Weihnachtsgeschichten, Märchen & Sagen (Über 100 Titel in einem Buch - Illustrierte Ausgabe). Оскар Уайльд

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Weihnachtsgeschichten, Märchen  & Sagen (Über 100 Titel  in einem Buch - Illustrierte Ausgabe) - Оскар Уайльд


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anzulegen. Ein höchst respektabler Mann! Doch es lebt Einer über uns. Wir müssen uns unterwerfen!«

      Wie, Ratsherr? Kein Wort von Ausrottung des Selbstmordes? Denk’ an deine hohe Moral und deinen prahlerischen Stolz, Richter! Komm, Ratsherr! Nimm diese beiden Wagschalen. Wirf in diese eine, die leere, ein armes Weib ohne Nahrung, das vor Elend und Hunger stirbt und bei der die Quelle der Natur verdorrt, ausgetrocknet und unerbittlich ist gegen die Ansprüche, auf die ihr Kind ein Anrecht hat von der Mutter Eva her. Wäge mir die zwei, Daniel, der du zu Gericht gehst, wenn dein Tag kommt! Wäge sie vor den Augen der Tausende von Gequälten, die der greulichen Komödie, die du spielst, zuhören, Oder angenommen, deine fünf Sinne gingen dir verloren – es liegt nicht so fern, daß dies nicht leicht geschehen könnte – und du legtest Hand an dich selber, als eine Warnung für deinesgleichen (wenn es deinesgleichen gibt), wenn sie ihre gemütliche Schlechtigkeit den zum Wahnsinn getriebenen Gemütern und verzweifelten Herzen vorkrächzen. Was dann?

      Die Worte kamen aus Trottys Brust, als wenn sie eine fremde Stimme in ihm gesprochen hätte. Ratsherr Cute verpflichtete sich Mr. Filsh gegenüber, daß er ihm behilflich sein wollte, die traurige Katastrophe Sir Joseph beizubringen, wenn der Tag vorüber wäre. Dann sagte er in der Bitterkeit seines Schmerzes, Mr. Fish die Hand drückend: »Der ehrenwerteste der Menschen!« und fügte hinzu, daß er kaum wisse, nicht einmal er, warum so viel Kummer auf Erden geduldet würde.

      »Man könnte fast denken, wenn man es nicht besser wüßte, sagte Cute, »daß manchmal in der allgemeinen Einrichtung der gesellschaftlichen Fabrik eine umstürzende Bewegung der Dinge stattfände. Gebrüder Deedles!«

      Das Kegelspiel ging mit großem Erfolg vor sich. Sir Joseph warf die Kegel mit großem Geschick. Master Bowley spielte auch mit, auf kürzerer Bahn, und alle Welt sagte, daß nun, wo ein Baronet und der Sohn eines Baronets Kegel spielten, das Land wieder hochkommen würde, so schnell es könnte.

      Dann wurde das Bankett serviert. Trotty begab sich unfreiwillig mit den übrigen in die Halle, denn er fühlte sich von einem stärkern Impuls, als sein freier Wille war, dorthin geführt. Es sah dort äußerst prächtig aus. Die Damen waren sehr hübsch, die Gäste heiter, fröhlich und guter Laune. Als die unteren Türen geöffnet wurden und die Leute in ihrer ländlichen Tracht hereinströmten, da erreichte die Schönheit des Schauspiels ihren Gipfel. Doch Trotty murmelte nur immer öfter: »Wo ist Richard? Er sollte ihr helfen und sie trösten! Ich kann Richard nicht sehen.«

      Es wurden einige Reden gehalten und Lady Bowleys Gesundheit getrunken, und Sir Joseph Bowley hatte dafür seinen Dank abgestattet und seine große Rede gehalten, in der er mit verschiedenen Gründen bewies, daß er der geborene Freund und Vater usw., und hatte als Toast seine Freunde und Kinder und die Würde der Arbeit ausgebracht. Da zog im Hintergrunde der Halle eine kleine Störung Tobys Aufmerksamkeit auf sich. Nach einigem Wirrwarr, Lärm und Streit durchbrach ein Mann den Haufen und stand allein da.

      Es war nicht Richard, Aber einer, an den er oft gedacht und den er erwartet hatte. Bei spärlichem Licht hätte er vielleicht an der Identität des alten, grauen, gebeugten, abgezehrten Mannes gezweifelt, aber bei dem hellen Schein der Lampen, der auf seinen knochigen Kopf fiel, erkannte er Will Fern, sobald derselbe nur hervortrat.

      »Was ist das?« rief Sir Joseph sich erhebend aus. »Wer erlaubte diesem Manne den Zutritt? Dies ist ein Verbrecher aus dem Gefängnis. Mr. Fish, wollen Sie die Güte haben« –

      »Eine Minute«, sagte Will Fern, »eine Minute, Mylady! Sie sind an dem heutigen Tage zugleich mit dem neuen Jahr geboren worden. Gestatten Sie mir nur eine Minute zu sprechen.«

      Sie legte Fürbitte für ihn ein, und Sir Joseph setzte sich wieder mit angeborener Würde auf seinen Sessel.

      Der zerlumpte Gast – denn er war elendiglich bekleidet – blickte im Kreise auf die Gesellschaft und bezeigte ihr durch einen demütigen Diener seine Ehrfurcht.

      »Ihr vornehmen Leute«, sagte er, »ihr habt soeben auf das Wohl der Arbeiter getrunken. Seht mich an.«

      »Er kommt geraden Weges aus dem Gefängnis«, sagte Mr. Fish.

