Verheirathet. Hermine Wild

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Verheirathet - Hermine Wild


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sagte er endlich, und dann mußte er lachen. Ein blondes Bäschen fiel ihm ein, das ihm stets als der Inbegriff aller weiblichen Abgeschmacktheit erschienen war und mit dem seine gute Mutter verfängliche Pläne gegen die Freiheit ihres Sohnes geschmiedet. Diese mütterlichen Bestrebungen, denen er nicht schroff begegnen wollte, hatten ihr gutes Theil dazu beigetragen, ihm die Reise über’s Meer als eine angenehme Abwechselung erscheinen zu lassen.

      »Ihr seid ein junger Mann und bedürft einer Hausfrau,« fuhr der Mulatte fort, »vielleicht seid Ihr schon verheirathet?«

      »Auch das nicht. Die Wissenschaft ist bis jetzt meine einzige Geliebte gewesen, und nie wird sie mein Herz mit einem irdischen Weibe theilen. Ich denke, Ihr versteht mich,« setzte Walter gutlaunig hinzu. Die Sache amüsirte ihn.

      Vielleicht verdroß der leichte Spott den Mulatten. »Des Menschen Schicksale werden noch durch andere Einflüsse geleitet, als den eigenen Willen,« bemerkte er scharf.

      »Gewiß,« versetzte Walter. »Allein gerade im Punkte des Heirathens erfreut sich der Mann, wenigstens bei uns, einer glücklichen Freiheit, die Keiner sich so leicht wird entwinden lassen.« »Es kommt auf die Macht der Umstände an. Denkt Euch, Ihr hättet keine Wahl, als die Frau —«

      »Ich würde einfach Nein sagen.«

      »Auch um den Preis Eures Lebens?«

      Walter verlor die gemüthliche Stimmung.

      »Das Leben ist Jedem eine kostbare Sache,« sagte er ernst. »Hat man doch nur das eine. Und eben darum hat der Staat diese kostbare Sache unter den Schutz des Gesetzes gestellt.«

      Ueber die Lippen des Mulatten kam ein Laut, von dem es schwer war zu entscheiden, ob er mehr Zorn oder Verachtung ausdrücken sollte. Walter erhob sich. Das Gespräch, in dem er nichts als eine rohe Verhöhnung sah, fing an, ihm lästig zu werden, und er wollte in das Haus zurück. Der Farbige vertrat ihm den Weg.

      »Bleibt!« herrschte er den Deutschen an. »Ihr sollt meinen Willen thun, ob Ihr nun wollt oder nicht. Ich habe nicht umsonst Tage und Wochen und meiste besten Kundschafter daran gewendet, bis ich Euch hierher gelockt. Zwingt mich nicht, Mittel anzuwenden, vor denen all Euer Widerstand vergebens wäre. Das Mädchen, für das ich Euch bestimmt, vereinigt Alles, was ein Mann Eurer Art sich wünschen kann.«

      »Ich aber will sie nicht!« rief Walter, dem der Zorn nachgerade zu Kopfe stieg.

      »Sie ist schön.«

      »Meinetwegen.«

      »Sie ist reich.«

      Walter antwortete nicht und machte ein paar Schritte dem Hause zu. Der Mulatte blieb dicht neben ihm.

      »Ihr sucht mir umsonst zu entkommen,« sagte er. »Ueberlegt es nochmals! Ihr seid in meiner Gewalt. Wollt Ihr das Mädchen heirathen oder nicht?«

      »Ich habe es Euch schon gesagt – nein!« rief Walter, um so ärgerlicher, als er zu seiner Beschämung fühlte, daß er immer mehr die Geduld verlor, während sein Gegner vollkommen ruhig blieb.

      »Nun gut, so seid Ihr mein Gefangener,« sprach der Mulatte und hatte im selben Moment Walter’s Arm mit eisernem Griffe gefaßt.

      Der junge Botaniker war den gewöhnlichen Vorfällen des Lebens gegenüber weit mehr ein Träumer, als ein Mann der That. In seiner Wissenschaft, wie in einer unbezwinglichen Festung, verschanzt, hatte er sich von den Leidenschaften und Wirren der außerhalb sich bewegenden Wirklichkeit bisher nur wenig berührt gefühlt. Dennoch stählte der rohe Angriff, der ihn so unerwartet traf, seine Nerven blitzartig zu ihrer ganzen, von ihm selbst kaum geahnten Kraft. Mit einem raschen Rucke machte er sich frei, sprang zwei Schritte zurück und hatte im nächsten Augenblicke auch schon den Revolver gefaßt. Aber mit der Waffe in der Hand und dem Bewußtsein der damit verbundenen Uebermacht, kehrte ihm auch sogleich die gewohnte Mäßigung zurück. Er war überzeugt, er habe es mit einem Wahnsinnigen zu thun, und einen Kranken niederschießen wegen der Aeußerung seiner Krankheit, das war für sein Gewissen weit ärger, als ein gewöhnlicher Mord. Er trat daher noch etwas weiter zurück, und den Revolver in Bereitschaft haltend, sagte er ruhig, aber fest: »Ich kenne Euch nicht und weiß nicht, was Ihr wollt. Laßt mich in Frieden! Ich habe nichts mit Euch zu thun —«

      »Ihr sollt mich kennen lernen,« zischte der Mulatte, und in seiner Stimme, obgleich sie jetzt verhalten war, grollte es wie drohendes Gewitter. »Ja, Ihr sollt Melazzo Guizcoa kennen lernen, und daß er noch nie vergebens gedroht —«

      Und plötzlich, wie rasend und blind, drang er von Neuem auf den jungen Gelehrten ein.

