Der Arzt auf Java. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.einen dieser Ballen auf den Boden und reichte dem Fremden einen Bambusstuhl, nicht ohne ein mürrisches Gesicht zu machen, indem sie bemerkte, daß dieser mit seinen Schuhen und dem Wasser, das seinen Kleidern entfloß, die blendend weißen Matten, die den Boden bedeckten, kothig gemacht hatte.
Der junge Mann setzte sich, aber indem er umher sah, um den zu entdecken, welchen er suchte.
»Sie wollen den Doctor sehen?« fragte die Friesin.
»Ich möchte ihn nicht nur sehen,« erwiederte der Fremde, »sondern ich wünschte auch, daß er mich nach meiner Behausung begleitete, denn meine Frau ist ihrem Ende nahe; meine Frau, verstehen Sie wohl? Das heißt, das einzige Wesen, welches mich liebt und das ich auf dieser Welt liebe. Mein Gott, wenn ich daran denke, daß jede Minute, die ich verliere, ein Schritt mehr ist, den sie dem Tode entgegen geht. – Ach, Fräulein, bat der junge Mann schluchzend, indem er beide Hände gegen seine Landsmännin ausstreckte, um des Himmelswillen, führen Sie mich schnell zu Ihrem Herrn.«
»Ach, armer Herr,« sagte das junge Mädchen, »was verlangen Sie da?«
»Ich erbitte von Ihnen das Leben meiner Frau, denn man behauptet, daß nur Er allein sie retten kann.«
»Aber wissen Sie denn nicht« daß der Doctor Basilius seit seinen Streitigkeiten mit dem Polizeirichter, sich um keinen Menschen auf der Welt mehr aus dem Hause bringen läßt? Er empfängt seine Freunde bei sich, ertheilt ihnen Gesundheitsrathschläge, wie er sagt, wenn sie ihn darum bitten, aber darauf beschränkt sich auch seine Einmischung zwischen den Krankheiten und den Kranken. Was noch mehr ist – ich glaube, daß mein Herr seit zwei Jahren nicht in die obere Stadt hinaufgekommen ist.«
»Ach, sprechen Sie für mich,« rief der junge Mann, »um des Himmelswillen, sprechen Sie für mich, Fräulein, ich beschwöre Sie! Wenn Sie wüßten, wie ich meine Esther liebe! Er rettet, wenn er sie am Leben erhält, zwei menschliche Wesen, zwei Geschöpfe Gottes, zwei Brüder, die ihm das Leben verdanken. Mein Gott, mein Gott,« fuhr der junge Mann schluchzend fort, »seit 24 Stunden kämpft sie gegen den Tod und wie ich diese Zeit überlebt habe, weiß ich selbst nicht. – Lassen Sie mich zu dem Doctor, ich beschwöre Sie! Ich muß seine Knie umfassen und ihn bei Allem, was ihm in dieser und jener Welt heilig ist, anflehen, meine Frau zu retten, wenn sie noch gerettet werden kann.«
Die junge Friesin schüttelte zum Zeichen des Zweifels den Kopf und betrachtete den Fremden mit zärtlicher Theilnahme. »Ach,« sagte sie, indem sie die Stimme dämpfte, »Sie kennenden Doctor Basilius nicht?«
»Nein,« erwiederte der junge Mann, »ich bin kaum seit zwei Monaten in Batavia und seit dieser Zeit hat Esther das Bett nicht verlassen; ich blieb beständig an ihrem Lager.«
»Wer hat Sie denn an den Doctor gewiesen?« fragte die Friesin.
»Der Apotheker, von dem ich die Arzneien bekam. Er rühmte mir seine seltene Gelehrsamkeit und pries ihn als den einzigen Arzt, der vielleicht das Uebel bekämpfen könnte, welches meine Frau dem Grabe zuführt.«
»Und hat der Apotheker Ihnen nichts weiter über das Leben des Doctor Basilius gesagt?« fragte das junge Mädchen zögernd. »Theilte er Ihnen nicht mit, welches seine Gewohnheiten, seine Abenteuer sind? Setzte er Sie nicht in Kenntniß von den tausend Gerüchten, welche die Bosheit auf seine Rechnung in Umlauf brachte?«
»Nein, er sagte mir nur: »Gehen Sie zu diesem Manne; er kann Ihr Retter sein.« – Darauf bin ich gekommen.«.
»Ja, aber hat er nicht hinzugefügt: »Nehmen Sie Ihre Börse, junger Mann, und sorgen Sie dafür, daß sie gut gefüllt sei, ehe Sie es wagen, sich dem Doctor zu zeigen?«
»Ach, Fräulein, erwiederte der Unbekannte, »das wäre eine nutzlose Mahnung gewesen. Ich bin ein armer Handlungscommis, der nur von seiner Arbeit lebt und unglücklicher Weise mußte ich, um Esther nicht fremden Händen zu überlassen, gleich nach meiner Ankunft in Batavia auf die Stelle verzichten, wegen welcher ich 500 Meilen weit herkam. Bis ich daher eine Andere Stelle gefunden habe, bin ich ganz ohne alle Hilfsmittel.«
»Also indem Sie herkamen —?«
»Rechnete ich nur auf die Barmherzigkeit des Doctors.«
Die junge Holländerin stieß einen Seufzer aus und murmelte: »Armer junger Mann!«
»Was sagen Sie?« fragte der Unbekannte immer besorgter und besonders immer ungeduldiger.
