Agent Null . Джек Марс
Читать онлайн книгу.werde ein falsches Skype Konto einrichten“, sagte Maya, „unter einem anderen Namen. Du wirst wissen, welchen. Ich werde es nur von Hotelcomputern aus prüfen. Wenn du uns kontaktieren musst, schicke uns eine Nachricht.“
Reid verstand sofort. Er fühlte eine Welle des Stolzes über sich kommen; sie war so schlau und in einer Drucksituation so viel cooler, als er jemals gehofft hatte.
„Dad?“
„Ja“, sagte er. „Das ist gut. Pass auf deine Schwester auf. Ich muss los …“
„Ich hab dich auch lieb“, sagte Maya.
Er beendete den Anruf. Dann schniefte er. Wieder kam der dringende Instinkt in ihm hoch, zu ihnen nach Hause zu rennen, sie in Sicherheit zu bringen, alles zu packen, was sie konnten und irgendwohin wegzugehen.
Aber er konnte es nicht tun. Was auch immer es war, wer auch immer hinter ihm her war, hatte ihn bereits einmal gefunden. Er hatte sehr viel Glück gehabt, dass sie nicht hinter seinen Mädchen her waren. Vielleicht wussten sie nichts von den Kindern. Das nächste Mal, wenn es ein nächstes Mal gäbe, hätte er vielleicht nicht soviel Glück.
Reid öffnete das Handy, zog die SIM-Karte heraus und zerbrach sie in zwei Teile. Er ließ die Stücke in einen Gully fallen. Als er weiter die Straße entlanglief, warf er die Batterie in einen Mülleimer und die beiden Telefonhälften in einen anderen.
Er wusste, dass er in die ungefähre Richtung der Rue de Stalingrad lief, obwohl er keine Ahnung hatte, was er tun würde, wenn er dort ankam. Sein Gehirn schrie ihn an, die Richtung zu wechseln, irgendwo anders hinzugehen. Aber eine Selbstsicherheit in seinem Unterbewusstsein zwang ihn weiterzugehen.
Seine Entführer hatten ihn gefragt, was er von ihren „Plänen“ wusste. Die Orte, nach denen sie ihn gefragt hatten, Zagreb, Madrid, und Teheran, mussten miteinander verbunden sein und sie hatten ganz klar etwas mit den Männern zu tun, die ihn entführt hatten. Was auch immer diese Visionen waren – er weigerte sich noch immer, sie als etwas anderes anzuerkennen –, sie enthielten Wissen über etwas, das entweder geschehen war oder noch geschehen würde. Wissen, das er nicht kannte. Und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr spürte er das quälende Gefühl von Dringlichkeit.
Nein, es war mehr als das. Es fühlte sich wie eine Verpflichtung an.
Seine Entführer schienen gewillt gewesen zu sein, ihn für sein Wissen langsam zu töten. Und er hatte das Gefühl, dass, wenn er nicht herausfand, was das war und was er angeblich wissen sollte, noch mehr Menschen sterben würden.
„Monsieur.“ Reid wurde von einer matronenhaften Frau mit einem Schal aus seinen Gedanken gerissen, die sanft seinen Arm berührte. „Sie bluten“, sagte sie auf Englisch und zeigte auf ihre eigene Augenbraue.
„Oh. Merci.“ Er berührte mit zwei Fingern seine rechte Augenbraue. Ein kleiner Schnitt hatte den Verband durchnässt und ein Tropfen Blut lief über sein Gesicht. „Ich muss eine Apotheke finden“, murmelte er laut.
Dann atmete er tief durch, als ihm ein Gedanke kam: es gab eine Apotheke zwei Häuserblocks entfernt. Er war nie drin gewesen – jedenfalls nicht zu seinem eigenen vertrauensunwürdigen Wissen –, aber er wusste es einfach, genauso wie er den Weg zu Pap’s Feinkostladen kannte.
Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Die anderen Visionen waren alle instinktiv gewesen und wurden durch äußere Reize hervorgerufen; Anblicke, Geräusche oder sogar Düfte. Dieses Mal gab es keine dazugehörige Vision. Es war ein schlichtes Wissen, genauso wie er wusste, wo er an jeder Straßenkreuzung langlaufen musste. So, wie er gewusst hatte, wie man die Beretta lädt.
Er traf eine Entscheidung, bevor die Ampel grün wurde. Er würde zu diesem Treffen gehen und so viele Informationen sammeln, wie er konnte. Dann würde er sich entscheiden, was er damit tun würde – vielleicht musste er es den Behörden melden und sie würden ihn bezüglich der vier Männer im Keller freisprechen. Die Polizei die Festnahmen machen lassen, während er nach Hause zu seinen Kindern zurückkehrte.
