La San Felice. Александр Дюма

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La San Felice - Александр Дюма


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betrachtete San Felice mit derselben Aufmerksamkeit, womit er dessen Gattin angesehen. So sehr er aber bei letzterer die geheimnißvolle Spur einer aufgeregten, umruhigen Nacht gefunden, eben so sehr fand er bei ersterem die naive, heitere Ruhe der Sorglosigkeit und des Glückes.

      »Also,« sagte er zu San Felice, »es macht Ihnen Vergnügen, mich diesen Morgen zu sehen, mein lieber Chevalier?«

      Er betonte die beiden Worte: diesen Morgen mit unverkennbarer Absicht.

      – »Es macht mir stets Vergnügen, Sie zu sehen, lieber Doctor,« fuhr der Chevalier fort, »Morgens wie Abends, und Abends wie Morgens. Gerade heute Morgen aber freue ich mich mehr als je, Sie zu sehen.«

      »Warum? Sagen Sie mir das.«

      »Aus zwei Gründen. Trinken Sie doch Ihren Kaffee! Ach, was den Kaffee betrifft, so haben Sie heute allerdings Unglück, denn Luisa hat ihn nicht selbst bereitet. Die Faulenzerin ist – zu welcher Stunde glauben Sie wohl, daß sie aufgestanden ist? Rathen Sie.«

      »Fabiano!« rief Luisa erröthend.

      »Da sehen Sie, sie schämt sich selbst. Um neun Uhr ist sie aufgestanden.«

      Cirillo bemerkte Luisas Erröthen, auf welches eine tödtliche Blässe folgte.

      Ohne noch zu wissen, was der Grund dieser Aufregung war, empfand Cirillo Mitleid für die arme Frau.

      »Sie wünschten also aus zwei Gründen, mich zu sehen, mein lieber San Felice,« sagte er. »Welche waren die ?«

      »Erstens, entgegnete der Chevalier, »denken Sie sich, daß ich gestern die Epochen der Natur von dem Herrn Grafen von Buffon aus der Bibliothek des Palastes mitgebracht habe. Der Prinz hat dieses Buch heimlich kommen lassen, denn es ist von der Censur verboten, vielleicht – etwas Gewisses weiß ich natürlich nicht – vielleicht weil es nicht ganz mit der Bibel übereinstimmt.«

      »O, das wäre mir ganz gleich,« antwortete Crillo lachend, »dafern es nur mit dem gesunden Menschenverstand übereinstimmte.«

      »Ah,« rief der Chevalier, »dann glauben Sie also wohl nicht wie er, daß die Erde ein durch den Zusammenstoß mit einem Kometen losgesprengtes Stück Sonne ist?«

      »Eben so wenig als ich glaube, daß die Erzeugung der lebenden Wesen durch organische Kügelchen geschieht, was ebenfalls eine Theorie dieses Autors, und nach meiner Meinung eine nicht weniger abgeschmackte als die erste ist.«

      »Das lasse ich mir gefallen. Ich bin also nicht so unwissend, wie ich fürchtete.«

      »Sie, lieber Freund! Sie sind der gelehrteste. kenntnißreichste Mann, den ich kenne.«

      »O, o, o! mein lieber Doctor, sprechen Sie leise, damit es Niemand höre. Also die Frage ist entschieden und ich brauche mir nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Die Erde ist nicht ein Stück Sonne. Einer der beiden Punkte wäre somit aufgeklärt und da es der weniger wichtige war, so habe ich denselben vorangestellt. Den zweiten haben Sie vor Augen. Was sagen Sie zu diesem Gesicht?«

      Und er zeigte auf Luisa.

      »Dieses Gesicht ist reizend wie immer, antwortete Cirillo; nur ein wenig matt und bleich, vielleicht in Folge des Schreckens, welchen Signora in der vergangenen Nacht gehabt haben kann.«

      Der Doctor sprach die letzten Worte mit besonderem Nachdruck.

      »Was für einen Schrecken?« fragte Felice.

      Cirillo sah Luisa an.

      »Ist diese Nacht nichts vorgefallen, was Sie erschreckt hätte, Signora?« fragte er dann.

      »Nein, nichts, gar nichts, lieber Doctor,« antwortete Luisa, indem sie Cirillo einen bittenden Blick zuwarf.