»Ich sage, daß, wenn Sie nicht reich sind mein lieber Landsmann, der Doctor schwerlich einwilligen wird, Ihre Frau zu besuchen.«
»O mein Gott,« rief der Fremde, »da meine arme Esther zum Tode verurtheilt ist, mag man auch mein Leben nehmen!«
»Wenn ich es wagte —« sagte die junge Friesin schüchtern und indem sie einen Zipfel ihrer seidenen Schürze drehte.
»Was? Sprechen Sie! Erblicken Sie irgendein Mittel der Hilfe, so lassen Sie mich nicht darauf warten!«
»Ich habe einige Ersparnisse, von denen mein Herr nichts weiß; Sie sind ein Landsmann, Sie leiden, Ihr Schmerz thut mir weh, ich weiß nicht warum, aber ich habe gleich bei den ersten Worten Ihnen meine Theilnahme geschenkt. Es ist so selten, daß ein Mann seine Frau so liebt, wie Sie die Ihrige zu lieben scheinen. – Nun, nehmen Sie diese Ersparnisse an; Sie geben sie mir zurück, wenn Ihre Frau hergestellt ist, oder wenn Sie einen Posten haben.«
Der Fremde wollte dankend antworten und streckte schon die Hand aus, um die des jungen Mädchens zu drücken, als ein heftiger Schlag auf einen Gong durch das ganze Haus ertönte. Die junge Holländerin erbebte und ohne sich so viel Zeit zu lassen, dem Fremden nur noch ein Wort zu sagen, eilte sie hastig durch eine Seitenthür. Als der junge Mann allein geblieben war, verbarg er den Kopf in die Hände; er hielt jede Hilfe für verloren, sein Muth verließ ihn und er weinte heftig, doch still. Sein Schmerz nahm ihn so ganz ein, daß er die Rückkehr der hübschen Friesin nicht bemerkte. Sie tippte ihn mit dem Finger auf die Schulter. Er erbebte, hob den Kopf empor und als er das lächelnde Gesicht des jungen Mädchens sah, blieb er regungslos und erwartete mit offenem Munde ihre Worte. »Kehren Sie nach Hause zurück,« sagte sie. »Der Dr. Basilins wird Ihre Frau besuchen.« Plötzlich von dem äußersten Schmerz zur unbändigsten Freude übergehend, sank der junge Mann nieder auf s eine Knie, küßte die weißen, rundlichen Hände seiner Landsmännin und rief: »Ich danke Ihnen, mein rettender Engel! Denn ich zweifle nicht, daß das Opfer Ihrer Ersparnisse den Doctor bestimmt hat.« »Nein,« entgegnete das junge Mädchen, »ich begreife es selbst nicht. Ich habe nicht nöthig gehabt, an den Doctor nur die geringste Bitte zurichten. Als ich zitternd vor Furcht, ausgezankt zu werden – denn er hat mir verboten, jemals mit den Besuchern zu sprechen – eintrat, hat er die Augen von der Calcutter Zeitung nicht emporgehoben, sondern nur die Worte gesagt: »Sagen Sie Herrn Eusebius van der Beek, daß ich mich zu seiner Frau begeben werde.«
Er weiß meinen Namen?« rief der junge Mann verwundert.
»Ach mein Gott, was weiß er denn nicht!« sagte die junge Holländerin mit dem Ausdruck der Furcht. »Und gleichwohl habe ich ihn nicht ein einziges Mal aus dem Hause gehen sehen, seitdem ich bei ihm bin und das ist schon beinahe zwei Jahre her.«
»Sonderbar,« sagte Eusebius; »indeß das Wesentliche ist erreicht. Ach, wie viel Dank bin ich Ihnen schuldig, denn ich habe Ihr großmüthiges Anerbieten nicht vergessen, wenn es auch nicht mehr nöthig war. Sobald meine arme Esther genesen ist – wenn dies je geschieht, – führe ich sie zu Ihnen, um Ihnen zu danken.«
»Ist sie eine Holländerin?« fragte das junge Mädchen.
»Aus Harlem, eben so wie ich.«
»Und – hübsch?«
»Beinahe eben so sehr wie Sie,« sagte Eusebius heiter.
»Bringen Sie sie nicht her, nein, ich werde sie aufsuchen. Doch gehen Sie; beeilen Sie sich; der Doctor wird ausgehen und wenn er Sie noch fände, würde er mich der Schwatzhaftigkeit beschuldigen.«
»Aber warten Sie wenigstens, bis ich Ihnen die Adresse meiner Wohnung gegeben habe.«
»Das ist nicht nöthig; der Doctor wird sie schon finden; hätte er sie verlangt, so würde er danach gefragt haben. Gehen Sie, gehen Sie nur.«
Und