Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.XV., »Sie haben einen guten Koch, Gräfin.«
»Sire, er legte heute seine Probe ab, und der arme Teufel that Wunder, um den Beifall Eurer Majestät zu verdienen. Er ist fähig, sich die Gurgel abzuschneiden, wie der arme Vatel.«
»Wirklich! Sie glauben?« versetzte Ludwig XV.
»Er hatte besonders eine Omelette von Fasaneneiern, Sire, auf welche er rechnete.«
»Eine Omelette von Fasaneneiern! gerade diese Omelettes von Fasaneneiern bete ich an.«
»Sehen Sie, welch ein Unglück.«
»Nun, Gräfin, wir wollen Ihren! Koch keinen Kummer bereiten,« sprach der König lachend, »und während wir zu Nacht speisen, kehrt vielleicht Herr Zamore von seiner Runde zurück.«
»Ah! Sire, das ist ein siegreicher Gedanke,« sprach die Gräfin, welche ihre Freude darüber, daß sie die erste Partie gewonnen, nicht verbergen konnte. »Kommen Sie, Sire, kommen Sie.«
»Doch wer wird uns bedienen?« fragte der König, der vergebens irgend einen Lackei suchte.
»Ah! Sire,« versetzte Madame Dubarry, »kommt Ihnen Ihr Kaffee schlechter vor, wenn ich ihn reiche?«
»Nein, Gräfin, ich sage sogar, wenn Sie ihn mir machen.«
»Nun, so kommen Sie, Sire.«
»Nur zwei Gedecke!« sagte der König, »Chon hat also bereits zu Nacht gespeist?«
»Sire, man hätte es ohne ausdrücklichen Befehl Eurer Majestät nicht gewagt . . .«
»Vorwärts,« rief der König, und nahm selbst einen Teller und ein Gedeck von einer Etagère. »Komm, kleine Chon, hier, uns gegenüber.«
»Oh! Sire . . .« flüsterte Chon.
»Oh! ja, spiele die unterthänigste, demuthsvollste Dienerin, Du Heuchlerin! Setzen Sie sich hierher, Gräfin, neben mich. Was für ein reizendes Profil haben Sie!«
»Sie bemerken das heute erst, Sire!«
»Was wollen Sie! ich bin gewohnt, Sie von vorne anzuschauen, Gräfin. Ihr Koch ist offenbar ein großer Meister; was für eine vortreffliche Kraftsuppe!«
»Ich habe also Recht gehabt, den andern wegzuschicken?«
»Vollkommen Recht.«
»So befolgen Sie mein Beispiel, Sire, Sie sehen, daß man nur dabei gewinnen kann.«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Ich habe meinen Choiseul weggeschickt, schicken Sie den Ihrigen weg.«
»Keine Politik, Gräfin; geben Sie mir von diesem Madeira.«
Der König reichte ihr sein Glas; die Gräfin nahm eine Flasche mit engem Hals und bediente den König.
Der Druck machte die Finger weiß und röthete die Nägel des anmuthigen Mundschenks.
»Gießen Sie lange und sachte ein, Gräfin,« sagte der König.
»Um den Trank nicht zu trüben, Sire?«
»Nein, um mir Zeit zu gönnen, Ihre Hand zu sehen.«
»Ah! Sire,« erwiederte die Gräfin lachend, »Eure Majestät ist offenbar im Zuge, Entdeckungen zu machen.«
»Meiner Treue, ja,« versetzte der König, der allmählig seine schöne Laune wieder erlangte; »und ich glaube, ich bin ganz bereit, zu entdecken . . .«
»Eine Welt?« fragte die Gräfin.
»Nein, nein, eine Welt, das ist zu ehrgeizig. ich habe schon genug an einem Königreich. Aber eine Insel, einen kleinen Winkel der Erde, einen bezauberten Berg, einen Palast, dessen Armida eine mir befreundete, schöne Dame sein wird, während alle Arten von Ungeheuern den Eingang bewachen, wenn es mir zu vergessen beliebt.«
»Sire,« sagte die Gräfin, indem sie dem König eine Caraffe gefrorenen Champagnerwein, eine in jener Zeit ganz neue Erfindung, reichte, »hier ist gerade aus dem Lethestrom geschöpftes Wasser.«
»Aus dem Lethestrom, Gräfin, sind Sie dessen gewiß?«
»Ja, Sire; der arme Jean hat es aus der Hölle mitgebracht, in die er zu drei Vierteln hinabgestiegen ist.«
»Gräfin,« sagte der König, indem er sein Glas in die Höhe hob, »auf seine glückliche Auferstehung; doch ich bitte, keine Politik.«
»Dann weiß ich nicht mehr, von was ich sprechen soll, Sire, und wenn Eure Majestät, die so gut erzählt, uns eine Geschichte erzählen wollte . . .«
»Nein. aber ich will Ihnen Verse sagen.«
»Verse!« rief Madame Dubarry.
