Kosmos. Alexander von Humboldt

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Kosmos - Alexander von  Humboldt


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Reise gesammelten (Voyage to the Pacific Vol. II. p. 727) verdienen eine besondere Beachtung. Vergl. auch Humboldt, Relat. hist. T. I. p. 74 und Asie centrale T. II. p. 356., die von Osten nach Westen successiv eintretenden und unter den Tropen so regelmäßigen, stündlichen Variationen des Luftdruckes. Die Strömungen bieten das merkwürdige Schauspiel dar, daß sie von bestimmter Breite in verschiedenen Richtungen das Meer flußartig durchkreuzen, während daß nahe Wasserschichten unbewegt gleichsam das Ufer bilden. Dieser Unterschied der bewegten und ruhenden Theile ist am auffallendsten, wo lange Schichten von fortgeführtem Seetang die Schätzung der Geschwindigkeit der Strömung erleichtern. In den unteren Schichten der Atmosphäre bemerkt man bei Stürmen bisweilen ähnliche Erscheinungen der begrenzten Luftströmung. Mitten im dichten Walde werden die Bäume nur in einem schmalen Längenstreifen umgeworfen.

      Die allgemeine Bewegung der Meere zwischen den Wendekreisen von Osten nach Westen (Aequatorial- oder Rotations-Strom genannt) wird als eine Folge der fortschreitenden Fluthzeit und der Passatwinde betrachtet. Sie verändert ihre Richtung durch den Widerstand, welchen sie an den vorliegenden östlichen Küsten der Continente findet. Das neue Resultat, welches Daussy aus der Bewegung aufgefangener, von Reisenden absichtlich ausgeworfener Flaschen geschöpft hat, stimmt bis auf 1/18 mit der Schnelligkeit der Bewegung überein (10 französische milles marins, jedes zu 952 Toisen, alle 24 Stunden), welche ich nach der Vergleichung früherer Erfahrungen gefunden Humboldt, Relat. hist. T. I. p. 64; nouvelles Annales des Voyages 1839 p. 255. hatte. Schon in dem Schiffsjournal seiner dritten Reise (der ersten, in welcher er gleich im Meridian der canarischen Inseln in die Tropengegend zu gelangen suchte) sagt Christoph Columbus Humboldt, Examen crit. de l’hist. de la Géogr. T. III. p. 100. Columbus setzt bald hinzu (Navarrete, coleccion de los Viages y Descubrimientos de los Españoles T. I. p. 260), daß »in dem antillischen Meere die Bewegung am stärksten ist«. In der That nennt jene Region Rennell (investigation of Currents p. 23) »not a current, but a sea in motion«.: »ich halte es für ausgemacht, daß die Meereswasser sich von Osten gen Westen bewegen, wie der Himmel (las aguas van con los cielos)«; d. i. wie die scheinbare Bewegung von Sonne, Mond und allen Gestirnen.

