Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer


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dem Augenblick verschwand er bereits hinter der Scheune.

      Ingrid starrte auf den Platz, von dem er verschwunden war. Hatte sie geträumt?

      Langsam ging sie ein Stück über den Hof, um hinter die Scheune sehen zu können. Der Mann lehnte am Stamm eines Apfelbaumes und atmete schwer. Endlich hetzte er taumelnd weiter und tauchte hinter Gestrüpp unter.

      Ingrid wandte sich um und schritt zum Haus. Sicherheitshalber schloss sie die Tür hinter sich ab, obwohl sie das Gefühl hatte, dass sie den Fremden eigentlich nicht zu fürchten brauchte. Immer wieder tauchte vor ihren geistigen Augen sein gerötetes Gesicht auf. War dieser Mann vielleicht krank?

      Mehrmals schaute sie zu den Fenstern hinaus, aber der Fremde ließ sich nirgends mehr blicken. Ingrid schaffte an diesem Tag bei Weitem nicht die Arbeit, die sie sich vorgenommen hatte.

      Als ihr Helfer am Nachmittag kam, fragte sie ihn vorsichtig aus, ob er auf dem Weg einem Fremden begegnet sei. Dem Mann war niemand aufgefallen.

      Gegen Abend ging Ingrid zum Birkenhof. Sie wollte Petra abholen, obwohl sie das nicht mit ihr vereinbart hatte.

      Forschend sah sie sich um. Oft blieb sie sogar stehen. Sie konnte sich nicht erklären, warum sie von den Gedanken an den Fremden nicht loskam. Er war sicher nicht mehr in der Nähe.

      Auf dem Birkenhof traf Ingrid nur Eugen von Herwig an. Karl war auf der Pferdekoppel, Imma mit Petra in den Ort gegangen.

      Eugen von Herwig freute sich über die Gesellschaft der hübschen jungen Frau und führte ihr die kleine Katrin vor.

      Sie wollte sofort zu Ingrid.

      »Darf ich sie mitnehmen? Ich möchte zu Karl auf die Koppel, um Simmerl zu begrüßen«, sagte Ingrid.

      »Katrin wird Ihnen zu schwer werden«, meinte Eugen von Herwig besorgt. »Sicher haben Sie sich von Ihrer Krankheit noch nicht richtig erholt.«

      »Doch, es geht mir wieder ausgezeichnet.«

      Trotz dieser Versicherung trug Eugen von Herwig die kleine Katrin selbst bis zur Pferdekoppel. Erst dort überließ er sie Ingrid.

      Karl freute sich, als er die junge Frau sah. Kurz überlegte sie, ob sie ihm von dem Fremden in der Scheune erzählen sollte. Sie unterließ es. Niemand auf dem Birkenhof sollte sich schon wieder Sorgen um sie machen müssen. Und sorgen würden Imma und Karl sich, wenn sie erfuhren, dass sie mysteriösen Besuch gehabt hatte.

      »Ich werde Simmerl wohl bald zurückholen, Karl«, sagte Ingrid. »Anscheinend geht es bei uns bergauf. Leider haben wir jetzt noch keinen Platz im Stall. Aber im zeitigen Frühjahr will der Bauer seine Kühe wieder holen. Dann ist sein neuer Stall fertig.«

      »Simmerl wird bei uns bestens versorgt, und Petra darf ihn ja jederzeit besuchen, Frau Pleyer.« Stolz blickte Karl zu dem zweiten Stall, der bis vor Kurzem noch nicht zu benutzen gewesen war. In den letzten Wochen hatte er ihn hergerichtet. »Wir bringen unsere Pferde den Winter über gut unter. Und Hafer haben wir auch genug.«

      Ingrid lächelte dem alten Karl zu. Sie dachte daran, wie schön es wäre, am Abend manchmal ein Stündchen mit Imma und Karl zu plaudern. Aber sie wollte Petra nicht allein im Haus lassen.

      Ihre Gedanken wanderten wieder zu dem Fremden. War er nun zu fürchten oder nicht?

      Ingrid war froh, als Imma und Petra zurückkamen und sie ablenkten. Petra hatte viel zu erzählen von dem wunderschönen Tag auf dem Birkenhof.

      Noch auf dem Nachhauseweg schwärmte sie davon. Aber sie war so müde, dass sie frühzeitig zu Bett ging.

      Ingrid hatte lange Zeit Gelegenheit, zum Fenster hinauszusehen. Meistens blickte sie zum Scheunentor hinüber, als erwarte sie, dass der Fremde wieder ein Nachtlager im Heu suchen werde.

      Als auch sie zu Bett ging, versuchte sie, endlich mit den Erinnerungen an diesen Mann abzuschließen.

      Sie ahnte nicht, dass er doch noch in der Gegend war.

