Salvator. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.der Reisende, den derselbe enthielt, bedürfe mehr der Tröstungen eines Priesters, als des Beistandes eines Reisegefährten.
Zu seinem großen Erstaunen fand er Herrn Sarranti frisch und gesund, und selbst der Postillon hatte nur eine Schulter ausgerenkt und einen Fuß verstaucht. Hatte aber die Vorsehung, als eine gute Mutter, was sie war, die Menschen bewahrt, so hatte sie dagegen ihre Genugthuung an den Thieren und am Wagen genommen; eines von den Pferden blieb auf der Stelle todt, das andere schien den Schenkel gebrochen zu haben. Eine von den Achsen des Wagens war gebrochen, und eine ganze Seite des Kastens, die, auf welche man umgeworfen hatte, war völlig zerbröckelt.
Man konnte also im Ernste nicht daran denken, sich wieder auf den Weg zu begeben.
Herr Sarranti stieß einige Fläche aus, die keinen Charakter von englischer Geduld offenbarten. Er mußte indessen seinen Entschluß fassen, was er ohne Zweifel zu thun im Begriffe war, hätte nicht der Magyar Gibassier in einer halb französischen, halb deutschen Sprache, die aber in Wirklichkeit weder das Eine, noch das Andere war, seinem unglücklichen Reisegefährten einen Platz in seinem Wagen angeboten.
Das Anerbieten kam so gelegen und schien so sehr von gutem Herzen gemacht zu sein, daß Herr Sarranti es ohne Bedenken annahm.
Man brachte das Gepäcke aus dem ersten Wagen in den zweiten, man versprach dem Postillon, ihm Hilfe von Nancy zu schicken, wovon man nur noch eine Stunde entfernt war, und man fuhr mit derselben Geschwindigkeit weiter.
Nachdem die ersten Artigkeiten ausgetauscht waren, vermied Gibassier, der keine Gewißheit hatte, er spreche das reine Deutsch, und befürchtete, Herr Sarranti, obgleich Corse kenne dieses Idiom gründlich, Gibassier, sagen wir, vermied sorgfältig jede Frage und beschränkte sich darauf, daß er die artigen Worte seines Gefährten mit Ja und Nein erwiderte, deren Accent sich immer mehr der französischen Sprache näherte.
Man kam nach Nancy; man hielt im Hotel du Grand-Stanislas an, das zugleich das Posthaus ist.
Herr Sarranti stieg aus, wiederholte seine Danksagungen gegen den Magyaren, und wollte sich zurückziehen.
»Sie haben Unrecht, mein Herr,« sagte Gibassier; »Sie schienen mir Eile zu haben, nach Paris zu kommen: Ihr Wagen wird vor morgen nicht wieder hergestellt sein, und Sie verlieren einen Tag.«
»Das wäre mir um so ärgerlicher,« erwiderte Sarranti, »als mir derselbe Unfall schon bei meiner Abfahrt von Regensburg widerfahren ist, und ich dabei vierundzwanzig Stunden verloren habe.«
Gibassier erklärte sich nun erst den Vorzug, der ihn in Steinbach so sehr beunruhigt hatte.
»Doch,« fuhr Herr Sarranti fort, »ich werde nicht warten, bis mein Wagen wieder-hergestellt ist, sondern einen andern kaufen.«
Und er gab in der That dem Postmeister Befehl, ihm einen Wagen zu kaufen, – was für einer es auch wäre, Calèche, Coupé, Landau oder sogar Cabriolet, – mit dem er seine Reise auf der Stelle fortsetzen könnte.
Gibassier dachte, so rasch auch der Wagen gefunden wäre, hätte er doch wohl Zeit, zu Mittag zu speisen, während sein Reisegefährte ihn untersuchen, um den Preis handeln würde und seine Bagage darauf packen ließe. Er hatte seit Morgens um acht Uhr nichts zu sich genommen, und obschon sein Magen im äußersten Falle an Genügsamkeit mit dem eines Kamels zu rivalisieren vermochte, ließ gerade, weil dieser Fall eintreten konnte, der kluge Gibassier, nie, wenn sie sich hat« die Gelegenheit , sich zu verproviantieren, ungenutzt vorübergehen.
Ohne Zweifel hielt es Heer Sarranti seinerseits für geeignet, dieselben Vorsichtenmßregeln zu nehmen, wie der würdige Magyar, denn Beide setzten sich, wie sie es am Morgen gethan, jeder an einen andern Tisch, klingelten, Inn den Kellner zu rufen, und sprachen mit einer Betonung, welche eine lobenswerthe Einhelligkeit der Meinungen andeutete, nur die drei Worte:
»Kellner, ein Mittagsbrod!«
II
Das Hotel du Grand-Turc, Place Saint-André-des-Arcs
Für diejenigen, welche sich darüber wundern sollten, daß sie Herrn Sarranti das Anerbieten, – so annehmbar es für einen Mann, der Eile hatte, war, – das ihm Gibassier machte, nicht haben annehmen sehen, bemerken wir, daß, wenn Jemand schlauer ist, als der Polizeiagent, der einen Menschen verfolgt, wie schlau auch dieser Polizeiagent sein mag, dies der Verfolgte ist.
