile geschieht, stürzen diese Säulen immerfort zusammen, und gerade dieses fortwährende, kurz aufeinanderfolgende Krachen ist für Sordinis Arbeitszimmer bezeichnend geworden. Nun ja, Sordini ist ein Arbeiter, und dem kleinsten Fall widmet er die gleiche Sorgfalt wie dem größten."

      "Sie nennen, Herr Vorsteher", sagte K., "meinen Fall immer einen der kleinsten, und doch hat er viele Beamte sehr beschäftigt, und wenn er vielleicht auch anfangs sehr klein war, so ist er doch durch den Eifer von Beamten von Herrn Sordinis Art zu einem großen Fall geworden. Leider, und sehr gegen meinen Willen, denn mein Ehrgeiz geht nicht dahin, große, mich betreffende Aktensäulen entstehen und zusammenkrachen zu lassen, sondern als kleiner Landvermesser bei einem kleinen Zeichentisch ruhig zu arbeiten.

      "Nein", sagte der Vorsteher, "es ist kein großer Fall. In dieser Hinsicht haben Sie keinen Grund zur Klage, es ist einer der kleinsten Fälle unter den kleinen. Der Umfang der Arbeit bestimmt nicht den Rang des Falles, Sie sind noch weit entfernt vom Verständnis für die Behörde, wenn Sie das glauben. Aber selbst wenn es auf den Umfang der Arbeit ankäme, wäre Ihr Fall einer der geringsten, die gewöhnlichen Fälle, also jene ohne sogenannte Fehler, geben noch viel mehr und freilich auch viel ergiebigere Arbeit. Übrigens wissen Sie ja noch gar nichts von der eigentlichen Arbeit, die Ihr Fall verursachte, von der will ich ja erst erzählen. Zunächst ließ mich nun Sordini aus dem Spiel, aber seine Beamten kamen, täglich fanden protokollarische Verhöre angesehener Gemeindemitglieder im Herrenhof statt. Die meisten hielten zu mir, nur einige wurden stutzig; die Frage der Landvermessung geht einem Bauern nahe, sie witterten irgendwelche geheime Verabredungen und Ungerechtigkeiten, fanden überdies einen Führer, und Sordini mußte aus ihren Angaben die Überzeugung gewinnen, daß, wenn ich die Frage im Gemeinderat vorgebracht hätte, nicht alle gegen die Berufung eines Landvermessers gewesen wären. So wurde eine Selbstverständlichkeit – daß nämlich kein Landvermesser nötig ist – immerhin zumindest fragwürdig gemacht. Besonders zeichnete sich hierbei ein gewisser Brunswick aus – Sie kennen ihn wohl nicht –, er ist vielleicht nicht schlecht, aber dumm und phantastisch, er ist ein Schwager von Lasemann."

      "Vom Gerbermeister?" fragte K. und beschrieb den Vollbärtigen, den er bei Lasemann gesehen hatte.

      "Ja, das ist er", sagte der Vorsteher.

      "Ich kenne auch seine Frau", sagte K., ein wenig aufs Geratewohl.

      "Das ist möglich", sagte der Vorsteher und verstummte.

      "Sie ist schön", sagte K., "aber ein wenig bleich und kränklich. Sie stammt wohl aus dem Schloß?" Das war halb fragend gesagt.

      Der Vorsteher sah auf die Uhr, goß Medizin auf einen Löffel und schluckte sie hastig.

      "Sie kennen im Schloß wohl nur die Büroeinrichtungen?" fragte K. grob.

      "Ja", sagte der Vorsteher mit einem ironischen und doch dankbaren Lächeln.


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