Baas Gansendonck. Hendrik Conscience

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Baas Gansendonck - Hendrik Conscience


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Altar dient lebt vom Altar.«

      – »Das ist wahr« – rief ein anderer Arbeiter – »Kobe ist ein guter Kerl und ich wollte, ich steckte in seinen Schuhen; dann würde ich auch mein Brod verdienen, indem ich den Krähen Rauch zu bliese; ist das Bäuchlein voll, hat das Herzlein Ruh.«

      – »Ja, dicker Bauch, schlafende Füße; – voller Kropf, toller Kopf.«

      – »Laß sie nur schwatzen, Kobe. Jeder kann nicht einen schönen Stern am Himmel haben, und ich sage daß Du viel Verstand hast!«

      – »Nicht mehr Verstand als der Pilz dort am Kirschbaum« – sagte Kobe mit erheuchelter Bescheidenheit.

      Alle blickten verwundert auf einen großen Baumschwamm der zwischen den schwersten Aesten des Kirschbaums wuchs. Eben so rasch wandten sie sich zu Kobe, um von ihm wie gewöhnlich, eine schalkhafte Erklärung zu erhalten.

      – »Oho« – rief die Kuhmagd – »nicht mehr Verstand als der Pilz da – dann müßt Ihr ja ein schrecklicher Lump seyn.«

      »Das kennt Ihr nicht, Mieken. – Was sagt das Sprichwort. Das Arbeiten ist für Dummköpfe. – Ich thue Nichts, also? . . . «

      »Aber was hat der Pilz damit zu thun?«

      »Seht Ihr, es ist ein Räthel: der schöne große Kirschbaum ist unser Baas. —

      »O, Ihr Fuchsschwänzer!« – rief die Magd.

      »Und ich bin der arme demüthige Pilz . . . «

      »Scheinheiliger!« murrte der aufgebrachte Tagelöhner.

      – »Wenn Ihr das rathen könnt, so wißt Ihr was kleine Hunde thun müssen um mit den großen aus derselben Schüssel zu essen, ohne gebissen zu werden.«

      Kobes Absicht war, sie noch länger mit seinen doppelsinnigen Worten zu plagen, aber er hörte die Stimme des Baas drinnen im Hause und sagte zu den Arbeitern, während er seine Pfeife einsteckte:

      – »Laßt die Bauern nur dreschen, Jungen! Unser braver, freundlicher Baas kommt um zu sehn, ob das Werk gut von Statten geht.«

      – »Wir bekommen unsern Morgenimbiß; das wird wieder kein kleines Geschrei geben!« – rief die Kuhmagd und lief nach dem Brunnentrog.

      – »Wenn er mich wieder anschnauzt und wie gestern, Tagedieb und Bauerlümmel schimpft, so werfe ich ihm den Dreschflegel an den Kopf!« – sagte einer der Tagelöhner voll Zorn.

      »Als der Krug mit dem Stein fechten wollte, ging er bei dem ersten Stoß entzwei!« – spottete Kobe.

      »Was mich betrifft, so lache ich über sein Schelten und lasse ihn ruhig toben;« – bemerkte ein Zweiter.

      »Das ist das Beste,« – fiel ihm Kobe in die Rede – »sperrt die Ohren weit auf, dann fliegt es hier herein und dort hinaus. Der Baas muß doch was haben für sein Geld! Gebt ihm Recht und thut, was er sagt.«

      – »Thun was er sagt, und wenn man das nicht kann?«

      – »So gebt ihm doch Recht und thut es nicht, – oder besser, sagt Nichts und haltet Euch als ob Ihr weder von tuten noch von blasen etwas wüßtet; denkt, aß Schweigen nicht verbessert werden kann.«

      – »Alle Menschen sind Menschen. Ich spotte über eine Barschheit. Er soll nur anfangen, ich will ihm auch ein Mal die Zähne zeigen. Er hat nicht das Recht, mich wie ein Vieh zu behandeln, wenn ich auch nur ein Tagelöhner bin.«

      – »Es ist wohl wahr, was Du sagst, und doch trifft Du daneben, Driesken,« – bemerkte Kobe – »Jeder muß seinen Platz in der Welt kennen. Was lehrt das Sprichwort? Bist Du Amboß, dulde wie ein Amboß, bist Du Hammer, schlage wie ein Hammer. Obendrein bringt ein kleines gutes Wort großen Aerger. Und willst Du es besser haben, so bedenke daß es nicht möglich ist mit Essig Fliegen oder mit Trommeln Hasen zu fangen . . . «

      – »Kobe, Kobe!« – rief eine Stimme drinnen mit hörbarer Ungeduld.

      – »Nun seht, seht, wie er die Heuchlerfratze zieht!« – spottete ein anderer Drescher.

