La San Felice. Александр Дюма

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La San Felice - Александр Дюма


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Virgil, ein Horaz, ein Juvenal, ein Macchiavelli, kurz eine fast vollständige Sammlung von classischen Büchern, welche sich auf die Geschichte Roms oder auf die Kriege der Römer bezogen.

      Jeder dieser Tische trug übrigens Schreibmaterialien, mit Notizen bedeckte Bogen Papier neben weißen Blättern, die ihrerseits ebenfalls beschrieben zu werden erwarteten und verriethen, daß der zeitweilige Wirth dieses Palastes sich von den Strapazen des Krieges, wenn auch nicht durch die Studien des Gelehrten, doch wenigstens durch die Lektüre des Freundes der Wissenschaften erholte.

      Diese beiden Männer waren, bis auf höchstens drei Jahr, von einem und demselben Alter, das heißt der eine zählte sechsunddreißig, der andere dreiunddreißig Jahre.

      Der ältere der beiden war gleichzeitig auch der kleinste. Er trug noch den Puder von 89, hatte den Zopf beibehalten und glänzte durch eine gewisse aristokratische Miene, welche er ohne Zweifel der außerordentlichen Sauberkeit seiner Kleidung und der Feinheit und Weiße seiner Wäsche verdankte.

      Sein schwarzes Auge war lebhaft, entschlossen und kühn, sein Bart sorgfältig rasiert, so daß weder von Schnurr- noch von Backenbart etwas zu sehen war.

      Sein Costüm war das der republikanischen Generale des Directoriums. Sein Hut, sein Säbel und seine Pistolen lagen auf einem Tische, der dem Stuhle, auf welchem er beim Schreiben zu sitzen pflegte, so nahe stand, daß er sie mit ausgestreckter Hand erreichen konnte.

      Dies war der Mann, welchen wir unsern Lesern schon oft genannt haben. Es war Jean Etienne Championnet, Obercommandant der Armee von Rom.

      Der andere, von Wuchs größer, wie wir schon bemerkt, und blond von Haar, verrieth durch die Frische seiner Gesichtsfarbe eine nordische Abstammung. Sein Auge war blau, feucht und hell, die Nase von mittlerer Größe, die Lippen schmal und das Kinn hatte jene stark hervorragende Form, welche das vorherrschende Kennzeichen der wilden Naturen, das heißt der erobernden Naturen ist.

      Dabei aber hatte seine ganze Erscheinung den Ausdruck einer Ruhe, welche nicht blos einen im Feuer unerschrockenen Soldaten, sondern auch einen General machen mußte, welcher alle Hilfsquellen in sich vereinigte, die nur eine Frucht echter Kaltblütigkeit sein können.

      Er war von irischer Familie, aber in Frankreich geboren. Anfangs hatte er in dem irländischen Corps von Dillon gedient, sich bei Jemappes ausgezeichnet, war nach der Schlacht zum Oberst ernannt worden, hatte den Herzog von Aork zu verschiedenen Malen geschlagen, im Jahre 1795 den Wahal auf dem Eise überschritten, sich an der Spitze einer Infanterie der holländischen Flotte bemächtigt, war zum Divisionsgeneral ernannt und endlich nach Rom geschickt worden, wo er eine Division unter Championnet commandirte.

      Dieser Mann war Joseph Alexander Macdonald, der später Marschall von Frankreich ward und als Herzog von Tarent starb.

      Diese beiden Männer waren für den, der sie, während sie so plauderten, angesehen hätte, zwei Soldaten, für den aber, der ihr Gespräch gehört, wären sie zwei Philosophen, zwei Archäologen, zwei Historiker gewesen.

      Es war eine Eigenthümlichkeit der französischen Revolution – und die Sache begreift sich sehr leicht, weil die Armee aus Elementen zusammengesetzt war, die allen Classen der Gesellschaft angehörten – daß sie neben einen Cartaux, einen Rossignol und einen Luckner auch einen Miollis, einen Championnet, einen Ségur, das heißt neben das materielle, rohe Element das geistige und veredelte stellte.

      »In der That, mein lieber Macdonald,« sagte Championnet, »je mehr ich diese römische Geschichte mitten in Rom und ganz besonders die dieses großen Kriegsmannes, dieses großen Redners, dieses großen Gesetzgebers, dieses großen Dichters, dieses großen Philosophen, dieses großen Politikers studiere, welchen man Cäsar nennt und dessen Commentarien der Katechismus eines Jeden sein müssen, welcher darnach trachtet, eine Armee zu commandieren, desto mehr bin ich überzeugt, daß unsere Professoren der Geschichte sich in Bezug auf das Element, welches Cäsar in Rom präsentierte, vollständig täuschen. Lucan mag immerhin zu Gunsten Catos einen der schönsten lateinischen Verse machen, welche jemals gemacht worden sind; Cäsar mein Freund, war die Humanität, Cato war nur das Recht.«

      »Und Brutus und Cassius, was waren diese?« fragte Macdonald mit dem Lächeln eines Menschen, der nur halb überzeugt ist.

