Триумфальная арка / Arc de Triomphe. Эрих Мария Ремарк

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Триумфальная арка / Arc de Triomphe - Эрих Мария Ремарк


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Bad zu fragen. Gut, bleiben wir hier. Zwei verlorene Seelen im November. Sie nehmen das Bett. Wir brauchen noch ein paar Sachen, Kissen, Decke und so was.»

      «Ich kann klingeln.» «Das kann ich auch.» Ravic suchte nach dem Knopf. «Besser, ein Mann macht das.»

      Der Portier kam schnell. Er hatte eine zweite Kognakflasche in der Hand. «Sie überschätzen uns», sagte Ravic. «Herzlichen Dank. Wir gehören zur Nachkriegsgeneration. Eine Decke, ein Kissen und etwas Leinen. Ich muß hier schlafen. Zu kalt und zu viel Regen draußen. Ich bin gerade zwei Tage aus dem Bett nach einer schweren Lungenentzündung. Können Sie das machen?»

      «Selbstverständlich, mein Herr. Dachte mir schon so etwas.»

      «Gut.» Ravic zündete sich eine Zigarette an.

      «Ich werde auf den Korridor gehen. Schuhe ansehen vor den Türen. Ein alter Sport von mir. Ich laufe nicht weg», sagte er, als er den Blick von Joan Madou sah. « Ich lasse meinen Mantel nicht im Stich.»

      Der Portier kam mit den Sachen. Er stoppte, als er Ravic im Korridor stehen sah. «Das findet man selten», sagte er.

      «Ich tue das auch selten. Nur an Geburtstagen und Weihnachten. Geben Sie mir die Sachen. Ich nehme sie mit hinein. Was ist denn das da?»

      «Eine Wärmflasche. Wegen Ihrer Lungenentzündung.»

      «Danke. Aber ich wärme meine Lungen mit Kognak.» Ravic zog ein paar Scheine aus der Tasche.

      «Mein Herr, Sie haben sicher keine Pyjamas. Ich kann Ihnen ein Paar geben.»

      «Danke, Bruder.» Ravic sah den Alten an. «Sie würden mir sicher zu klein sein.»

      «Im Gegenteil. Sie werden Ihnen passen. Es sind ganz neue. Ein Amerikaner hat sie mir einmal geschenkt. Dem hatte sie eine Dame geschenkt. Ich trage so etwas nicht. Ich trage Nachthemden. Sie sind ganz neu, mein Herr.»

      «Gut, bringen Sie sie herauf. Wir können sie ja mal ansehen.» Ravic wartete im Korridor.

      Der Portier brachte die Pyjamas. Sie waren Prachtstükke. Die Pyjamas waren neu. Sie waren sogar noch in dem Karton des Magazin du Louvre, in dem sie gekauft waren. «Schade», sagte Ravic. «Ich hätte gern die Dame gesehen, die sie ausgesucht hat.»

      «Sie können sie haben für diese Nacht. Sie brauchen sie nicht zu kaufen, mein Herr.Freut mich, daß Sie Ihnen gefallen. Gute Nacht, mein Herr. »

      «Wecken Sie mich um halb acht. Klopfen Sie nur leise an. Ich höre es schon. – Gute Nacht.»

      «Sehen Sie », sagte Ravic zu Joan Madou und zeigte die Pyjamas. «Ein Kostüm für einen Weihnachtsmann. Dieser Portier ist ein Zauberer. Ich werde die Sachen sogar anziehen. Er ordnete die Decken auf der Chaiselongue. Es war ihm gleichgültig, wo er schlief, in seinem Hotel oder hier. Er goß ein Glas voll und stellte die Flasche auf den Boden. «Salute!»

      «Salute! Und danke!»

      «Das ist in Ordnung. Ich hatte ohnehin nicht viel Lust, durch den Regen zu gehen.»

      «Regnet es noch?»

      «Ja.»

      Das leise Klopfen kam von draußen durch die Stille.

      «Gute Nacht zum Trinken.»

      «Ja – und eine schlechte, allein zu sein.»

      Ravic schwieg eine Weile.

      «Daran haben wir uns alle gewöhnen müssen», sagte er dann.

      «Warum bleiben Sie in Paris, wenn Sie niemand hier kennen?» fragte Ravic. Er fühlte, daß er schläfrig wurde.

      «Ich weiß nicht. Wohin soll ich sonst gehen?»

      «Haben Sie nichts, wohin Sie zurückgehen können?»

