Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма

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Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2 - Александр Дюма


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Stunden.«

      »Ja, aber er wird sogleich nach dem Mittagessen der Gefangenen, das heißt um zwölf Uhr, abfahren; ich kenne das.«

      »Verzeihen Sie, Monseigneur, seitdem der Herr Marschall in der Bastille gewesen, hat sich die Stunde des Mittagessens verändert; die Bastille speist um ein Uhr.«

      »Mein Herr, man lernt alle Tage, und ich danke Ihnen. Fahren Sie fort!

      »Madame Dubarry kommt von Luciennes, einer fortwährenden Senkung der Straße beim Glatteis.«

      »Ah! das wird sie nicht verhindern, pünktlich zu sein. Seitdem sie nur noch die Favoritin eines Herzogs ist, spielt sie die Königin höchstens gegen Barone. Doch verstehen Sie mich wohl. Ich wollte frühzeitig speisen, wegen Herrn von Lapérouse, der heute Abend abreist und sich nicht gern verspäten wird.«

      »Monseigneur, Herr von Lapérouse ist beim König; er plaudert mit Seiner Majestät über Geographie und Kosmographie. Der König wird Herrn von Lapérouse nicht sobald loslassen.«

      »Das ist möglich.«

      »Das ist sicher, Monseigneur; ebenso wird es bei Herrn von Favras sein, der beim Herrn Grafen von Provence ist, und dort ohne Zweifel über das Stück des Herrn Barons von Beaumarchais spricht.«

      »Ueber Figaro's Hochzeit?«

      »Ja, Monseigneur.«

      »Wissen Sie, daß Sie ganz gelehrt sind?

      »In meinen verlorenen Augenblicken lese ich, Monseigneur.«

      »Wir haben Herrn von Condorcet, der in seiner Eigenschaft als Geometer wohl seine Ehre in die Pünktlichkeit setzen könnte.«

      »Ja, aber er wird sich in eine Rechnung vertiefen, und wenn er weggeht, wird er um eine halbe Stunde im Verzug sein. Was den Grafen von Cagliostro betrifft, so kennt dieser Herr, da er ein Fremder ist und erst seit Kurzem in Paris wohnt, wahrscheinlich das Leben in Versailles noch nicht vollkommen und wird auf sich warten lassen.«

      »Ah! Sie haben, abgesehen von Taverney, alle meine Gäste genannt, und zwar in einer Ordnung des Aufzählens, welche seiner und meines armen Rasté würdig wäre.«

      Der Haushofmeister verbeugte sich und erwiderte dann:

      »Ich habe von Herrn von Taverney nicht gesprochen, weil dieser ein alter Freund ist und sich nach den Gebräuchen richten wird. Monseigneur, ich glaube wohl, dieß sind die acht Couverts von heute Abend.«

      »Vollständig. Wo lassen Sie uns speisen?«

      »Im großen Speisesaal, Monseigneur.«

      »Wir werden dort erfrieren.«

      »Es ist seit drei Stunden eingeheizt, und ich habe die Atmosphäre auf achtzehn Grade geregelt.«

      »Sehr gut! Doch es schlägt halb.«

      Der Marschall warf einen Blick auf seine Pendeluhr.

      »Es ist halb fünf Uhr mein Herr.«

      »Ja, Monseigneur, und eben tritt ein Pferd in den Hof ein; das ist meine Flasche Tokayer.«

      »O! könnte ich noch zwanzig Jahre so bedient werden!« sprach der alte Marschall, zu seinem Spiegel zurückkehrend, während der Haushofmeister nach seiner Tischgeräthkammer eilte.

      »Zwanzig Jahre!« sagte eine heitere Stimme, die den Marschall beim ersten Blick, den er in den Spiegel warf, unterbrach, »zwanzig Jahre! ich wünsche sie Ihnen, mein lieber Marschall; dann werde ich aber sechzig zählen, Herzog, und sehr alt sein.«

      »Sie, Gräfin!« rief der Marschall, »Sie die Erste! Mein Gott! wie sind Sie doch stets so schön und frisch!«

      »Sagen Sie, ich sei erfroren.«

      »Ich bitte, gehen Sie in's Boudoir.«

      »O! wir Beide allein, Marschall?«

      »Zu Drei,« erwiederte eine schmetternde Stimme.

      »Taverney!« rief der Marschall. »Die Pest über diesen Freudenstörer,« flüsterte er der Gräfin in's Ohr.

      »Geck!« murmelte Madame Dubarry, ein Gelächter aufschlagend.

      Und alle Drei gingen in das anstoßende Zimmer.

