Der Wohlstand der Nationen. Adam Smith

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Der Wohlstand der Nationen - Adam Smith


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dass sie einen Teil dieser Rohstoffe verarbeitet und nach dem Lande zurückschickt, in welchem Falle ihr Preis durch den Lohn der Arbeiter und den Gewinn ihrer Meister oder unmittelbaren Arbeitgeber vermehrt wird, und zweitens dadurch, dass sie einen Teil sowohl der rohen wie der verarbeiteten Produkte anderer Länder oder entfernter Gegenden desselben Landes in die Stadt einführt und wieder nach dem platten Lande ausführt, in welchem Falle gleichfalls der ursprüngliche Preis dieser Güter um den Lohn der Fuhrleute oder Schiffer, und um den Gewinn der Kaufleute, die letztere beschäftigen, erhöht wird. In den Gewinnen aus dem ersteren dieser Handelszweige besteht der Vorteil, den die Stadt von ihren Gewerben hat, und in den Gewinnen aus dem letzteren besteht der Vorteil des in- und ausländischen Handels. Der Lohn der Arbeiter und der Gewinn der verschiedenen Arbeitgeber ist alles, was in beiden Fällen gewonnen wird. Daher dienen alle Verordnungen, welche diesen Lohn und diesen Gewinn über ihren sonstigen Stand zu erhöhen bezwecken, nur dazu, dass die Stadt mit weniger Arbeit das Produkt einer größeren Arbeit des platten Landes kaufen kann. Sie geben den Geschäftsleuten und Handwerkern der Stadt ein Übergewicht über die Gutsbesitzer, Pächter und Arbeiter des platten Landes, und heben die natürliche Gleichheit auf, welche sonst in dem zwischen ihnen stattfindenden Verkehr Platz greifen würde. Das ganze Jahresprodukt der Arbeit der Gesellschaft verteilt sich jährlich unter diese beiden Klassen der Bevölkerung, und durch jene Verordnungen erhalten die Städter einen größeren und die Landbewohner einen kleineren Anteil als er ihnen sonst zufallen würde.

      Der Preis, den die Stadt für die Jahr für Jahr eingeführten Lebensmittel und Rohstoffe wirklich bezahlt, besteht in der Menge der Industrieerzeugnisse und anderen Waren, die jährlich von ihr ausgeführt wird. Je teurer die letzteren verkauft werden, desto wohlfeiler werden die ersteren gekauft, und der städtische Gewerbfleiß wird desto gewinnbringender, je weniger es der ländliche ist.

      Dass der städtische Gewerbfleiß in ganz Europa einträglicher ist als der ländliche, davon kann man sich, ohne auf sehr genaue Berechnungen einzugehen, leicht durch eine einfache, in die Augen fallende Beobachtung überzeugen. In jedem Lande Europas findet man wenigstens hundert Leute, die in Handel und Gewerbe, den eigentlich städtischen Beschäftigungen, klein angefangen haben und dabei reich geworden sind, gegen einen, der durch Landwirtschaft, d. h. Vermehrung der Rohprodukte durch Verbesserung und Kultur des Bodens dazu gelangte. Es muss also in dem einen Falle offenbar der Fleiß besser belohnt und der Arbeitslohn und Kapitalgewinn größer sein als in dem anderen. Da aber Kapital und Arbeit naturgemäß die einträglichste Beschäftigung suchen, so ziehen sie sich so viel als möglich nach der Stadt, und verlassen das Land.

      Die Städter können vermöge ihres nahen Beisammenwohnens sich leicht miteinander vereinbaren. Selbst die unbedeutendsten Gewerbe sind daher hier oder dort zu Zünften zusammengetreten, und wo sie keine Zunft bildeten, war doch der Zunftgeist, die Eifersucht gegen Fremde, die Abneigung, Lehrlinge anzunehmen, oder ihr Gewerbsgeheimnis mitzuteilen, im Allgemeinen unter ihnen stark, und lehrte sie oft, durch freiwillige Verbindungen und Übereinkünfte den freien Wettbewerb, den sie nicht durch Verordnungen verbieten konnten, zu hemmen. Gewerbe, die nur wenige Hände beschäftigen, treffen solche Verabredungen am leichtesten. Ein halbes Dutzend Wollkämmer reicht wohl hin, um tausend Spinnern und Webern das Material zu liefern. Wenn sie übereinkommen, keine Lehrlinge zu nehmen, so können sie nicht nur das ganze Geschäft an sich reißen, sondern auch die gesamte Manufaktur in eine Art von sklavischer Abhängigkeit bringen, und den Preis ihrer Arbeit weit höher treiben als er ihrer Natur nach wäre.

