La San Felice Band 7. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.welcher weiter keine Waffe hatte, als seinen Regenschirm, setzte sich mit demselben zur Wehre.
Bei dem Rufe: »Der Jakobiner! der Jakobiner!« kamen alle jene Verworfenen, für welche dieser Ruf ein Versammlungssignal war, herbeigeeilt und schon bildete sich ein drohender Kreis um den Chevalier, als ein junger Mann diesen Ring durchbrach, den Beccajo durch einen Stoß vor die Brust zehn Schritte weit hinwegschleuderte, seinen Säbel zog, und sich vor den Chevalier stellte.
»Das wäre kein übler Jakobiner!« rief er dann. »Der Chevalier San Felice, Bibliothekar Seiner königlichen Hoheit des Prinzen von Calabrien, sollte ein Jakobiner sein! Ich frage,« fuhr er fort, indem er mit seinem Säbel die Mühle machte, »ich frage, was wollt Ihr denn von dem Chevalier San Felice?«
»Capitän Michele!« riefen die Lazzaroni. »Es lebe der Capitän Michele! Er ist einer der Unsern!«
»Jetzt gilt es nicht, zu rufen: Es lebe der Capitän Michele! sondern vielmehr: Es lebe der Chevalier San Felice! und zwar sogleich.«
Die Menge, welcher es ganz gleich ist, ob sie schreit: »Es lebe der und der !« oder: »Nieder mit dem und dem!« dafern sie nur überhaupt schreien kann, heulte wie aus einer einzigen Kehle:
»Es lebe der Chevalier San Felice!«
Nur der Beccajo schwieg
»Na,« sagte Michelle zu ihm, »wenn Du auch vor der Thür seines Gartens Dir deine Narbe geholt hat, so ist dies doch kein Grund für Dich, nicht auch zu rufen: Es lebe der Chevalier!«
»Und wenn es mir nun nicht beliebt, so zu rufen?« entgegnete der Beccajo.
»Auf das, was Dir beliebt, kommt es jetzt nicht an, sondern nur auf das, was mir beliebt. Entweder,« fuhr Michele fort, »rufst Du: Es lebe der Chevalier San Felice! und zwar auf der Stelle, oder ich schlage Dir auch noch das andere Auge aus deinem Kopf.«
Und Michele schwang seinen Säbel über den Kopf des Beccajo, welcher sehr bleich ward, und zwar mehr aus Angst als vor Zorn.
»Mein Freund, mein guter Michele,« sagte der Chevalier, »laß diesen Menschen in Ruhe. Du siehst ja, daß er mich nicht kennt.«
»Aber wenn er Sie nicht kennt, warum wollte er Sie denn zwingen, den Kopf des Unglücklichen zu küssen, welchen er umgebracht hat? Allerdings wäre es immer noch besser, diesen Kopf, welcher der eines ehrlichen Mannes ist, zu küssen als den einigen, welcher einem Schurken angehört.«
»Hört Ihr es!« heulte der Beccajo.
»Er nennt Jakobiner ehrliche Leute!«
»Schweig, Elender! Dieser Mann war kein Jakobiner, das weißt Du recht wohl. Es war Antonio Ferrari, der Courier des Königs und einer der entschlossensten Diener Seiner Majestät. Wenn Ihr mir nicht glaubt, so fragt hier den Chevalier. Herr Chevalier, sagen Sie diesen Leuten, welche nicht bös sind, aber das Unglück hatten, einem Bösewicht zu folgen, sagen Sie ihnen, wer der arme Antonio war.«
»Meine Freunde, sagte der Chevalier, »Antonio Ferrari, welcher umgebracht worden, ist in der That das Opfer eines beklagenswerthen Irrthumes, denn er war einer der eifrigsten Diener eures guten Königs, welcher in diesem Augenblicke seinen Tod beweint.«
Die Menge hörte mit Bestürzung zu.
»Jetzt wage noch zu sagen, daß dieser Kopf nicht der Ferraris ist und daß Ferrari nicht ein ehrlicher Mann war! Sag' es! So lag es doch, damit ich Gelegenheit habe, Dir die andere Hälfte deines Gesichtes herunter zu hauen.«
Und Michele hob seinen Säbel über den Beccajo.
»Gnade!« rief dieser, indem er auf die Knie niedersank. »Ich will Alles sagen, was Du verlangt.«
»Und ich, ich will nur Eins sagen, nämlich, daß Du ein Bube bist. Mach, daß Du fortkommt, und wenn Du mir jemals wieder in den Weg geräthst, so trage Sorge, mir auf zwanzig Schritte rechts oder links auszuweichen.«
Der Beccajo entfernte sich unter dem Hohngeschrei dieser Menge, welche ihm einen Augenblick vorher noch Beifall zujauchzte und die sich in zwei Banden theilte.