      Er schlich zu dieser Zeit um den Birkenhof. Allerdings bemühte er sich vergeblich, einen Blick in die beleuchtete Wohnstube zu werfen. Die Übergardinen waren zugezogen. Aber er vernahm Stimmen, und manchmal verstand er sogar ein Wort von dem, was gesprochen wurde.

      Als er mehrere Male den Namen Katrin gehört hatte, verließ er seinen Platz und ging zum Wald hinauf. Dort hatte er bei Tage eine baufällige Hütte gesehen. In ihr wollte er in dieser Nacht schlafen. Zur Schlehdorn-Mühle wagte er sich nicht mehr. Deutlich glaubte er die erschrockenen Augen der schönen jungen Frau noch vor sich zu sehen. Sie hatte Angst gehabt, auch wenn sie bemüht gewesen war, das zu verbergen.

      Er wollte jedoch niemanden in Angst und Schrecken versetzen.

      *

      Am nächsten Tag machte Imma Petra und ihrer Mutter eine große Freude. Sie brachte Susanne, eine Enkelin Frau Langens, und die kleine Katrin in die Mühle. Susanne war mit ihren zehn Jahren alt genug, um ein paar Stunden auf das Kind aufzupassen. Zwar hatte Eugen von Herwig zuerst Bedenken gehabt, aber Imma hatte sie ihm ausgeredet. Zu gut wusste sie, dass ihr Vater gleich eifersüchtig war, wenn sein kleiner Liebling Katrin von anderen mit Beschlag belegt wurden. Denn er war nun einmal davon überzeugt, dass es niemand besser mit der Kleinen meinen konnte als er selbst.

      Der Nachmittag war heute kühl, deshalb drang Ingrid darauf, dass die Kinder nach einem kurzen Aufenthalt im Freien im Wohnzimmer spielten. Sie selbst arbeitete mit ihrem Helfer in der Mühle.

      Petra übernahm die Arbeit in der Küche. Sie kochte Kakao, stellte die Platte mit dem Kuchen auf den Tisch und holte Gedecke herein. Sorgfältig rückte sie alles auf dem kleinen Tisch zurecht.

      Später saß die kleine Katrin auf Susannes Schoß und ließ sich füttern. Sie kam sich anscheinend sehr wichtig vor bei den beiden großen Kindern. Am meisten lachte und krähte sie, wenn sich Petra um sie kümmerte. Und diese tat das gern.

      Als die Mädchen geschmaust hatten, hockten sie sich wieder auf den Fußboden. Katrin krabbelte auf dem Teppich herum und versuchte immer wieder, sich an einem der Mädchen aufzurichten, doch immer wieder landete sie auf ihrem Hinterteil, was sie jedoch mit einem Jauchzen quittierte.

      Zu dieser Zeit kam der Fremde auf den Hof. Er hatte sich lange Zeit hinter den Schlehdornbüschen versteckt gehalten, nachdem die Kinder ins Haus gegangen waren. Er hatte auch beobachtet, dass die junge Frau in der Mühle verschwand, und hörte dort die Maschinen klappern. Deshalb hielt er es nun für ungefährlich, sich an das Wohnhaus heranzupirschen. Er drückte sich an der Mauer entlang, bis er das Fenster erreichte, hinter dem er die Kinder glaubte. Deutlich vernahm er die hellen Stimmen.

      Vorsichtig spähte er jetzt durch das Glas. Seine Zähne bissen die Unterlippe blutig, und seine Hände zitterten.

      »Katrin!«, flüsterte er und hielt sich am Fensterladen fest. Alles vor ihm schien sich plötzlich im Kreis zu drehen.

      Die Kinder waren so sehr in ihr Spiel vertieft, dass sie den Mann am Fenster nicht wahrnahmen.

      Aber Ingrid sah ihn von der Mühle aus. Sie war hinausgegangen, um einmal nach den Kindern zu schauen.

      Schnell eilte sie auf dem Fremden zu und fasste ihn am Arm. »Was tun Sie schon wieder hier?«, stieß sie hervor. Sie hatte jetzt Angst um die Kinder.

      Schien es nicht ganz so, als interessierten gerade sie diesen Mann?

      Er stützte sich plötzlich mit einer Hand auf ihre Schulter.

      »Ist Ihnen nicht gut?«, fragte Ingrid. Wieder fiel ihr sein gerötetes Gesicht auf. Seine Augen flackerten.

      »Ich – ich bin krank«, sagte er leise. »Aber ich muss weg.«

      »Nein, das lasse ich nicht zu«, erwiderte Ingrid sehr entschieden. »Ich will wissen, was Sie hier suchen, warum sie sich ausgerechnet hier bei der Mühle herumtreiben. Kommen Sie mit ins Haus.«

      »In der Mühle ist ein Mann. Er darf mich nicht sehen!«

      Ingrid zog den Fremden


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