      »Nun dann,« bemerkte Cirillo in leicht hingeworfenem Tone, »dann haben Sie schlecht geschlafen, weiter ist es nichts.«

      »Ja,« sagte San Felice lachend, »sie hat böse Träume gehabt und gleichwohl lag sie, als ich aus dem englischen Gesandtschaftshotel nach Hause kam, in so festem Schlafe, daß ich sie küßte, ohne daß sie davon erwacht wäre.«

      »Und zu welcher Stunde kamen Sie nach Hause zurück?«

      »Gegen halb drei Uhr.«

      »Sehr richtig«, sagte Cirillo; »da ist Alles vorüber gewesen.«

      »Was ist vorüber gewesen?«

      »Nichts,« sagte Cirillo. »Es ist blos in der vergangenen Nacht ein Mensch vor Ihrer Thür ermordet worden, weiter ist es nichts.«

      Luisa ward so bleich wie das battistene Negligé, mit welchem sie bekleidet war.

      »Aber, fuhr Cirillo fort, »da der Mord um zwölf Uhr stattgefunden, da Signora zu dieser Stunde geschlafen hat und da Sie selbst erst um halb drei Uhr nach Hause gekommen sind, so haben Sie natürlich nichts davon wissen können.«

      »Nein und Sie sind der Erste, der mir etwas davon erzählt. Unglücklicherweise ist ein Mord in den Straßen von Neapel nichts Seltenes, ganz besonders nicht in Mergellina, wo die Straßenbeleuchtung so mangelhaft ist und alle Welt um neun Uhr Abends schon im Schlafe liegt. Ach, nun verstehe ich, warum Sie heute so früh gekommen sind.«

      »Sehr richtig, mein Freund. Ich wollte wissen, ob jener Mord, welchem etwas ganz Außergewöhnliches zu Grunde zu liegen scheint, nicht, da er unter Ihren Fenstern geschehen, Störung in Ihrem Hause hervorgerufen habe.«

      »Nein, durchaus nicht. Sie sehen dies selbst. Auf welche Weise haben aber Sie denn diesen Mord erfahren?«

      »Ich ging nur wenige Augenblicke, nachdem er stattgefunden, an Ihrem Hause vorüber. Der Ermordete – es muß ein überaus starker und muthiger Mann gewesen sein – hat zwei Sbirren getödtet und zwei andere verwundet.«

      Luisa verschlang jedes Wort, welches aus dem Munde des Doctors kam. Alle jene Einzelheiten, welche man nicht vergißt, waren ihr unbekannt.

      »Wie?« fragte San Felice, indem er die Stimme senkte, »die Mörder waren Sbirren?«

      »Unter dem Commando Pasquales de Simone, antwortete Cirillo, indem er eben so leise sprach als der Chevalier.

      »Glauben Sie denn an alle diese Verleumdungen?« fragte San Felice.

      »Ich muß wohl daran glauben.«

      Cirillo faßte den Chevalier bei der Hand und führte ihn an das Fenster.

      »Sehen Sie,« sagte er, den Finger ausstreckend, »auf der andern Seite des Löwenbrunnens, an der Thür jenes Hauses, welches die Ecke des Platzes und der Straße bildet, sehen Sie dort jene zwischen vier Kerzen ausgestellte Bahre?«

      »Ja.«

      »Wohlan. Dieselbe enthält die Leiche eines der beiden verwundeten Sbirren. Er starb unter meinen Händen und hat mir, ehe er starb, noch Alles erzählt.«

      Cirillo drehte sich rasch um, um sich von der Wirkung zu überzeugen, welche die Worte, die er so eben gesprochen, auf Luisa geäußert hätten.

      Sie war aufgestanden und trocknete sich mit ihrem Tuche den Schweiß von der Stirn.

      Sie begriff recht wohl, daß diese Worte um ihretwillen gesagt worden. Die Kräfte wurden ihr untreu und sie sank mit gefalteten Händen auf ihren Stuhl nieder.

      Cirillo machte ihr durch eine Geberde bemerklich, daß auch er verstand und beruhigte sie durch einen Blick.

      »Mein lieber Chevalier, fuhr er fort, »ich freue mich, daß dies Alles in partibus geschehen, das heißt ohne daß Sie oder Signora etwas davon gesehen oder gehört haben. Da Signora aber dennoch ein wenig leidend ist, so erlauben Sie mir wohl, sie zu befragen und ihr ein kleines Recept zu schreiben. Da nun die Aerzte stets sehr indiscrete Fragen thun, da ferner die Damen in Bezug auf ihre Gesundheit gewisse verschämte Geheimnisse haben, über welche sie sich nur unter vier Augen aussprechen können, so werden Sie mir gestatten, Signora, Sie in Ihr Zimmer zu geleiten und Sie dort ganz in aller Ruhe und Bequemlichkeit zu befragen.«

      »Es ist nicht nöthig, lieber Doctor. Eben schlägt es zehn Uhr. Ich habe mich um zwanzig Minuten verspätet. Bleiben Sie bei Luisa und nehmen Sie sie in die Beichte, während ich mich nach


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