Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.. Томас Бабингтон Маколей
Читать онлайн книгу.ihnen nicht von ihrem commandirenden Offizier auf das Bestimmteste anbefohlen war. Es würde mit der Subordination, ohne die eine Armee der schlimmste Pöbelhaufen ist, vorbei sein, wenn jeder Soldat für die Gerechtigkeit jedes Befehls, in dessen Befolgung er sein Gewehr abfeuert, verantwortlich sein sollte. Der Fall in Glencoe war allerdings ein extremer Fall; aber im Prinzip dürfte er schwer von Fällen zu unterscheiden sein, wie sie im Kriege ganz gewöhnlich sind. Grausame militärische Executionen sind zuweilen unerläßlich; die Humanität selbst kann sie gebieten. Wer hat zu entscheiden, ob ein Fall vorliegt, der Strenge zur wahren Barmherzigkeit macht? Wer hat zu bestimmen, ob es nothwendig ist oder nicht, eine blühende Stadt in Asche zu legen, eine zahlreiche Schaar von Meuterern zu decimiren, eine ganze Räuberbande zu erschießen? Lastet die Verantwortlichkeit auf dem commandirenden Offizier oder auf dem Gliede, dem er befiehlt, sich fertig zu machen, anzulegen und Feuer zu geben? Und wenn es die allgemeine Regel ist, daß die Verantwortlichkeit auf dem commandirenden Offizier und nicht auf Denen lastet, die ihm gehorchen, läßt sich dann ein Grund dafür angeben, den Fall von Glencoe für eine Ausnahme von dieser Regel zu erklären? Es ist bemerkenswerth, daß kein Mitglied des schottischen Parlaments darauf antrug, einen der Gemeinen von Argyle’s Regiment wegen Mordes in Anklagestand zu versetzen. Jedem unter dem Range des Sergeanten Stehenden wurde völlige Straflosigkeit gewährt. Doch nach welchem Prinzip? Wenn der militärische Gehorsam keine haltbare Entschuldigung war, so war gewiß jeder Mann, der in jener fürchterlichen Nacht einen Macdonald erschoß, ein Mörder. Und wenn der militärische Gehorsam ein haltbarer Entschuldigungsgrund für den Musketier war, der auf Befehl des Sergeanten Barbour handelte, warum dann nicht auch für Barbour, der auf Befehl Glenlyon’s handelte? Und warum nicht auch für Glenlyon, der auf Befehl Hamilton’s handelte? Es kann wohl schwerlich behauptet werden, daß der Gemeine seinem Unteroffizier mehr Gehorsam schulde als der Unteroffizier seinem Hauptmanne oder der Hauptmann seinem Obersten.
Man kann behaupten, die Glenlyon ertheilten Befehle seien so absonderlicher Art gewesen, daß, wenn er ein tugendhafter Mensch gewesen wäre, er eher seine Stellung in die Schanze geschlagen, sich dem Mißfallen des Obersten, des Generals und des Staatssekretärs ausgesetzt und die schwerste Strafe, die ein Kriegsgericht über ihn verhängen konnte, auf sich genommen, als die ihm gegebene Ordre vollzogen haben würde, und dies ist vollkommen wahr; aber es handelt sich nicht darum, ob er als tugendhafter Mensch verfuhr, sondern ob er etwas that, weswegen er, ohne eine für die militärische Disciplin und für die Sicherheit der Nationen wesentliche Regel zu verletzen, als Mörder gehängt werden konnte. In jenem Falle war Ungehorsam sicherlich eine moralische Pflicht, aber es folgt daraus noch nicht, daß Gehorsam ein legales Verbrechen war.
Es scheint daher, daß die Schuld Glenlyon’s und seiner Kameraden nicht innerhalb der Sphäre des Strafgesetzes lag. Die einzige Strafe, welche geeignetermaßen über sie verhängt wenden konnte, war die, welche Kain zu dem Ausrufe veranlaßte, daß sie größer sei, als er sie ertragen könne: auf der Erde umherzuirren und überall ein Zeichen mit sich herumzutragen, von dem selbst schlechte Menschen sich schaudernd abwendeten.
Nicht so war es mit dem Master von Stair. Er war sowohl von der Untersuchungscommission als von den Ständen des Reichs in vollem Parlamente feierlich für den ersten Urheber des Gemetzels erklärt worden. Daß es nicht rathsam war, an seinen Werkzeugen ein Exempel zu statuiren, war der stärkste Grund, ein solches an ihm zu statuiren. Jedes Argument, das gegen die Bestrafung des Soldaten geltend gemacht werden kann, der die Befehle seines Vorgesetzten ausführt, ist ein Grund, den Vorgesetzten, welcher ungerechte und unmenschliche Befehle giebt, nach der äußersten Strenge des Gesetzes zu bestrafen. Wo unten keine Verantwortlichkeit sein kann, da muß oben doppelte Verantwortlichkeit sein. Was das schottische Parlament einstimmig hätte verlangen sollen, war, nicht daß ein armer unwissender Sergeant, der für das blutige Werk, das er gethan, kaum verantwortlicher war als seine Hellebarde, gehängt, sondern daß der eigentliche Mörder, der klügste, beredtsamste und mächtigste aller schottischen Staatsmänner, vor ein öffentliches Gericht gestellt werden und, wenn er schuldig befunden würde, den Tod eines Verbrechers sterben sollte. Nichts Geringeres als ein solches Opfer konnte ein solches Verbrechen sühnen. Leider machten die Stände, indem sie die Schuld des Hauptverbrechers milderten und zu gleicher Zeit verlangten, daß seine geringen Werkzeuge mit einer gesetzwidrigen Strenge bestraft werden sollten, den Flecken, den das Gemetzel auf der Ehre der Nation zurückgelassen, größer und tiefer als er vorher gewesen.
