Kosmos. Alexander von Humboldt
Читать онлайн книгу.vermuthen. Sind diese Strömungen, wie in Seebeck’s Versuchen, thermomagnetisch unmittelbar durch ungleiche Vertheilung der Wärme erregt? oder soll man sie nicht vielmehr als durch den Stand der Sonne, durch die Sonnenwärme inducirt »The phenomena of periodical variations depend manifestly on the action of solar heat, operating probably through the medium of thermoelectric currents induced on the earth’s surface. Beyond this rude guess however, nothing is as yet known of the physical cause. It is even still a matter of speculation, whether the solar influence be a principal, or only a subordinate cause in the phenomena of terrestrial magnetism.« (Observ. to be made in the Antarctic Exped. 1840 p. 35.) betrachten? Hat die Rotation des Planeten und das Moment der Geschwindigkeit, welches die einzelnen Zonen nach ihrem Abstande vom Aequator erlangen, Einfluß auf die Vertheilung des Magnetismus? Soll man den Sitz der Strömungen, d. i. der bewegten Electricität, in dem Luftkreise, in den interplanetaren Räumen oder in der Polarität der Sonne und des Mondes suchen? Schon Galilei war in seinem berühmten Dialogo geneigt die parallele Richtung der Erdachse einem magnetischen Anziehungspunkt im Weltraume zuzuschreiben.
Wenn man sich das Innere des Erdkörpers als geschmolzen und einen ungeheuren Druck erleidend, als zu einer Temperatur erhoben denkt, für die wir kein Maaß haben; so muß man wohl auf einen magnetischen Kern der Erde verzichten. Allerdings geht erst bei der Weißglühhitze aller Magnetismus verloren Barlow in den Philos. Transact. for 1822 P. I. p. 117; Sir David Brewster, treatise on Magnetism p. 129. Lange vor Gilbert und Hooke ward schon in dem chinesischen Werke Ou-thsa-tsou gelehrt, daß die Hitze die Richtkraft der Magnetnadel vermindere (Klaproth, Lettre à M. A. de Humboldt, sur l’invention de la Boussole p. 96).; er äußert sich noch, wenn das Eisen dunkelrothglühend ist; und so verschieden auch die Modificationen sein mögen, welche der Molecular-Zustand und die davon abhängige Coercitivkraft der Stoffe in den Versuchen erzeugen: so bleibt immer noch eine beträchtliche Dicke der Erdschicht über, die man als Sitz der magnetischen Ströme annehmen möchte. Was die alte Erklärung der stündlichen Variationen der Abweichung durch die progressive Erwärmung der Erde im scheinbaren Sonnenlauf von Osten nach Westen anbetrifft, so muß man sich dabei freilich auf die äußerste Oberfläche beschränken: da die in den Erdboden eingesenkten, jetzt an so vielen Orten genau beobachteten Thermometer zeigen, wie langsam die Sonnenwärme selbst auf die geringe Tiefe von einigen Fußen eindringt. Dazu ist der thermische Zustand der Meeresfläche, welche ⅔ des Planeten bedeckt, solchen Erklärungen wenig günstig: wenn von unmittelbarer Einwirkung die Rede ist, nicht von Induction aus der Luft-und Dunsthülle des Planeten.
Auf alle Fragen nach den letzten physischen Ursachen so complicirter Erscheinungen ist in dem jetzigen Zustande unsers Wissens bisher keine befriedigende Antwort zu geben. Nur was in den dreifachen Manifestationen der Erdkraft sich als meßbare Verhältnisse des Raums und der Zeit, als das Gesetzmäßige im Veränderlichen darbietet, hat durch Bestimmung numerischer Mittelwerthe neuerdings die glänzendsten Fortschritte gemacht. Von Toronto in Ober-Canada an bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung und zu Van Diemens Land, von Paris bis Peking ist die Erde seit dem Jahre 1828 mit magnetischen Warten S. die Abhandlung on Terrestrial Magnetism im Quart. Review Vol. LXVI. 1840 p. 271–312. bedeckt worden, in denen ununterbrochen durch gleichzeitige Beobachtungen jede regelmäßige oder unregelmäßige Regung der Erdkraft erspähet wird. Man mißt eine Abnahme von 1/40000 der magnetischen Intensität, man beobachtet zu gewissen Epochen 24 Stunden lang alle 2½ Minuten. Ein großer englischer Astronom und Physiker hat berechnet Als die erste Aufforderung zur Errichtung dieser Warten (eines Netzes von Stationen, die mit gleichartigen Instrumenten versehen sind) von mir ausging, durfte ich nicht die Hoffnung hegen, daß ich selbst noch die Zeit erleben würde, wo durch die vereinte Thätigkeiten trefflicher Physiker und Astronomen, hauptsächlich aber durch die großartige und ausdauernde Unterstützung zweier Regierungen, der russischen und großbritannischen, beide Hemisphären mit magnetischen Häusern gleichsam bedeckt sein würden. Ich hatte in den Jahren 1806 und 1807 zu Berlin mit meinem Freunde und Mitarbeiter, Herrn Oltmanns, besonders zur Zeit der Solstitien und Aequinoctien, 5–6 Tage und eben so viel Nächte ununterbrochen von Stunde zu Stunde, oft von halber zu halber Stunde, den