      – »Das ist gerade die Kunst, die Ihr nie lernen werdet,« – antwortete Kobe. – Sich darauf dem Hause zuwendend, rief er mit bittendem Tone, als sei er erschrocken:

      »Ich komme, ich komme, lieber Baas! Werdet nicht böse, ich fliege, da bin ich schon!«

      »Der gewinnt sich ein Brod damit, daß er den Schooßhund macht!« – murrte der erzürnte Tagelöhner verächtlich – da dresch' ich doch lieber mein Leben lang! Das ist so Einer der mit allen Wassern gewaschen ist.« —

      »Er hat zehn Jahr lang gedient, da lernt man den Unschuldigen im Stücke spielen, um so wenig wie möglich zu thun. Nachher ist er Herren-Knecht geworden, dabei kriegt man auch keine Schwielen in den Händen. – Aber welch ein artig Räthsel gab er uns auf? Versteht Ihr was er meint?«

      – »O das ist leicht zurathen« – antwortete der Erste – »er will damit sagen, daß er dem Baas auf dem Nacken sitzt und ihn aussaugt, wie der Pilz den Kirschbaum. – Kommt, kommt, laßt uns nun nur weiter dreschen!«

      III.

      Kaisers Katz' ist seine Nicht;

      Große Latern' doch kleines Licht

      »Nun denn, Kobe!« – fragte Baas Gansendonck seinen Knecht, – »wie seh ich aus mit der neuen Mütze?« —

      Der Knecht trat zwei Schritt zurück und rieb sich die Augen wie Jemand, der sich über etwas Unglaubliches wundern muß.

      »O Baas!« – rief er, – »sagt es recht heraus, seid Ihr es wirklich? Ich glaubte den Herrn Baron vor mir zu sehn. – Aber heiliger Gott, wie kann das sein? Hebt Euern Kopf etwas in die Höhe. Baas, Baas, dreht Euch einmal herum; geht einmal vorwärts Baas. – Seht Ihr, Ihr gleicht dem Herrn Baron wie ein Tropfen Wasser dem . . . «

      »Kobe! – fiel ihm der Baas mit verstelltem Ernst in die Rede – »Du willst mir schmeicheln, das habe ich nicht gern.«

      – »Das weiß ich, Baas!« – antwortete der Knecht.

      – »Es giebt wenige Menschen die minder Hochmuth haben als ich, wenn sie gleich aus Neid sagen, daß ich hoffärtig sei, weil ich die Bauern nicht leiden kann.«

      »Ihr habt Recht, Baas. – Nun, ich zweifle aber doch noch, ob Ihr nicht der Baron seid?«

      Die Freude strahlte aus Baas Gansendoncks Augen; den Kopf hintenüber werfend und in stolzer Haltung dastehend, betrachtete er lächelnd den Knecht, welcher fortfuhr allerlei Geberden der Verwunderung zu machen.

      Kobe hatte seinen Herrn nicht ganz hintergangen. Im Aeußeren, und ein dummes Gesicht nicht in Betracht gezogen, war Baas Gansendonck dem Baron sehr ähnlich. Kein Wunder, denn seit mehreren Monaten bereits hatte er die täglichen Kleider des Barons nachmachen lassen; wenige Menschen hatten darauf geachtet, da der Letztere auf seinem Landgute in voller Freiheit lebte und meist nur sehr gewöhnliche Kleider trug.

      Vor einigen Wochen indessen hatte der Baron auch eine Grille gehabt. Wer hat keine? Ein sehr schöner Wasserhund war ihm gestorben und er hatte sich von dessen Fell eine Mütze machen lassen. Diese artige Mütze stach unserm Baas dermaßen in die Augen, daß er sich am Ende auch eine solche in der Stadt machen ließ. Jetzt prangte sie mit ihren tausend Locken auf dem Haupte des Baas zum heiligen Sebastian, der sich selbst nicht, im Spiegel bewundern konnte, seit den Schmeichelreden seines Knechtes.

      Endlich schickte er sich an auszugehen und sagte:

      »Kobe, nimm meine Gaffel, wir gehen durchs Dorf.«

      »Ja Baas!« antwortete der Knecht, seinem Herrn mit heuchlerischem Antlitz auf den Fersen folgend.

      Auf dem breiten Wege zwischen den Häusern begegneten sie vielen Dörflern, die freundlich Hut oder Mütze vor Baas Gansendonck zogen, aber in ein Gelächter ausbrachen, so wie sie vorüber waren. Viele Einwohner kamen auch neugierig aus den Häusern und Ställen herbeigelaufen um die härene Mütze des Baas zu bewundern. Dieser grüßte Niemanden zuerst, sondern ging mit emporgehobenem


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