      «Nein. Man kann auch nirgendwohin zurückgehen.»

      «Weshalb sind Sie nach Paris gekommen?» fragte Ravic.

      Joan Madou antwortete nicht. Er glaubte schon, sie sei eingeschlafen. «Raczinsky und ich kamen nach Paris, weil wir uns trennen wollten», sagte sie dann. Ravic hörte es, ohne überrascht zu sein.

      «Warum waren Sie dann so verzweifelt?» fragte Ravic.

      «Weil er tot war! Tot! Plötzlich nicht mehr da!» Weil er dich allein gelassen hat, bevor du dafür bereit warst.

      Ravic wollte schlafen. Morgen mußte er operieren. Dies alles ging ihn nichts mehr an. Er stellte das leere Glas auf den Boden neben die Flasche.

      6

      Lucienne Martinet saß am Fenster, als Ravic hereinkam. «Wie ist das» fragte er, «so zum erstenmal aus dem Bett zu sein?»

      Das Mädchen sah ihn an und dann hinaus in den grauen Nachmittag und wieder zurück zu ihm. «Kein gutes Wetter heute», sagte er.

      «Doch», erwiderte sie. «Für mich schon.»

      «Warum?»

      «Weil ich nicht ’raus muß.»

      Sie saß in ihrem Sessel, einen billigen baumwollenen Kimono um die Schultern gezogen, ein schmales, unansehnliches Wesen mit schlechten Zähnen – aber für Ravic war sie im Augenblick schöner als Trojas Helena. Sie war ein Stück Leben, das er mit seinen Händen gerettet hatte. Es war nichts, um besonders stolz zu sein; eine hatte er kurz vorher verloren. Die nächste verlor er vielleicht wieder; und am Ende verlor man sie alle und sich selbst auch. Aber diese hier war für den Augenblick gerettet.

      Sie blickte durch das Fenster. «Schade, daß es nicht mehr regnet. Gestern war es besser. Da regnete es in Strömen.» Ravic setzte sich ihr gegenüber auf die Fensterbank. Merkwürdig, dachte er. Man erwartet immer, Menschen müßten glücklich sein, wenn sie am Leben geblieben sind. Sie sind es fast nie. Diese hier ist es auch nicht. Ein kleines Wunder ist geschehen, und alles, was sie daran interessiert, ist, daß sie nicht durch den Regen gehen muß. «Wie sind Sie gerade hierher, in die Klinik, gekommen, Lucienne?» fragte er.

      Sie sah ihn vorsichtig an. «Eine Bekannte hat es mir gesagt.»

      «Was für eine Bekannte?»

      Das Mädchen antwortete nicht sofort.

      «Eine Bekannte, die auch hier war. Ich habe sie hierhergebracht, bis vor die Tür.»

      «Wann war das?»

      «Eine Woche bevor ich kam.»

      «War es die, die während der Operation gestorben ist?»

      «Ja.»

      «Und trotzdem sind Sie hierhergekommen?»

      «Ja», sagte Lucienne gleichgültig. «Warum nicht?»

      Ravic sagte nicht, was er sagen wollte. Er sah das kleine kalte Gesicht an, das einmal weich gewesen war und das das Leben so rasch hart gemacht hatte. «Waren Sie vorher auch bei derselben Hebamme?» fragte er.

      Lucienne antwortete nicht. «Oder bei demselben Arzt? Sie können es mir ruhig sagen. Ich weiß ja nicht, wer es ist.»

      «Marie war zuerst da. Eine Woche früher. Zehn Tage früher.»

      «Und Sie sind später hingegangen, trotzdem Sie wußten, was Marie passiert war?»

      Lucienne hob die Schultern. «Was sollte ich machen? Ich mußte es riskieren. Ein Kind … was sollte ich mit einem Kind?» Sie sah aus dem Fenster. «Wie lange muß ich noch hierbleiben, Doktor?»

      «Ungefähr zwei Wochen.»

      «Zwei Wochen noch?»

      «Das ist nicht lange. Warum?»

      «Es kostet und kostet…»

      «Vielleicht können wir es ein paar Tage früher machen.»

      «Glauben Sie, daß ich es abzahlen kann? Ich habe nicht genug Geld. Es ist teuer, jeden Tag dreißig Frank.»

      «Wer hat Ihnen denn das gesagt?»

      «Die Schwester.»

      «Welche? Eugenie, natürlich …»

      «Ja. Sie sagte,


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