In der Drogerie kaufte er eine kleine Tube Sekundenkleber, eine Schachtel Pflasterzugverbände, Wattestäbchen und Make-up, das fast seinem Hautton entsprach. Er ging mit seinen Einkäufen zur Toilette und schloss die Tür hinter sich ab.
Er löste die Verbände, die er schnellstmöglich in der Wohnung in seinem Gesicht befestigt hatte und wusch das verkrustete Blut von seinen Wunden. Er benutzte die Pflasterzugverbände für die kleineren Schnitte. Für die tieferen Wunden, die normalerweise genäht werden müssten, presste er die Ränder der Haut zusammen und drückte etwas Sekundenkleber darauf, während er die Zähne fest zusammenbiss. Dann hielt er für ungefähr dreißig Sekunden den Atem an. Der Kleber brannte sehr, aber er trocknete schnell. Zum Schluss verteilte er Make-up auf den Konturen seines Gesichts, besonders auf den Verletzungen, die seine ehemaligen sadistischen Entführer verursacht hatten. Es gab keine Möglichkeit sein geschwollenes Auge und den angeschlagenen Kiefer völlig zu verstecken, aber wenigstens würden ihn so weniger Menschen auf der Straße anstarren.
Der gesamte Prozess dauerte etwa eine halbe Stunde und in dieser Zeit klopften zweimal andere Leuten an die Toilettentür (das zweite Mal schrie eine Frau auf Französisch, dass sich ihr Kind fast in die Hose machte). Beide Male rief Reid nur zurück: „Occupé!“
Als er endlich fertig war, betrachtete er sich selbst im Spiegel. Es war alles andere als perfekt, aber zumindest sah er nicht mehr so aus, als wäre er in einer unterirdischen Folterkammer geschlagen worden. Er fragte sich, ob er dunkleres Make-up hätte kaufen sollen, einen Ton, der ihn ausländischer aussehen ließ. Wusste der Anrufer, wen er treffen sollte? Würde er erkennen, wer er war – oder, ob er der war, für den sie ihn hielten? Die drei Männer, die zu seinem Haus gekommen waren, schienen sich nicht so sicher gewesen zu sein; sie hatten ihn mit einem Foto abgleichen müssen.
„Was mache ich denn?“, fragte er sich selbst. Du bereitest dich auf ein Treffen mit einem gefährlichen Verbrecher vor, der höchstwahrscheinlich ein bekannter Terrorist ist, sagte die Stimme in seinem Kopf – nicht die neue aufdringliche Stimme, sondern seine eigene, Reid Lawsons Stimme. Es war sein eigener gesunder Menschenverstand, der ihn verspottete.
Dann meldete sich die souveräne, selbstbewusste Persönlichkeit, die unter der Oberfläche verborgen lag, zu Wort. Alles wird gut, sagte sie zu ihm. Nichts, was du nicht schon einmal getan hättest. Seine Hand griff instinktiv nach dem Griff der Beretta, die an seiner Rückseite unter seiner neuen Jacke verborgen war. Du weißt all das.
Bevor er die Drogerie verließ, kaufte er noch ein paar andere Sachen: eine billige Uhr, eine Flasche Wasser und zwei Schokoriegel. Draußen auf dem Bürgersteig verschlang er beide Schokoriegel. Er war sich nicht sicher, wie viel Blut er verloren hatte und er wollte seinen Blutzuckerspiegel stabil halten. Er lehrte die ganze Wasserflasche und fragte dann einen Passanten nach der Uhrzeit. Er stellte die Uhr und legte sie an sein Handgelenk.
Es war halb sieben. Er hatte ausreichend Zeit, frühzeitig zum Treffpunkt zu gehen und sich vorzubereiten.
*
Es war schon fast dunkel, als er die Adresse erreichte, die ihm am Telefon gegeben worden war. Der Sonnenuntergang in Paris warf lange Schatten über den Boulevard. Rue de Stalingrad 187 war eine Bar im zehnten Pariser Stadtbezirk, die sich Féline nannte. Die Bar war heruntergekommen, mit übermalten Fenstern und eingerissener Fassade. Sie befand sich in einer Straße, in der es sonst nur Kunstateliers, indische Restaurants und unkonventionelle Cafés gab.
Reid hielt kurz inne, eine Hand bereits an der Tür. Wenn er eintrat, gäbe es kein Zurück mehr. Er konnte immer noch gehen. Nein, entschied er sich, das konnte er nicht. Wohin würde er gehen? Nach Hause, damit sie ihn wiederfinden würden? Und mit diesen seltsamen Visionen in seinem Kopf leben?
Er ging hinein.
Die Wände der Bar waren schwarz und rot gestrichen und mit Plakaten aus den fünfziger Jahren übersät, die grimmige Frauen, Zigarettenhalter und Silhouetten zeigten. Es war zu früh oder vielleicht zu spät, als dass dieser Ort voll