      »Geraden Wegs aus dem Gefängnis«, sagte Will, »und weder das erste, noch das zweite, noch das dritte oder vierte Mal.«

      Mr. Filer bemerkte mürrisch, daß viermal über dem Durchschnitt sei und mehr, als sich gehöre; er soll sich schämen.

      »Ihr vornehmen Leute«, wiederholte Will Fern, »seht mich an. Ihr seht, daß ich so übel daran bin, wie nur irgend möglich, so daß ihr mir weder schaden, noch helfen könnt; denn die Zeit, wo eure guten Worte oder guten Taten mir hätten nützen können – er schlug sich mit der Hand an die Brust und schüttelte den Kopf – ist mit dem Duft der Bohnen oder des Klees vom vorigen Jahre entflohen; aber für diese laßt mich ein Wort sagen – er zeigte auf die Arbeiter in der Halle – und wenn ihr wollt, so hört einmal die reine Wahrheit sprechen.«

      »Es ist niemand hier!« sagte der Wirt, »der Ihn zum Sprecher haben möchte!«

      »Sehr möglich, Sir Joseph, ich glaube es. Vielleicht ist nichtsdestoweniger wahr, was ich sage. Vielleicht beweist es dies sogar. Ihr vornehmen Leute, ich habe viele Jahre an diesem Orte gelebt. Ihr könnt noch die Hütte von dem Knick aus sehen. Sie macht sich gut auf einem Gemälde, habe ich sagen hören. Doch bei Gemälden gibt’s kein Wetter. Und mag sein, sie taugt besser dazu, als zu einem Wohnhause. Indes, ich wohnte drin. Wie hart, wie bitter hart ich darin wohnte und lebte, will ich nicht sagen. Jeden Tag im Jahre und jedweden Tag könnt ihr es selber beurteilen.«

      Er sprach, wie er an dem Abend gesprochen, als Trotty ihn auf der Straße fand; seine Stimme war tiefer und rauher und zitterte dann und wann ein wenig. Doch er erhob sie niemals leidenschaftlich, und selten sprach er stärker, als es die schlichten Gegenstände erforderten, von denen er redete. »Es ist härter, als ihr es euch denkt, ihr vornehmen Leute, in Ehren aufzuwachsen, nur mit dem gewöhnlichen Verstand mit Ehren an solch einem Orte. Daß ich zu einem Menschen und nicht zu einem Vieh wurde, wie ich es damals war, spricht etwas für mich. Wie ich jetzt bin, läßt sich für mich nichts sagen und nichts tun. Das ist vorüber für mich.«

      »Es freut mich, daß dieser Mann gekommen ist«, sagte Sir Joseph und sah vergnügt um sich. »Man störe ihn nicht. Es scheint Bestimmung zu sein. Er ist ein Exempel, ein lebendes Exempel. Ich glaube und hoffe zuversichtlich, daß es für meine Freunde hier nicht verloren sein wird.«

      »Ich schleppte mich durch«, sagte Fern nach kurzem Stillschweigen, »so oder so. Weder ich noch ein anderer weiß, wie; aber so schwer, daß ich kein fröhliches Gesicht machen oder den Leuten einreden konnte, ich wäre etwas anderes, als ich war. Ihr, Gentlemen, die ihr im Parlament sitzt, wenn ihr einen Mann seht mit unzufriedenen Zügen im Gesicht, so sagt ihr zueinander: Er ist verdächtig. Ich bin argwöhnisch, sagt ihr, in bezug auf Will Fern, bewacht diesen Kerl. Ich will nicht sagen, daß dies nicht ganz natürlich sei. Doch ich sage, es ist so und von dieser Stunde, was immer Will Fern tut oder läßt, alles gleich, es geht auf seine Kappe!«

      Ratsherr Cute steckte seine Daumen in die Westentasche, lehnte sich zurück in seinen Stuhl, lächelte und blinzelte einem in der Nähe stehenden Armleuchter zu, als wenn er sagen wollte: »Natürlich, ich sagte es ja. Das gewöhnliche Geschrei! Gott steh’ euch bei! Wir kennen alle diese Dinge genugsam – ich und die menschliche Natur.«

      »Nun, Gentlemen«, sagte Will Fern, indem er die Hände ausbreitete und einen Augenblick sich sein hageres Gesicht rötete, »begreift wie eure Gesetze sind, um uns zu fangen und zu verfolgen, wenn wir bis dahin gekommen sind. Ich versuche anderswo zu leben. Und ich bin ein Vagabund, ich bin ein Landstreicher. Ins Gefängnis mit ihm! Ich gehe in eure Wälder, Nüsse zu pflücken, und breche – wer tut das nicht? – einen dünnen Zweig oder zwei ab. Ins Gefängnis mit ihm! Einer eurer Wildhüter sieht mich am hellen, lichten Tage in der Nähe eines Gartens mit einer Flinte. Ins Gefängnis mit ihm! Ich schneide mir einen Stock ab. Ins Gefängnis mit ihm! Ich esse einen verfaulten Apfel oder eine Rübe. Ins Gefängnis mit ihm! Es ist zwanzig Meilen von hier entfernt und als ich zurückkomme, bitte ich um eine Kleinigkeit auf der Straße. Ins Gefängnis mit ihm! Genug, der Polizist, der Wildhüter, jedermann findet mich überall und ich tue


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