Es regte sich also im Geiste von Herrn Sarranti ein unbestimmter Verdacht in Betreff dieses Magyaren, der so schlecht Französisch sprach, und dennoch, wenn man etwas Französisch zu ihm sagte, ziemlich verständig auf Alles antwortete, was man ihm sagen mochte, dagegen wenn man Deutsch, Polnisch oder Walachisch mit ihm sprach, – drei Sprachen, in denen Herr Sarranti vollkommen Meister war, – in den Tag hinein ja oder nein antwortete, sich sogleich in seine Guba hüllte und den Anschein gab, als schliefe er.
In Folge dieses Verdachts war Herr Sarranti, der sich während der anderthalb Meilen, die er mit ihm, von dem Orte, wo der Wagen gebrochen, bis zu dem Gasthanse gemacht, wo er sein Mittagsbrod bestellt hatte, sehr unbehaglich gefühlt, entschlossen, den Beistand seines gefälligen, aber schweigsamen Reisegefährten auszuschlagen.
Darum hatte Herr Sarranti, der nicht warten konnte, bis der seinige wiederhergestellt war, und nicht in dem des edlen Ungarn Platz nehmen wollte, einen Wagen verlangt.
Gibassier war zu schlau, um dieses Mißtrauen nicht zu bemerken. Während er zu Mittag speiste, befahl er auch, sogleich anzuspannen, da er nothwendig am andern Tage in Paris ankommen müsse, wo er ungeduldig vom österreichischen Gesandten erwartet werde.
Als die Pferde angespannt waren, grüßte Gibassier Herrn Sarranti mit einer herzlichen Kopfbewegung, drückte seine Pelzmütze auf seine Ohren nieder und ging ab . . .
Da Herr Sarranti ebenfalls Eile hatte, so war es wahrscheinlich, er werde dem directen Wege wenigstens bis Ligny folgen. Dort würde er ohne Zweifel Bar-le-Duc zu seiner Rechten lassen, um, auf der Straße von Ancervillee Saint-Dizier und Vitry-le-Francais zu erreichen.
Nur bei Vitry-le-Francais entstand ein Zweifel. Würde Herr Sarranti, hier angekommen, eine krumme Linie beschreibend, über Chalons gehen, oder unmittelbar über Fère-Champenoise, Coulanniers, Crécy und Lagny reisen?
Das war eine Frage, die sich erst in Vitry-le-Francais entscheiden ließ.
Gibassier bezeichnete seinen Weg über Toul, Ligny, Saint-Dizier;, doch eine halbe Meile von Vitry hielt er an, und er hatte mit seinem Postillon eine Besprechung von ein paar Minuten, nach welchen sich der Wagen auf die Seite geworfen mit einer gebrochenen Vorderachse auf der Erde fand.
Gibassier war ungefähr seit einer halben Stunde hier in dieser so wohl bekannten traurigen Lage, welche von Herrn Sarranti so gut geschätzt werden mußte, als die Postchaise von diesem oben auf einer Anhöhe erschien.
Als er sich dem umgeworfenen Wagen näherte, streckte Herr Sarranti den Kopf zum Schlage hinaus, und er sah aus der Straße seinen Magyaren, der mit Hilfe des Postillon vergebliche Versuche machte, um seine Chaise in den Stand zu bringen, die Reise fortsetzen zu können.
Es wäre von Herrn Sarranti eine Verletzung aller Pflichten der Höflichkeit gewesen, hätte er Gibassier in einer solchen Verlegenheit gelassen, während Gibassier bei einem ähnlichen Umstande sich und seinen Wagen zu seiner Verfügung gestellt hatte.
Er bot ihm also ebenfalls an, zu ihm einzusteigen, was Gibassier mit einer merkwürdigen Discretion annahm, indem er Vitry-le-Francais als das Ziel der Verlegenheit festsetzte,. welche er Seiner Excellenz Herrn von Bornis zu verursachen einwilligte. – Das war der Name, unter welchem Herr Sarranti reiste.
Man transportierte auf den Wagen von Herrn von Bornis den Riesenkoffer des Magyaren, und man schlug den Weg nach Vitry-le-Francais ein, wo man zwanzig Minuten nachher ankam.
Man hielt vor der Post an.
Herr von Bornis verlangte Pferde: Gibassier irgend eine Carriole, um seine Reise fortzusetzen.
Der Postmeister zeigte unter seiner Remise ein altes Cabriolet, das, so alt es war, den Bedürfnissen von Gibassier zu entsprechen schien.
Beruhigt über das Schicksal seines Gefährten, nahm