Die eine folgte dem Beccajo, indem sie ihn mit Schimpfreden überhäufte, die andere dagegen Michele und dem Chevalier, indem sie rief:
»Es lebe Michele! Es lebe der Chevalier San Felice!«
Michele blieb an der Thür des Gartens stehen, um seine Escorte zu verabschieden.
Der Chevalier ging in sein Haus hinein und rief, wie wir bereits erwähnt, Luisa.
Wir haben so eben erzählt, was er von den Fenstern der Bibliothek aus mit angesehen und was ihm auf dem Riesenhügel begegnet war – zwei Dinge, die unserer Meinung nach hinreichend waren, um seine Blässe zu erklären.
Kaum hatte er Luisa den Grund mitgetheilt, der ihn zurückführte, so ward sie ihrerseits bleicher als er. Sie entgegnete jedoch kein Wort, sie machte keine Bemerkung, sondern fragte blos:
»Wann wird die Abreise erfolgen?«
»Zwischen zehn Uhr und Mitternacht,« antwortete der Chevalier.
»Ich werde bereit sein,« sagte sie. »Mache Dir keine Sorge um mich, mein Freund.«
Und sie zog sich unter dem Vorwande, ihre Anstalten zur Abreise zu treffen, in ihr Zimmer zurück, indem sie zugleich Befehl gab, das Diner wie gewöhnlich um drei Uhr zu servieren.
Drittes Capitel.
Das Verhängniß
Luisa hatte sich nicht in ihr Zimmer zurückgezogen, sondern in das Salvatos. In dem Kampfe zwischen der Pflicht und der Liebe hatte die erstere gesiegt, nachdem sie aber ihre Liebe der Pflicht geopfert, glaubte sie eben dadurch das Recht erworben zu haben, der Liebe ihre Thränen zu weihen.
Schon seit dem Tage, wo sie zu ihrem Gatten gesagt: »Ich werde mit Dir gehen,« hatte sie viel geweint.
Da sie nicht wußte, auf welchem Wege die Salvato ihre Briefe zusenden sollte, so hatte sie nicht an ihn geschrieben, wohl aber zwei anderweite Briefe von ihm empfangen.
Diese so feurige Liebe, diese so innige Freude, welche sie in jeder Zeile der Briefe des jungen Mannes fand, zerriß ihr das Herz, besonders wenn sie bedachte, welcher bitteren Täuschung Salvato zur Beute fallen würde, wenn er, erfüllt von Hoffnung und Gewißheit, das Fenster offen und Luisa in dem Zimmer glaubend, wo sie in diesem Augenblick so heiße Thränen des Schmerzes vergoß, Luisa abwesend und das Fenster verlassen fände.
Dennoch bereute sie nicht, was sie versprochen, oder wozu sie vielmehr sich erboten. Hätte sie noch einmal die Wahl gehabt, so würde sie jetzt, wo die Stunde der Abreise bevorstand, doch abermals so gehandelt haben, wie sie gethan.
Sie rief Giovannina.
Diese kam herbeigeeilt. Sie hatte von der Küche aus Michele gesehen und ahnte, daß etwas ganz Außerordentliches geschehen sei.
»Nina,« sagte ihre Herrin zu ihr, »diese Nacht verlassen wir Neapel. Ich beauftrage Dich, die Gegenstände, deren ich zum alltäglichen Gebrauche bedarf, zusammen und in einige Kisten zu packen. Du kennst diese Gegenstände ebenso gut als ich, nicht wahr?«
»Allerdings kenne ich sie,« antwortete die Dienerin, »und ich werde thun, was Sie mir befehlen, Signora. Vorher aber werden Sie die Güte haben, mir über etwas Aufschluß zu geben.«
»Worüber? sprich, Nina,« antwortete Luisa, ein wenig verwundert über die steigende Festigkeit, womit die Dienerin auf den ihr erheilten Befehl geantwortet.
»Nun, ich meine über die Worte: Wir verlassen Neapel, nicht wahr, so sagten Sie, Signora?«
»Allerdings sagte ich so.«
»Gedenken Sie mich mitzunehmen, Signora?«
»Wenn Du Lust hat, mitzugehen, ja; solltest Du dagegen keine Lust haben –«
Nina sah ein, daß sie ein wenig zu weit gegangen war.
»Wenn ich nur von mir abhinge, so würde ich Ihnen mit dem größten Vergnügen folgen bis ans Ende der Welt,« sagte sie »unglücklicherweise aber habe ich Familie.«
»Eine