      »Brutus und Cassius – Sie werden wohl gleich bis an die Decke springen, denn ich weiß, daß ich damit den Gegenstand Ihres Cultus berühre – Brutus und Cassius waren zwei theoretische Republikaner, der eine einredlicher, der andere ein falscher; eine Art Laureaten der Schule von Athen, Nachahmer des Harmodius und Aristogiton, Kurzsichtige, die nicht weiter sahen, als ihr Dolch reichte, beschränkte Köpfe, welche die von Cäsar geträumte Assimilation der Welt nicht begreifen konnten. Ich muß hinzufügen, daß wir intelligenten Republikaner Cäsar verherrlichen und seine Mörder verwünschen müssen.«

      »Das ist ein Paradoxon, welches sich vertheidigen läßt, mein lieber General; um es aber als eine Wahrheit geltend zu machen, bedürfte man auch Ihres Geistes und Ihrer Beredsamkeit.«

      »Ach, mein lieber Joseph, erinnern Sie sich unserer Promenade gestern im Museum des Capitols? Nicht ohne Grund sagte ich zu Ihnen: »Macdonald, betrachten Sie diese Büste des Brutus; Macdonald, betrachten Sie diesen Kopf Cäsar's.« Erinnern Sie sich noch beider?«

      »Ja wohl.«

      »Nun dann vergleichen Sie diese gewaltige, aber zusammengepreßte Stirn mit dem Haar, welches bis auf die Augenbrauen herabhängt, was übrigens das Kennzeichen des echten römischen Typus ist; vergleichen Sie diese dichten, zusammengezogenen Augenbrauen, welche das düstere Auge fast verhüllen, mit der breiten, offenen Stirn Cäsars, mit seinen Adleraugen.«

      »Oder Falkenaugen, occhi griffagni, wie Dante jagt.«

      »Nigris et vegetis oculis,« sagt Suetonius, »und wenn Sie erlauben, so werde ich mich an Suetonius halten, seine schwarzen, lebensvollen Augen. Begnügen wir uns daher damit, und Sie werden sehen, auf welcher Seite die Intelligenz war. Man machte Cäsar den Vorwurf, daß er den Senat für Senatoren geöffnet, die nicht einmal den Weg dahin kannten. Dies war aber sein Genie und gleichzeitig das Genie Roms, Athens, und unter Athen verstehe ich Griechenland. Athen ist nur die Colonie; sie schwärmt und jetzt nach außen an. Rom ist die Adoption; es trachtet nach dem Weltall und assimiliert es sich. Die orientalische Civilisation, Egypten, Syrien, Griechenland, Alles ist hier vorübergegangen. Die occidentalische Barbarei, Hiberien, Gallien, ja selbst Armorica, Alles wird hier vorübergehen. Die durch Karthago repräsentierte semitische Welt und Judäa leisten Rom Widerstand. Karthago wird vernichtet, die Juden werden zerstreut, die ganze Welt wird über Rom regieren, weil die ganze Welt in Rom ist. Nach einem Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius und Nero, das heißt nach den römischen Cäsaren, kommen die Flavier, die schon nur Italiener sind, dann die Antonine, welche Spanier und Gallier sind, dann Septimus, Caracalla, Heliogabalus, Alexander Severus, welche Afrikaner und Syrier sind. Erst nach dem Araber Philippus, dem Gothen Maximinius, nach Aurelianus und Probus kommen jene abgehärteten Bauern Illyriens, um sich auf den Thron zu setzen, der unter dem Hunnen Augustulus zusammenbricht, welcher in der Campagna mit einer Rente von sechstausend Pfund Gold stirbt, die ihm Odoaker, König der Heruler, ausgesetzt hatte. Alles ist um Rom herum in Trümmer gefallen, nur Rom allein steht noch. Capitoli immobile saxum.«

      »Glauben Sie nicht, daß eben dieses Gemisch von Rassen es ist, welchem die Italiener die Schwächung ihres Muthes und die Verweichlichung ihres Charakters zuzuschreiben haben?« fragte Macdonald.

      »Ach, Sie sind auch wie die Andern, mein lieber Macdonald. Sie beurtheilen den Grund nach der Oberfläche, weil die Lazzaroni feig und faul sind – vielleicht kommen wir eines Tages auch von dieser Meinung zurück – darf man daraus den Schluß ziehen, daß alle Neapolitaner feig und faul seien? Betrachten Sie einmal die beiden Exemplare, welche Neapel uns geschickt hat – Salvato Palmieri und Hector Caraffa. Kennen Sie unter allen unseren Legionen – zwei gewaltigere Persönlichkeiten? Der Unterschied, der zwischen den Italienern und uns besteht, mein lieber Joseph – und ich fürchte sehr, daß dieser Unterschied zu unserem Nachtheile laute – ist der, daß wir unsern Gewohnheiten als Unterthan treu, für einen Menschen sterben werden, während man in Italien im Allgemeinen nur für die Ideen stirbt. Die Italiener huldigen allerdings nicht wie wir dem abenteuerlichen Suchen nach zwecklosen Gefahren, aber dies


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