      2

      Lapérouse

      In demselben Augenblick verkündigte das dumpfe Rollen mehrerer Wagen auf dem schneebedeckten Pflaster dem Marschall die Ankunft der Geladenen, und bald nachher nahmen, unterstützt durch die Pünktlichkeit des Haushofmeisters, um den eirunden Tisch des Speisesaales Platz: neun Lakaien, schweigsam, wie Schatten, behend ohne Hast, zuvorkommend ohne Aufdringlichkeit, auf den Teppichen hinschlüpfend, zwischen den Gästen durchgehend, ohne je an ihren Armen anzustreifen, ohne je an ihre Fauteuils zu stoßen, Fauteuils, begraben in einer Masse von Pelzen, worein die Beine der Gäste bis an die Kniekehlen einsanken; das war es, was die Geladenen des Marschalls mit den milden Feuern der Oefen, dem Geruche der Fleische, dem Dufte der Weine und dem Gesumme der ersten Plaudereien nach der Suppe genossen.

      Kein Geräusch außen, die Läden hatten Dämpfer; kein Geräusch im Innern, ausgenommen das, welches die Gäste machten; Teller, die den Platz wechselten, ohne daß man sie tönen hörte, Silberzeug, das ohne einen einzigen Klang von den Buffets auf den Tisch überging; ein Haushofmeister, dessen Geflüster man nicht einmal hören könnte … er gab seine Befehle mit den Augen.

      So fühlten sich die Gäste nach Verlauf von zehn Minuten ganz allein in diesem Saale; so unfühlbare Sclaven mußten in der That stumm sein.

      Herr von Richelieu war der Erste, der dieses feierliche Stillschweigen, das so lange dauerte als die Suppe, dadurch unterbrach, daß er zu seinem Nachbar zur Rechten sagte:

      »Der Herr Graf trinkt nicht?«

      Derjenige, an welchen er diese Worte richtete, war ein Mann von achtundreißig Jahren, blond von Haaren, klein von Wuchs, hoch von Schultern; sein hellblaues Auge war zuweilen lebhaft, häufig melancholisch: der Adel war in unverwerflichen Zügen auf seine edle offene Stirne geschrieben.

      »Ich trinke nur Wasser,« antwortete er.

      »Ausgenommen bei König Ludwig XV.,« entgegnete der Herzog. »Ich habe die Ehre gehabt, mit dem Herrn Grafen dort zu speisen, und damals hat er wohl Wein getrunken.«

      »Sie rufen da eine herrliche Erinnerung in mir zurück, Herr Marschall; ja, im Jahre 1771 war es Tokayerwein vom kaiserlichen Gewächs.«

      »Es war von demselben Wein, den mein Haushofmeister in diesem Augenblick Ihnen einzuschenken die Ehre hat, Herr Graf,« erwiderte Richelieu, sich verbeugend.

      Der Graf von Haga hob das Glas bis zur Höhe seiner Augen empor und betrachtete es bei der Helle der Kerzen.

      Der Wein funkelte im Glase wie ein flüssiger Rubin.

      »Es ist wahr, Herr Marschall, ich danke,« sagte er.

      Der Graf sprach die Worte: ich danke, mit einem so edlen und anmuthigen Tone, daß die Anwesenden electrisiert mit einer einzigen und gleichzeitigen Bewegung aufstanden und riefen: »Es lebe Seine Majestät!«

      »Gewiß,« erwiderte der Graf von Haga: »Es lebe Seine Majestät der König von Frankreich! Sind Sie nicht meiner Ansicht, Herr von Lapérouse?«

      »Herr Graf,« erwiderte der Capitän mit dem zugleich freundlichen und ehrfurchtsvollen Ausdruck des Mannes, der mit gekrönten Häuptern zu sprechen gewohnt ist, »ich habe den König vor einer Stunde verlassen, und er war so voll Güte gegen mich, daß Niemand lauter: Es lebe der König! rufen wird, als ich es thue. Da ich mich in einer Stunde in eine Postchaise werfen werde, um die See zu erreichen, wo mich die zwei Versorgungsschiffe erwarten, die der König zu meiner Verfügung stellt, so bitte ich um Erlaubniß, so bald ich einmal draußen bin, rufen zu dürfen: Es lebe ein anderer König, dem ich sehr gern dienen würde, hätte ich nicht einen so guten Herrn!«

      Nach diesen Worten erhob Lapérouse sein Glas und verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor dem Grafen von Haga.

      »Bei der Gesundheit, die Sie ausbringen wollen, sind wir Alle bereit einzustimmen,


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