»Ja, Verse . . . Was ist hierüber zu staunen?«
»Eure Majestät haßt sie.«
»Parbleu! von hunderttausend, welche fabrizirt werden, sind neunzigtausend gegen mich.«
»Und diejenigen, welche mir Eure Majestät sagen wird, gehören zu den zehntausend, die sie keine Gnade für die neunzigtausend andern finden lassen können?«
»Nein, Gräfin, diejenigen, welche ich Ihnen sagen will, sind an Sie gerichtet.«
»An mich?«
»An Sie.«
»Und von wem?«
»Von Herrn von Voltaire.«
»Und er beauftragte Eure Majestät?«
»Keines Wegs, er richtete dieselben unmittelbar an Eure Hoheit.«
»Wie so, ohne Brief?«
»Im Gegentheil, in einem reizenden Brief.«
»Ah! ich begreife: Eure Majestät hat diesen Morgen mit ihrem Director der Posten gearbeitet.«
»Ganz richtig.«
»Lesen Sie, Sire, lesen Sie die Verse von Herrn von Voltaire.«
Ludwig XV. entfaltete ein kleines Papier und las:
Göttin der Freuden, zarte Mutter der Grazien,
warum willst du mir den Festen von Paphos
den schwarzen Verdacht, die schmähliche Ungnade verwischen?
Warum sinnst du auf den Untergang eines Helden?
Ulysses ist dem Vaterland theuer.
Er ist die Stütze von Agamemnon.
Seine thätige Staatskunst und sein umfassender Geist
schließen die Tapferkeit der stolzen Ilion in Fesseln.
Unterwirf die Götter deiner Herrschaft.
Venus, herrsche durch deine Schönheit über alle Herzen,
pflücke in einem lachenden Wahnsinn
die Rosen der Wollust,
aber lächle freundlich unsern Wünschen zu
und gib dem erschütterten Neptun die Ruhe wieder.
Ulysses, dieser den Trojanern schreckliche Sterbliche,
den du in reinem Zorne verfolgst,
ist für die Schönheit nur furchtbar,
wenn er auf seinen Knieen seufzt.22
»Offenbar, Sire,« sprach die Gräfin, mehr gereizt, als dankbar für die poetische Sendung, »offenbar will sich Herr von Voltaire mit Ihnen aussöhnen.«
»Oh! was das betrifft, das ist verlorne Mühe,« erwiederte Ludwig XV.; »es ist ein Zänker, der Alles in den Sack stecken würde, wenn er nach Paris käme. Er mag zu seinem Freunde, meinem Vetter Friedrich II., gehen. Es ist schon genug, daß wir Herrn Rousseau haben. Aber nehmen Sie doch diese Verse, Gräfin, und überlegen Sie dieselben.«
Die Gräfin nahm das Papier, rollte es in Form eines Anzünders zusammen und legte es neben ihren Teller.
Der
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Déesse des plaisirs, tendre mère des Grâces,
Pourquoi veux-tu mêler aux fêtes de Paphos
Les noirs soupçons, les honteuses disgrâces ?
Pourquoi médites-tu la perte d’un héros ?
Ulysse est cher à la patrie,
Il est l’appui d’Agamemnon ;
Sa politique active et son vaste génie,
Enchaînent la valeur de la fière Ilion.
Soumets les dieux à ton empire,
Vénus, sur tous les cœurs, règne par la beauté ;
Cueille, dans un riant délire,
Les roses de la volupté,
Mais à nos yeux daigne sourire,
Et rends le calme à Neptune agité.
Ulysse, ce mortel aux Troyens formidable,
Que-tu poursuis de ton courroux,
Pour la beauté n’est redoutable
Qu’en soupirant à ses genoux.