Auch der König ist von einer großen Pflichtverletzung unmöglich freizusprechen. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, daß er, bevor er den Bericht seiner Commissare erhielt, über die Umstände des Gemetzels nur sehr unvollkommen unterrichtet war. Wir können schwerlich annehmen, daß er viel jakobitische Pamphlets zu lesen pflegte, und wenn er sie gelesen hätte, würde er darin eine solche Masse absurder und gehässiger Schmähungen gegen seine Person gefunden haben, daß er sehr wenig geneigt gewesen wäre, irgend eine der Beschuldigungen zu glauben, die sie auf seine Diener wälzten. Er würde sich in der einen Schrift beschuldigt gesehen haben, ein verkappter Papist zu sein, in einer andren, Jeffreys’ im Tower vergiftet zu haben, in einer dritten, es darauf angefangen zu haben, daß Talmash bei Brest umkommen mußte. Er würde die Behauptung gefunden haben, daß er einmal in Irland fünfzig Mann von seinen verwundeten englischen Soldaten habe lebendig verbrennen lassen. Er würde gesehen haben, daß man die unwandelbare Zuneigung, die er von seinem Knabenalter bis zu seinem Tode für einige der bravsten und zuverlässigsten Freunde gehegt, die je ein Fürst zu besitzen das Glück hatte, zu einem Grunde machte, um ihm so empörende Abscheulichkeiten zur Last zu legen, wie sie in den Fluthen des todten Meeres begraben sind. Es war daher ganz natürlich, wenn er Anstand nahm, entsetzliche Beschuldigungen zu glauben, welche Schriftsteller, die er als gewohnheitsmäßige Lügner kannte, gegen einen Staatsmann erhoben, dessen Talente er hochschätzte und dessen Bemühungen er bei einigen wichtigen Anlässen viel zu danken gehabt hatte. Nachdem er aber die ihm durch Tweedale von Edinburg übersendeten Actenstücke gelesen, konnte er an der Schuld des Masters von Stair nicht im Geringsten mehr zweifeln. Diese schwere Schuld mit einer exemplarischen Strafe heimzusuchen, war die heilige Pflicht eines Souverains, der mit zum Himmel erhobener Hand geschworen hatte, daß er in seinem Königreiche Schottland in allen Klassen und Ständen jeder Unterdrückung steuern und Gerechtigkeit üben wolle ohne Ansehen der Person, so wie er auf Gnade hoffe von dem Vater aller Gnade. Wilhelm begnügte sich damit, den Master von Stair seines Amtes zu entheben. Diesen großen Fehler, einen Fehler, der die Höhe eines Verbrechens erreichte, versuchte Burnet zwar nicht zu vertheidigen, aber doch zu entschuldigen. Er wollte uns glauben machen, daß der König, als er mit Schrecken gewahrte, wie viele Personen bei dem Gemetzel von Glencoe betheiligt gewesen waren, es für besser hielt, eine allgemeine Amnestie zu bewilligen, als ein Gemetzel durch ein andres zu bestrafen. Diese Darstellung ist jedoch das directe Gegentheil der Wahrheit. Es waren allerdings zahlreiche Werkzeuge bei der Schlächterei thätig gewesen, aber der Anstoß war bei ihnen Allen von einem Einzigen ausgegangen. Hoch über dem großen Haufen der Verbrecher stand ein durch Talente, Kenntnisse, Rang und Macht ausgezeichneter Verbrecher. Zur Sühne für eine Menge verrätherisch hingeschlachteter Opfer verlangte die Gerechtigkeit nur ein Opfer, und es muß jederzeit als ein Flecken auf dem Ruhme Wilhelm’s betrachtet werden, daß dem Verlangen nicht entsprochen wurde.
Am 17. Juli ward die Session des schottischen Parlaments geschlossen. Die Stände hatten freigebig eine Geldsumme bewilligt, wie sie das arme Land, das sie vertraten, geben konnte. Allerdings waren sie durch den Glauben, daß sie ein Mittel gefunden hatten, dieses arme Land schnell reich zu machen, in gute Laune versetzt worden. Ihre Aufmerksamkeit war zwischen der Untersuchung über das Gemetzel von Glencoe und einigen vielversprechenden commerciellen Projecten getheilt gewesen. In einem späteren Kapitel wird die Natur dieser Projecte erklärt und ihr Schicksal berichtet werden.
Krieg in den Niederlanden; der Marschall Villeroy
Inzwischen waren die Blicke von ganz Europa mit gespannter Erwartung auf die Niederlande gerichtet. Der große Feldherr, der bei Fleurus, bei Steenkerke und bei Landen gesiegt, hatte keinen ihm Ebenbürtigen zurückgelassen. Aber Frankreich besaß noch Marschälle, die sich für hohe Commandos sehr wohl eigneten. Catinat und Boufflers hatten bereits Beweise von Tüchtigkeit, Entschlossenheit und Eifer für die Interessen des Staats gegeben. Jeder dieser beiden ausgezeichneten Offiziere wurde ein Luxemburg’s würdiger Nachfolger und ein Wilhelm’s