Venus im Pelz. Леопольд фон Захер-Мазох
Читать онлайн книгу.heißt, die Vernunft hat wenig Gewalt über Sie, und Sie sind eine weiche hingebende sinnliche Natur.«
»Waren die Märtyrer auch weiche sinnliche Naturen?«
»Die Märtyrer?«
»Im Gegenteil, es waren übersinnliche Menschen, welche im Leiden einen Genuß fanden, welche die furchtbarsten Qualen, ja den Tod suchten wie andere die Freude, und so ein Übersinnlicherbin ich, Madame.«
»Geben Sie nur acht, daß Sie dabei nicht auch zum Märtyrer der Liebe, zum Märtyrer eines Weibes werden.«
Wir sitzen auf Wandas kleinem Balkon in der lauen, duftigen Sommernacht, ein zweifaches Dach über uns, zuerst den grünen Plafond von Schlingpflanzen, dann die mit unzähligen Sternen besäte Himmelsdecke. Aus dem Park tönt der leise, weinerlich verliebte Lockton einer Katze, und ich sitze auf einem Schemel zu den Füßen meiner Göttin und erzähle von meiner Kindheit.
»Und damals schon waren alle diese Seltsamkeiten bei Ihnen ausgeprägt?« fragte Wanda.
»Gewiß, ich erinnere mich keiner Zeit, wo ich sie nicht hatte, ja schon in der Wiege, so erzählte mir meine Mutter später, war ich übersinnlich, verschmähte die gesunde Brust der Amme, und man mußte mich mit Ziegenmilch nähren. Als kleiner Knabe zeigte ich eine rätselhafte Scheu vor Frauen, in welcher sich eigentlich nur ein unheimliches Interesse für dieselben ausdrückte. Das graue Gewölbe, das Halbdunkel einer Kirche beängstigten mich, und vor den glitzernden Altären und Heiligenbildern faßte mich eine förmliche Angst. Dagegen schlich ich heimlich, wie zu einer verbotenen Freude, zu einer Venus aus Gips, welche in dem kleinen Bibliothekszimmer meines Vaters stand, kniete nieder und sprach zu ihr die Gebete, die man mir eingelernt, das Vaterunser, das Gegrüßt seist du Maria und das Credo.
Einmal verließ ich nachts mein Bett, um sie zu besuchen, die Mondsichel leuchtete mir und ließ die Göttin in einem fahlblauen kalten Licht erscheinen. Ich warf mich vor ihr nieder, küßte ihre kalten Füße, wie ich es bei unsern Landleuten gesehen hatte, wenn sie die Füße des toten Heilands küßten.
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