Antonia. Уилки Коллинз

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Antonia - Уилки Коллинз


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oder den Gebräuchen der Kirche erblickte, verdammte er als die trügerischen Verblendungen menschlicher Unvollkommenheit und Anmaßung Er ging in der Geschichte seiner Religion von einer Periode zur andern zurück und suchte nach Strenge, wie andere Menschen nach Erbarmen, bis er bei dem Christenthum der ersten Tage der Kirche stehen blieb. In der stoischen Praxis und unfruchtbaren Theorie der alten Gläubigen fand er ein mit seinen neuen Ueberzeugungen übereinstimmendes System. Tag um Tag suchte er begierig unter den von den strengsten der ersten Kirchenväter hinterlassenen Schriften, bis ihn das stete Brüten über ihren starren, strengen Lehren endlich auf den Glauben führte, daß selbst das Vorhandensein der geselligen Gefühle in seinem Innern eine Sünde sei. Er erinnerte sich, daß ihn diese Gefühle in seiner Jugend irre geleitet hatten, und glaubte, daß seine Seligkeit in Gefahr und seine Reue unaufrichtig sei, so lange noch eines davon sein Mannesalter beeinflußte. Durch seinen thätigen Geist angespornt, der düstern Ruhe zu entsagen, welche er sich gern auferlegt haben würde,und einen Zweck im Leben zu erlangen, dem er sein Herz wie einer Leidenschaft weihen könne, wählte er die Reformation der entwürdigten Kirche als die edelste und reinste Beschäftigung, die er unternehmen konnte. Sobald er einmal diesen Plan gefaßt hatte, gehörte es sowohl zu seinem Temperamente, wie zu seinen Grundsätzen, sich rückhaltslos der Beförderung desselben hinzugeben. Jede Neigung, wie unschuldig sie auch an sich sein mochte, die sich, ohne mit seinem Hauptzwecke in Verbindung zu stehen, in seinem Innern erhob, verdammte er als Ueberbleisel seiner frühern Natur und unterdrückte sie – mit welchen Schmerzen, vermag Niemand zu sagen – als Verrätherin der Möglichkeit eines moralischen Rückfalls. Obgleich er nur ein Laie war, nahm er doch keinen Augenblick Anstand, sich ein Gebäude zu verschaffen, welches er als Kirche gebrauchen konnte und Anhänger zu suchen, um sie als Gemeinde zu belehren. Bei jedem Scheine von Fortschritt, welchen er im Laufe seiner gefahrvollen Arbeiten zu entdecken glaubte, fühlte er ein geheimes phantastisches Entzücken, welches ihn für den Augenblick über alle irdische Sympathieen und Rücksichten erhob. Er hoffte, wenn Andere verzweifelt sein würden, er arbeitete, wenn Andere schwach geworden wären. Der Enthusiasmus für seine Sache stieg auf eine solche Höhe, daß er sein weltliches Wahrnehmungsvermögen abstumpfte, ihn für Beleidigung unempfindlich, gegen Betrug vertheidigungslos und gegen Gefahr gefühllos machte, wenn sie ihm bei der Verfolgung seiner Pläne begegneten. Er schulte sich so weit, daß er seine Tochter nur noch als ein Muster zum Beweise der Möglichkeit, Andere zur Beförderung seines großen Planes zu erziehen, betrachtete. Er erblickte in seinem Vermögen und Einflusse nur das Mittel zur Erreichung eines einzigen Zweckes, kurz er hatte seinem Unternehmen, wie er auch gegen Probus sagte, »sein Leben, sein Kind, seine Kräfte und Habe« geweiht. [Wenn der Leser die Möglichkeit des Versuchs einer Reformation der römischen Kirche im fünften Jahrhundert bezweifeln sollte, so möge er Gibbons Verfall und Sturz des römischen Reichs Kap. 28. Anmerkung 174 und die Controversen zwischen Hieronymus und Vigilantius, »dem Protestanten seiner Zeit,« zu Rathe ziehen.]

      Wir versparen die Besprechung aller weiteren Eigenthümlichkeiten in Numerian’s Charakter bis auf eine künftige Gelegenheit, und folgen ihm jetzt durch die Menge bis zum Eingange der Basiliea, wobei wir fortfahren, ihn hier und auderswärts mit dem Namen zu bezeichnen, welchen er bei seiner Bekehrung angenommen hatte, und unter welchem er sich bei seiner Zusammenkunft mit dem flüchtigen Landmann anzureden ausgebeten hatte.

      Wiewohl sich unser Enthusiast im Beginn seines Ganges nach der Kirche unter den hintersten Mitgliedern der auf dieselbe zueilenden Menge befunden hatte, gelang es ihm doch, bald seine trägen und schwatzhaften Nachbarn so gänzlich zu überflügeln, daß er nach geringem Verzug die Stufen des geweihten Gebäudes erreichte. Hier mußte er mit vielen Anderen anhalten, bis sich die der Basilika Nächsten durch die hohen Thore. derselben gedrängt hatten. An einer solchen Stelle konnte seine auffallende Gestalt der Beobachtung nicht entgehen, und er wurde schweigend von vielen Umstehenden erkannt, von denen ihn die Einen mit Verwunderung, die Andern mit Widerwillen anblickten. Er wurde jedoch von Keinem angeredet. Alle fühlten die Notwendigkeit, einen Mann zu scheuen, der durch seine kühne, tägliche Auseinandersetzung der Mißbräuche der Kirche seine Freiheit und selbst sein Leben gefährdet«

