Das doppelte Lottchen / Близнецы. Книга для чтения на немецком языке. Эрих Кестнер

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Das doppelte Lottchen / Близнецы. Книга для чтения на немецком языке - Эрих Кестнер


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Wagentür das zwanzigste kleine Mädchen auf. Der Chauffeur streckt bereitwillig die Arme hoch.

      Die Kleine schüttelt den Kopf.„Danke, nein!“, sagt sie höflich und klettert, ruhig und sicher, das Trittbrett herab. Unten blickt sie verlegen lächelnd in die Runde. Plötzlich macht sie große, erstaunte Augen. Sie starrt Luise an! Nun reißt auch Luise die Augen auf. Erschrocken blickt sie der Neuen ins Gesicht!

      Die anderen Kinder und Fräulein Ulrike schauen erstaunt von einer zur anderen. Der Chauffeur schiebt die Mütze nach hinten, kratzt sich am Kopf und kriegt den Mund nicht wieder zu11. Weswegen denn?

      Luise und die Neue sehen einander zum Verwechseln ähnlich!12 Zwar, eine hat lange Locken und die andere streng geflochtene Zöpfe – aber das ist auch wirklich der einzige Unterschied!

      Da dreht sich Luise um und rennt, als werde sie von Löwen und Tigern verfolgt13, in den Garten.

      „Luise!“, ruft Fräulein Ulrike. „Luise!“ Dann zuckt sie die Achseln und bringt erst einmal die zwanzig Neulinge ins Haus. Als Letzte, zögernd und unendlich verwundert, spaziert das kleine Zopfmädchen.

      Frau Muthesius, die Leiterin des Ferienheims, sitzt im Büro und berät mit der alten Köchin den Speisezettel für die nächsten Tage.

      Da klopft es. Fräulein Ulrike tritt ein und meldet, dass die Neuen gesund, munter und vollzählig eingetroffen seien. „Freut mich. Danke schön!“

      „Dann wäre noch eins…“

      „Ja?“ Die vielbeschäftigte Heimleiterin blickt kurz hoch. „Es handelt sich um Luise Palfy“, beginnt Fräulein Ulrike nicht ohne Zögern. „Sie wartet draußen vor der Tür…“

      „Herein mit dem Fratz!“14 Frau Muthesius muss lächeln. „Was hat sie denn wieder angestellt?“ „Diesmal nichts“, sagt die Helferin. „Es ist bloß…“ Sie öffnet behutsam die Tür und ruft: „Kommt herein, ihr beiden! Nur keine Angst!“ Nun treten die zwei kleinen Mädchen ins Zimmer. Weit voneinander entfernt bleiben sie stehen. Während Frau Muthesius erstaunt auf die Kinder schaut, sagt Fräulein Ulrike: „Die Neue heißt Lotte Körner und kommt aus München.“

      „Seid ihr miteinander verwandt?“

      Die zwei Mädchen schütteln unmerklich, aber überzeugt die Köpfe.

      „Sie haben einander bis zum heutigen Tage noch nie gesehen!“, meint Fräulein Ulrike. „Seltsam, nicht?“

      „Wieso seltsam?“, fragt die Köchin. „Wo doch die eine aus München stammt und die andere aus Wien?“

      Frau Muthesius sagt freundlich: „Zwei Mädchen, die einander so ähnlich schauen, werden sicher gute Freundinnen. Kommt, gebt euch die Hand!“

      „Nein!“, ruft Luise und verschränkt die Arme hinter dem Rücken.

      Frau Muthesius zuckt die Achseln, denkt nach und sagt:

      „Ihr könnt gehen.“

      Luise rennt zur Tür, reißt sie auf und stürmt hinaus. Lotte will langsam das Zimmer verlassen.

      „Noch einen Augenblick, Lottchen“, meint die Leiterin. Sie schlägt ein großes Buch auf.

      „Ich kann gleich deinen Namen eintragen. Und wann und wo du geboren bist. Und wie deine Eltern heißen.“

      „Ich hab nur noch eine Mutti“, flüstert Lotte.

      „Zuerst also dein Geburtstag!“

      Lotte geht den Korridor entlang, steigt die Treppen hinauf, öffnet eine Tür und steht im Schrankzimmer. Ihr Koffer ist noch nicht ausgepackt. Sie fängt an, ihre Kleider, Hemden, Schürzen und Strümpfe in den Schrank zu tun.

      Lotte hält die Fotografie einer jungen Frau in der Hand. Sie schaut das Bild zärtlich an und versteckt es sorgfältig unter den Schürzen. Als sie den Schrank schließen will, fällt ihr Blick auf einen Spiegel an der Innenwand der Tür. Ernst und forschend mustert sie sich, als sähe sie sich zum ersten Mal. Dann wirft sie plötzlich die Zöpfe weit nach und streicht das Haar so, dass es dem Schopf15 Luise Palfys ähnlich wird.