Gang der Nadel beobachtet. Ich hatte mich überzeugt, daß fortlaufende, ununterbrochene Beobachtungen (observatio perpetua) von mehreren Tagen und Nächten den vereinzelten Beobachtungen vieler Monate vorzuziehen seien. Der Apparat: ein Prony’sches magnetisches Fernrohr, in einem Glaskasten an einem Faden ohne Torsion aufgehangen, gab an einem fern aufgestellten, fein getheilten, bei Nacht durch Lampen erleuchteten Signale Winkel von 7 bis 8 Secunden. Magnetische Perturbationen (Ungewitter), die bisweilen in mehreren auf einander folgenden Nächten zu denselben Stunden wiederkehrten, ließen mich schon damals den lebhaften Wunsch äußern, ähnliche Apparate in Westen und Osten von Berlin benutzt zu sehen, um allgemeine tellurische Phänomene von dem zu unterscheiden, was localen Störungen im Innern des ungleich erwärmten Erdkörpers oder in der wolkenbildenden Atmosphäre zugehört. Meine Abreise nach Paris und die lange politische Unruhe im ganzen westlichen Europa hinderten damals die Erfüllung jenes Wunsches. Das Licht, welches (1820) die große Entdeckung Oersted’s über den inneren Zusammenhang der Electricität und des Magnetismus verbreitete, erweckte endlich, nach langem Schlummer, ein allgemeines Interesse für den periodischen Wechsel der electromagnetischen Ladung des Erdkörpers. Arago, der mehrere Jahre früher auf der Sternwarte zu Paris, mit einem neuen vortrefflichen Gambey’schen Declinations-Instrumente, die längste ununterbrochene Reihe stündlicher Beobachtungen begonnen hatte, welche wir in Europa besitzen; zeigte durch Vergleichung mit gleichzeitigen Perturbations-Beobachtungen in Kasan, welchen Gewinn man aus correspondirenden Messungen der Abweichung ziehen könne. Als ich nach einem 18jährigen Aufenthalte in Frankreich nach Berlin zurückkehrte, ließ ich im Herbst 1828 ein kleines magnetisches Haus aufführen: nicht bloß, um die 1806 begonnene Arbeit fortzusetzen; sondern hauptsächlich, damit zu verabredeten Stunden gleichzeitig in Berlin, Paris und Freiberg (in einer Teufe von 35 Lachternunter Tage) beobachtet werden könne. Die Gleichzeitigkeit der Perturbationen und der Parallelismus der Bewegungen für October und December 1829 wurde damals schon graphisch dargestellt (Poggend. Annalen Bd. XIX. S. 357 Tafel I–III). Eine auf Befehl des Kaisers von Rußland im Jahre 1829 unternommene Expedition im nördlichen Asien gab mir bald Gelegenheit meinen Plan in einem größeren Maaßstabe auszudehnen. Es wurde dieser Plan in einer von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften speciell ernannten Commission entwickelt; und unter dem Schutze des Chefs des Bergcorps, Grafen von Cancrin, und der vortrefflichen Leitung des Prof. Kupffer kamen magnetische Stationen von Nicolajeff an durch das ganze nördliche Asien über Catharinenburg, Barnaul und Nertschinsk bis Peking zu Stande. Das Jahr 1832 (Göttingische gelehrte Anzeigen St. 206, S. 2049–58) bezeichnet die große Epoche, in welcher der tiefsinnige Gründer einer allgemeinen Theorie des Erd-Magnetismus, Friedrich Gauß, auf der Göttinger Sternwarte die nach neuen Principien construirten Apparate aufstellte. Das magnetische Observatorium war 1834 vollendet; und in demselben Jahre (Resultate der Beob. des magnetischen Vereins im Jahr 1838 S. 135 und Poggend. Annalen Bd. XXXIII. S. 426) verbreitete Gauß seine Instrumente und Beobachtungs-Methode, an denen der sinnreiche Physiker Wilhelm Weber den lebhaftesten Antheil nahm, über einen großen Theil von Deutschland, Schweden und ganz Italien. In diesem nun von Göttingen wie von einem Centrum ausgehenden magnetischen Vereine wurden seit 1836 vier Jahrestermine von 24stündiger Dauer festgesetzt, welche mit denen der Aequinoctien und Solstitien, die ich befolgt und 1830 vorgeschlagen hatte, nicht übereinstimmten. Bis dahin hatte Großbritannien, im Besitz des größten Welthandels und der ausgedehntesten Schifffahrt, keinen Theil an der Bewegung genommen, welche seit 1828 wichtige Resultate für die ernstere Ergründung des tellurischen Magnetismus zu verheißen anfing. Ich war so glücklich, durch eine öffentliche Aufforderung, die ich von Berlin aus unmittelbar an den damaligen Präsidenten der Königl. Societät zu London, den Herzog von Sussex, im April 1836 richtete (Lettre de Mr. de Humboldt à S. A. R. le Duc de Sussex sur les moyens propres à perfectionner la connaissance du magnétisme terrestre par l’établissement de stations magnétiques et d’observations correspondantes), ein wohlwollendes Interesse für ein Unternehmen zu erregen, dessen Erweiterung längst das Ziel meiner heißesten Wünsche war. Ich drang in dem Briefe an den Herzog von Sussex auf permanente Stationen in Canada, auf St. Helena, dem Vorgebirge der guten