      Unter denjenigen, welche Numerian umgaben, befanden sich jedoch Zwei, die sich nicht damit begnügten, nachlässig jeden Verkehr mit dem unerschrockenen, verdächtigen Reformator zu vermeiden. Diese beiden Männer gehörten zur niedrigsten Klasse der Geistlichkeit und schienen damit beschäftigt zu sein, vorsichtig die Handlungen der Individuen um sie her zu beobachten und deren Gespräche zu belauschen. Sobald sie Numerian erblickten, entfernten sie sich so weit, daß sie seiner Beobachtung entgingen, zugleich aber eine solche Stellung einnahmen, daß sie den Gegenstand ihres offenbaren Mißtrauens im Auge behalten konnten.

      »Schau, Osius,« sagte der Eine, »der Mann ist wieder hier.«

      »Und ohne Zweifel in derselben Absicht, welche, ihn gestern hierhergebracht hat,« antwortete Jener. »Du wirst sehen, daß er wieder in die Kirche tritt, den Gottesdienst anhört, sich nach seiner kleinen Kapelle auf dem Monte Pincio begibt und dort die von unsern Brüdern gepredigten Lehren vor seinen zerlumpten Anhängern angreift, wie er es, wie wir wissen, vergangene Nacht gethan hat und wie er es wahrscheinlich fortwährend thun wird, bis die Behörden es für angemessen halten, das Zeichen zu seiner Einsperrung zu geben.«

      »Es wundert mich nur, daß man ihm so lange gestattet hat, in seiner Widersetzlichkeit gegen die Kirche fortzufahren, wie es geschehen ist. Haben wir nicht in seinen Schriften allein schon Zeugniß genug, um ihn der Ketzerei zu überweisen? Die Nachlässigkeit des Bischofs in einer solchen Sache ist wahrhaft unerklärlich.«

      »Du mußt bedenken, daß, da Numerian kein Priester ist, die Sorglosigkeit wegen unserer Interessen eher den Senat, als den Bischof trifft. Alle Zeit, die der Adel sich von seinen Ausschweifungen abmüßigen kann, ist bis vor Kurzem auf Diskussionen über das Benehmen des Kaisers, als er sich nach Ravenna zurückzog, verwendet worden und wird jetzt der Nachforschung über den Grund des Gerüchtes wegen der Gothen geweiht werden. Was kümmert sich übrigens der Senat, selbst wenn er Zeit dazu hätte, um theologische Streitigkeiten? Er kennt diesen Numerian nur als einen römischen Bürger, einen Mann von einigem Einflusse und Vermögen, und daher als politisch wichtige Person unter der Bevölkerung. Außerdem würde es gerade in diesem Augenblicke deine leichte Aufgabe von uns sein, die von unsern Angreifer vorgebrachten Lehren zu bekämpfen, denn der Bursche versteht mit beunruhigender Leichtigkeit das, was er sagt, aus der Bibel zu unterstützen.«

      »Glaube mir, daß in dieser Sache die einzige Art, uns Gerechtigkeit zu verschaffen, die sein wird, ihn der Verleumdung gegen die höchsten Würdenträger der Kirche zu überweisen.«

      »Der uns vor Kurzem zu Theil gewordene Befehl, seinen Bewegungen nachzuspüren und seine Reden zu belauschen, läßt mich glauben, daß unsere Vorgesetzten Deiner Ansicht sind.«

      »Mögen meine Uederzeugungen richtig sein oder nicht, so bin ich doch darüber gewiß, daß die Tage seiner Freiheit gezahlt sind. Erst vor wenigen Stunden sah ich den ersten Assistenten beim Kammerherrn des Bischofs und er sagte mir, daß er durch eine Thürklinke gehört habe —«

      »Still! er bewegt sich, er drängt sich vor, um in die Kirche zu gelangen. Du kannst mir, während wir ihm folgen, erzählen, was Du sagen wolltest. Schnell! wir wollen uns unter die Menge mischen.«

      Die Beiden, in der Ausübung ihrer widerlichen Pflichten stets enthusiastischen Hirten der christlichen Heerde folgten Numerian mit der größten Vorsicht in das Innere des Tempels.

      Wiewohl die Sonne noch einen schwachen rdthen Streifen am westlichen Himmel zurückgelassen hatte und der Mond kaum erst aufgegangen war, brannten doch bereits die von dem Bischofe in seiner Proklamation an das Volk erwähnten zweitausend vierhundert Flammen auf dem großen Kronleuchter. In den Tagen ihrer ernsten und heiligen Schönheit würde würde das Aussehen der Kirche durch diesen künstlichen Glanz schwer gelitten haben, jetzt aber, wo sich der alte Charakter der Basilica völlig verändert, wo sie sich aus einem feierlichen Tempel in einen üppigen Palast verwandelt hatte, gewann sie durch die flimmernde Erleuchtung ungemein. Jeder Zierrath in ihrem langen herrlichen Schiffe glitzerte mit der größten Deutlichkeit in dem sich von der Decke herab ergießenden blendenden Lichte. Die vergoldeten Dachbalken, die glatten eingelegten Marmorsäulen, die schweren Vorhänge der Fenster, die Juwelenbesetzten Leuchter auf den Altären,


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