      Irgendwo schlägt eine Tür. Schnell, wie ertappt16, lässt Lotte die Hände sinken.

      Luise hockt mit ihren Freundinnen auf der Gartenmauer und hat eine strenge Falte über der Nasenwurzel.

      „Ich ließe mir das nicht gefallen“17, sagt Trude, ihre Klassenkameradin.“Da kommt sie frech mit deinem Gesicht daher!“

      „Was soll ich denn machen?“, fragt Luise böse.

      „Zerkratz es ihr!“, schlägt Monika vor. „Das Beste wird sein, du beißt ihr die Nase ab!“, rät Christine. „Dann bist du den ganzen Ärger mit einem Schlag los!“18 Dabei baumelt sie gemütlich mit den Beinen.

      „Einem so die Ferien zu verhunzen19!“, murmelt Luise, aufrichtig verbittert.

      „Sie kann doch nichts dafür“, erklärt die pausbäckige Steffie. „Wenn nun jemand käme und sähe wie ich aus…“20

      Trude lacht. „Du glaubst doch selber nicht, dass jemand so blöd wäre, mit deinem Kopf herumzulaufen.“21

      Steffie schmollt. Die anderen lachen. Sogar Luise verzieht das Gesicht.

      Da ertönt der Gong. Und die Mädchen springen von der Mauer herunter.

      Frau Muthesius sagt im Speisesaal zu Fräulein Ulrike: „Wir wollen unsere kleinen Dop-pelgängerinnen nebeneinander setzen. Vielleicht hilft eine Radikalkur!“

      Die Kinder strömen lärmend in den Saal. Stühle werden gerückt. Die Mädchen, die Dienst haben, tragen dampfende Terrinen zu den Tischen. Andere füllen die Teller. Fräulein Ulrike tritt hinter Luise und Trude, tippt leicht Trude auf die Schulter und sagt: „Du setzt dich neben Hilde Sturm.“

      Trude dreht sich um und will etwas antworten. „Aber…“

      „Keine Widerrede, ja?“ Trude zuckt die Achseln, steht auf und zieht unzufrieden um.

      Die Löffel klappern. Der Platz neben Luise ist leer. Erstaunlich, wie viele Blicke ein leerer Platz auf sich lenken kann.

      Dann schwenken22, wie auf Kommando, alle Blicke zur Tür. Lotte ist eingetreten.

      „Da bist du ja endlich“, sagt Fräulein Ulrike. „Komm, ich will dir deinen Platz zeigen.“ Sie bringt das stille, ernste Zopfmädchen zum Tisch. Luise blickt nicht hoch, sondern isst wütend ihre Suppe in sich hinein. Lotte setzt sich folgsam neben Luise und greift zum Löffel, obwohl ihr der Hals wie zugeschnürt ist23.

      Die anderen kleinen Mädchen schielen hingerissen zu dem merkwürdigen Paar hinüber. Ein Kalb mit zwei bis drei Köpfen könnte nicht interessanter sein. Der dicken, pausbäckigen Steffie steht vor lauter Spannung24 der Mund offen.

      Luise kann sich nicht länger bezähmen. Und sie will’s auch gar nicht. Mit aller Kraft tritt sie unterm Tisch auf Lottes Fuß!

      Lotte zuckt vor Schmerz zusammen und presst die Lippen fest aufeinander.

      Am Tisch der Erwachsenen sagt die Helferin Gerda kopfschüttelnd: „Es ist nicht zu fassen! Zwei wildfremde Mädchen und eine solche Ähnlichkeit!“

      Frau


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<p>11</p>

kriegt den Mund nicht wieder zu – и стоит с открытым ртом

<p>12</p>

sehen zum Verwechseln ähnlich – похожи как две капли воды, так что можно перепутать

<p>13</p>

als werde sie von Tigern verfolgt – как будто её преследуют львы и тигры

<p>14</p>

Herein mit dem Fratz! – Пусть войдёт озорница!

<p>15</p>

der Schopf – вихор, чёлка

<p>16</p>

wie ertappt – как будто её застигли на месте преступления

<p>17</p>

Ich ließe mir das nicht gefallen – Я бы не стала это терпеть.

<p>18</p>

Dann bist du den ganzen Ärger mit einem Schlag los! – Таким образом, ты сразу избавишься от всех неприятностей!

<p>19</p>

verhunzen – испортить

<p>20</p>

Wenn nun jemand käme und sähe wie ich aus… – Если бы кто-то приехал и выглядел бы так, как я…

<p>21</p>

Du glaubst doch selber nicht, dass jemand so blöd wäre, mit deinem Kopf herumzulaufen. – Неужели ты думаешь, что найдётся такой дурак, кто захочет разгуливать с твоей головой?

<p>22</p>

alle Blicke schwenken zur Tür – все взгляды обращаются на дверь

<p>23</p>

der Hals ist wie zugeschnürt – в горле ком стоит

<p>24</p>

vor lauter Spannung – от любопытства