Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
Читать онлайн книгу.Operation mit kritischem Blicke. Ich sah, wie die mageren, wachsartigen Finges der armen Frau zitterten, indem sie unter dem Blicke ihres Gatten das Messer führte.
»Sehr erfreut, Sie zu sehen, mein werther Herr,« sagte Mr. Sherwin mit gastfreundlichem Lächeln und indem er mir die Hand bot. »Erlauben Sie mir, Ihnen meine bessere Hälfte, Mistreß Sheriwin, vorzustellen.«
Die »bessere Hälfte« erhob sich wie plötzlich aus dem Schlafe auffahrend und machte mir eine Verbeugung, indem sie das Messer in dem Kuchen stecken ließ.
Mr. Sherwin warf ihr sofort einen strengen Blick zu, zog rasch und ungeduldig das Messer aus dem Kuchen und legte es auf den Teller.
Die arme Mistreß Sheriwin! An dem Tage, wo sie mit ihrer Tochter in den Omnibus gestiegen war, hatte ich sie kaum beachtet, und es war, als wenn ich sie jetzt zum ersten Male sähe.
Die Frauen besitzen von Natur weit mehr als die Männer die Gabe, ihre Gemüthsbewegungen mitzutheilen. Eine glückliche Frau verbreitet auf geheimnißvolle Weise die Ausstrahlungen ihres Glückes um sich her und übt einen Einfluß, der sich mit dem eines schönen sonnen hellen Tages vergleichen läßt.
Dagegen ist es eben so wahr, daß die Melancholie eines melancholischen Weibes unabänderlich ansteckend ist, selbst in ihrem Schweigen, und Mistreß Sherwin war eine Frau dieser Art. Ihre krankhaft blasse Gesichtsfarbe, ihre großen, feuchten, sanften ünd hellblauen Augen, ihre schüchterne, unruhige, furchtsame Haltung, das Gemisch von Zögern und krampfhafter unwillkürlicher Lebhaftigkeit, welches sich in jeder ihrer Bewegungen kundgab – alles Dies waren eben so viele Symptome, welche ein Leben des Zwanges und unaufhörlicher Furcht verriethen, eben so wie einen schwachen, bescheidenen Charakter, obschon derselbe erfüllt sein konnte von edelmüthigen Bestrebungen, die nun verdammt waren, im Schatten eines eingeschüchterten Gewissens zu zittern.
Hier, in diesem Gesichte mit den hohlen Zügen und von durchsichtiger Sanftmuth, in diesen peinlichen Zuckungen und in der gleichsam ruckweisen Lebhaftigteit ihrer Bewegungen, in dem Tone dieser matten, zitternden Stimme entdeckte ich eins jener so ergreifenden Dramen des Herzens, welche steh nicht beschreiben lassen, die aber Scene um Scene und Jahr für Jahr auf dem geheimen Theater des häuslichen Herdes aufgeführt werden; Dramen die ihren Verlauf in dem Dunkel haben, welches immer dichter wird, so wie der Tod langsam, Falte für Falte und Tag für Tag den schwarzen Vorhang fallen läßt, hinter welchem Alles verschwindet.
»Wir haben seit einigen Tagen recht schönes Wetter, Sir,« sagte Mistreß Sherwin mit so schwacher Stimme, daß man sie kaum hörte und indem sie fortwährend aus ihren Gatten einen Blick heftete, dessen unruhiger Ausdruck wahrhaft Mitleid erregend war, als ob sie sich hätte überzeugen wollen, daß es ihr erlaubt sei, diesen wahrhaft erbärmlichen Gemeinplaß zu äußern. »Sehr schönes Wetter, das läßt sich nicht leugnen,« fuhr die arme Frau so schüchtern fort wie ein Kind, welches vor einem Fremden seine erste Lection hersagt.
»Ja, sehr schönes Wetter, Mistreß Sherwin. Ich wollte es auf dem Lande genießen und habe die zwei letzten Tage zu einer Partie in die Umgegend von Ewell verwendet, die ich noch nicht kannte.«
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