      Die Bewohner des platten Landes können in ihrer Zerstreuung über verschiedene Orte nicht leicht derartige Vereinigungen zustande bringen. Sie haben nicht nur niemals eine Zunft gebildet, sondern der Zunftgeist ist auch niemals unter ihnen herrschend geworden. Nie hat man Lehrjahre zur Erlernung der Landwirtschaft, des großen ländlichen Gewerbes, für nötig gehalten. Und doch gibt es nächst den schönen Künsten und freien Berufsarten. vielleicht kein Gewerbe, das eine solche Mannigfaltigkeit von Kenntnissen und Erfahrungen voraussetzt. Die zahllosen Bücher, die darüber in allen Sprachen geschrieben worden sind, können uns den Beweis liefern, dass die Landwirtschaft unter den weisesten und unterrichtetsten Nationen niemals für eine ganz leicht zu begreifende Sache gehalten worden ist. Und in allen diesen Büchern würde man vergebens jene Kenntnis der mancherlei zusammengesetzten Handgriffe suchen, die jeder gewöhnliche Landmann zu besitzen pflegt, so affektiert hochmütig auch die verächtlichen Verfasser einiger dieser Bücher von ihnen sprechen. Dagegen gibt es kaum irgendein gewöhnliches Handwerk, dessen Fertigkeiten sich nicht in einem Büchlein von wenigen Seiten so vollständig und deutlich darstellen ließen als es durch Wort und Zeichnung überhaupt möglich ist. In der Geschichte der Gewerbe (Histoire des Arts et Métiers), welche jetzt von der französischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben wird, sind einige von ihnen auf diese Art beschrieben worden. Überdies erfordert die Leitung diejenigen Tätigkeiten, die sich nach jedem Wetterwechsel und anderen Zufällen richten müssen, viel mehr Urteil und Vorsichtigkeit als bei immer ganz oder beinahe gleichbleibenden Handlungen erforderlich ist.

      Aber nicht nur die Kunst des Landwirts: die allgemeine Leitung der landwirtschaftlichen Operationen, sondern auch viele untergeordnete Zweige der ländlichen Arbeit erfordern viel mehr Geschicklichkeit und Erfahrung als die meisten Handwerke. Der Mann, der Messing und Eisen bearbeitet, arbeitet mit Werkzeugen und Rohstoffen, deren Beschaffenheit sich immer völlig oder beinahe gleichbleibt. Der Mann dagegen, der den Boden mit einem Gespann Pferden oder Ochsen pflügt, arbeitet mit Werkzeugen, deren Gesundheit, Kraft und Temperament in verschiedenen Fällen sehr verschieden sind. Die Beschaffenheit der Stoffe, die er bearbeitet, ist ebenso verschieden, wie es seine Werkzeuge sind, und beide müssen mit vielem Urteil und großer Vorsicht behandelt werden. Der gewöhnliche Bauer, der in der Regel als ein Muster von Einfalt und Dummheit angesehen wird, ermangelt dieses Urteils und dieser Vorsicht nur selten. Allerdings ist er weniger an geselligen Umgang gewöhnt als der in der Stadt lebende Handwerker: seine Stimme und Sprache ist rauer und für den, der nicht daran gewöhnt ist, schwerer zu verstehen; aber sein Verstand, der sich täglich mit einer größeren Mannigfaltigkeit von Gegenständen beschäftigen muss, ist in der Regel dem der anderen, deren ganze Aufmerksamkeit vom Morgen bis zum Abend an eine oder zwei höchst einfache Verrichtungen gefesselt ist, weit überlegen. Wie sehr in der Tat die niederen Volksklassen auf dem Lande denen in der Stadt überlegen sind, weiß jeder, der durch Geschäfte oder Neugierde veranlasst war, viel mit beiden zu verkehren. Darum sollen auch in China und Hindostan der Rang und die Löhne der Landleute höher sein als die der meisten Handwerker. Verhinderten dies nicht die Zunftgesetze und der Zunftgeist, so wäre es wahrscheinlich allerorten so.

      Die Überlegenheit, welche der städtische Gewerbfleiß in ganz Europa über den ländlichen behauptet, hat freilich ihren Grund nicht ausschließlich in den Zünften und Zunftgesetzen; sie wird auch durch andere Maßregeln aufrechterhalten. Die hohen Steuern auf fremde Industrieerzeugnisse und alle von auswärtigen Kaufleuten eingeführten Waren haben denselben Zweck. Die Zunftgesetze ermöglichen es den Städtern, ihre Preise zu erhöhen, ohne befürchten zu müssen, durch die freie Konkurrenz ihrer eignen Landsleute bedrängt zu werden; jene andern Maßregeln sichern sie gleicher Weise gegen die Konkurrenz der Fremden. Diese doppelte Preiserhöhung muss am Ende von den Gutsbesitzern, Pächtern und Bauern bezahlt werden, die sich selten der Errichtung solcher Monopole widersetzt haben. Sie haben gewöhnlich weder Neigung noch Geschick, Vereinigungen zu bilden und lassen sich leicht durch das Geschrei und die Sophisterei der Kaufleute und Gewerbetreibenden überreden, dass das Privatinteresse eines Teils, und noch dazu eines untergeordneten Teils der Gesellschaft, das allgemeine Interesse des Ganzen sei.

      In Großbritannien scheint die Überlegenheit des städtischen Gewerbfleißes über den ländlichen früher viel größer gewesen zu sein als jetzt. Der Lohn der ländlichen Arbeit kommt jetzt dem der gewerblichen, und der Gewinn der auf den Landbau verwendeten Kapitalien dem in Gewerben angelegten näher als es im vorigen Jahrhundert oder im Anfang des gegenwärtigen der Fall gewesen sein soll. Dieser Umschwung kann als die notwendige, wenn auch sehr späte Folge des außerordentlichen Sporns angesehen werden, den man der städtischen Industrie zuteilwerden ließ. Das in den Städten aufgehäufte Kapital wird mit der Zeit so groß, dass es sich nicht länger mit dem alten Gewinn in den eigentlich städtischen Industriezweigen anlegen lässt. Der städtische Gewerbfleiß hat wie alles andere seine Grenzen, und das Anwachsen der Kapitalien steigert den Mitbewerb und


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