      War es das Knacken des Hahnes an dessen Revolver oder der gleichzeitige Schrei eines Condors, der, wie aus der Ferne, und doch scharf und deutlich über den Wipfeln hin zu den Beiden drang, was ihn plötzlich in seinem Anlaufe inne halten ließ? Er war jetzt Walter so nahe, daß dieser sein rasches heftiges Athmen vernehmen konnte, während er die dunkle Gestalt, sich schwarz abzeichnend von der umgebenden Finsterniß, in gespanntem Horchen regungslos stehen sah. Noch einmal ertönte der Schrei – und noch einmal, diesmal in schneller Wiederholung – der Mulatte wich zurück. Doch auch im Hause mußte der Schrei seine Wirkung thun, denn unter den Leuten drinnen entstand plötzlich eine jähe, sich überstürzende Bewegung.

      »Ich muß fort,« sagte der Mulatte, tief aufathmend. »Denkt an Melazzo Guizcoa – vergeßt den Namen nicht, denn ich habe beschlossen, daß er mit Euch bis an das Ende Eures Lebens gehen soll! Lebt wohl! Wir werden uns wiedersehen —«

      Und er war verschwunden, als habe der Boden ihn verschluckt.

      Walter kehrte in das Haus zurück; es war leer. Er sah sich nach seinem Neger um und entdeckte ihn nach kurzem Suchen, fest eingeschlafen, im Stalle neben den Pferden. Der Mensch, welcher ihm durch eine erstaunliche Kenntniß der Wege in der Gegend bisher sehr nützlich gewesen, war ihm plötzlich verdächtig geworden, und er faßte den Entschluß, ihn am andern Morgen zu entlassen.

      Als er wieder in die Wirthsstube trat, fand er dieselbe von neuem Leben erfüllt. Ein zahlreicher Trupp Männer, welche eben von den Pferden gestiegen waren, zwängte sich lärmend zur Thür herein, während draußen Pechfackeln, welche der Schaar den Weg beleuchtet, auf der Erde ausgestoßen wurden. Es waren reiche mexikanische Pflanzer und Sclavenbesitzer, zu denen sich einige der nahe angrenzenden Union gesellt hatten, durchweg Weiße und von den verschiedensten Altersstufen, vom unbärtigen Jüngling bis zum silberhaarigen Greise, aber Alle rüstig, Alle bis zu den Zähnen bewaffnet, Alle auch, ohne Unterschied, von wüstem, zügellosem Aussehen und mit jenem unverkennbaren Gepräge, welches nur die lange Gewohnheit des Befehlens den Gesichtern eingräbt. Mit ihrem rücksichtslosen Hereinstürmen, ihrem Rufen, Lachen und Schreien und dem harten Auftreten ihrer hohen schweren Stiefel bildeten sie einen scharfen Gegensatz zu der dunklen, wilden, dürftig beschuhten Schaar, die so gespensterhaft flüchtig in die Nacht verschwunden war.

      Ein alter Neger, der dem Wirth gehörte, hatte alle Mühe, dem ungeduldigen Begehren der herrischen Gäste nach heißen Getränken mit genügender Schnelle zu entsprechen, und auch die junge Wirthin war erschienen, um bei ihrer Bedienung behülflich zu sein. Die ganze Gesellschaft befand sich in der größten Aufregung. Walter war kaum eingetreten, so brachte man gewaltsam den Wirth geschleppt, und auf das Haupt des todtbleichen zitternden Mannes fuhren von allen Seiten Fragen und Flüche nieder, wie Schloßen auf ein Weizenfeld, während er, trotz der Angst, die ihn sichtbar schüttelte, starrsinnig dabei blieb, daß er nichts wisse, Niemand gesehen habe und sich überhaupt um seine Gäste nur so weit kümmere, als es bei seinem Beruf als Wirth unerläßlich sei.

      Auf sein Befragen erfuhr Walter, daß die Herren sich auf der für sie interessantesten aller Jagden befänden, nämlich auf einer Menschenjagd. Man hatte vor einigen Monaten den Besitzer einer großen mexikanischen Plantage mit Weib und Kindern und einem Theile seiner Sclaven ermordet gefunden; die Anderen waren entflohen, und auf diese fiel natürlich der Verdacht. Noch stärker fiel er auf einen gewissen Melazzo, den nachgelassenen Bastard eines vornehmen Mexikaners, dem sein Vater, aus unbegreiflicher Eingenommenheit für den malpropren, aber begabten Sprößling, eine ungewöhnlich sorgfältige Erziehung hatte angedeihen lassen.

      Viel war dabei die Rede von der Raubgier und Grausamkeit des wilden Gesellen, und eine Reihe ruchloser Thaten wurde zur Bekräftigung


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