      Die schmalen Ströme, wahre oceanische Flüsse, welche die Weltmeere durchstreifen, führen warme Wasser in höhere, oder kalte Wasser in niedere Breiten. Zu der ersten Classe gehört der berühmte, von Anghiera Petrus Martyr de Angleria de rebus Oceanicis et Orbe Novo, Bas. 1523, Dec. III lib. VI p. 57. Vergl. Humboldt, Examen critique T. II. p. 254–257 und T. III. p. 108. und besonders von Sir Humfrey Gilbert bereits im sechzehnten Jahrhundert erkannte atlantische Golfstrom Humboldt, Examen crit. T. II. p. 250, Relat. hist. T. I. p. 66-74.: dessen erster Anfang und Impuls südlich vom Vorgebirge der guten Hoffnung zu suchen ist, und der in seinem großen Kreislaufe aus dem Meer der Antillen und dem mexicanischen Meerbusen durch die Bahama-Straße ausmündet; von Süd-Süd-West gen NordNord-Ost gerichtet, sich immer mehr und mehr von dem Littoral der Vereinigten Staaten entfernt und, bei der Bank von Neufundland ostwärts abgelenkt, häufig tropische Saamen (Mimosa scandens, Guilandina bonduc, Dolichos urens) an die Küsten von Irland, von den Hebriden und von Norwegen wirft. Seine nordöstlichste Verlängerung trägt wohlthätig zu der minderen Kälte des Seewassers und des Klima’s an dem nördlichsten Cap von Scandinavien bei. Wo der warme Golfstrom sich von der Bank von Neufundland gegen Osten wendet, sendet er Humboldt, Examen crit. T. III. p. 64–109. unweit der Azoren einen Arm gegen Süden. Dort liegt das Sargasso-Meer: die große Fucus-Bank, welche so lebhaft die Einbildungskraft von Christoph Columbus beschäftigte und welche Oviedo die Tang-Wiesen (Praderias de yerva) nennt. Eine Unzahl kleiner Seethiere bewohnen diese ewig grünenden, von lauen Lüften hin und her bewegten Massen von Fucus natans, einer der verbreitetsten unter den geselligen Pflanzen des Meeres.

      Das Gegenstück zu diesem, fast ganz der nördlichen Hemisphäre zugehörigen Strom im atlantischen Meeresthale zwischen Afrika, Amerika und Europa bildet eine Strömung in der Südsee, deren niedrige, auch auf das Klima des Littorals bemerkbar einwirkende Temperatur ich im Herbst 1802 zuerst aufgefunden habe. Sie bringt die kalten Wasser der hohen südlichen Breiten an die Küsten von Chili, folgt den Küsten dieses Landes und denen von Peru erst von Süden gegen Norden, dann (von der Bucht bei Arica an) von Süd-Süd-Ost gegen NordNord-West. Mitten in der Tropengegend hat dieser kalte oceanische Strom zu gewissen Jahreszeiten nur 15°,6 (12°½ R.), während daß die ruhenden Wasser außerhalb des Stromes eine Temperatur von 27°,5 und 28°,7 (22–23° R.) zeigen. Wo das Littoral von Südamerika, südlich von Payta, am meisten gegen Westen vorspringt, beugt der Strom sich plötzlich in derselben Richtung von dem Lande ab, von Osten gegen Westen gewandt: so daß man, weiter nach Norden schiffend, von dem kalten Wasser plötzlich in das warme gelangt.

      Man weiß nicht, wie weit die oceanischen Ströme, warme und kalte, gegen den Meeresboden hin ihre Bewegung fortpflanzen. Die Ablenkung der südafrikanischen Strömung durch die, volle 70–80 Brassen tiefe Lagullas-Bank scheint eine solche Fortpflanzung zu erweisen. Sandbänke und Untiefen, außerhalb der Strömungen gelegen, sind mehrentheils, nach der Entdeckung des edlen Benjamin Franklin, durch die Kälte der Wasser erkennbar, welche auf denselben ruhen. Diese Erniedrigung der Temperatur scheint mir in dem Umstande gegründet, daß durch Fortpflanzung der Bewegung des Meeres tiefe Wasser an den Rändern der Bänke aufsteigen und sich mit den oberen vermischen. Mein verewigter Freund Sir Humphry Davy dagegen schrieb die Erscheinung, von der die Seefahrer oft für die Sicherheit der Schifffahrt praktischen Nutzen ziehen könnten, dem Herabsinken der an der Oberfläche nächtlich erkalteten Wassertheilchen zu. Diese bleiben der Oberfläche näher, weil die Sandbank sie hindert in größere Tiefe herabzusinken. Das Thermometer ist durch Franklin in ein Senkblei umgewandelt. Auf den Untiefen entstehen häufig Nebel, da ihre kälteren Wasser den Dunst aus der Seeluft niederschlagen. Solche Nebel habe ich, im Süden von Jamaica und auch in der Südsee, den Umriß von Bänken scharf und fern erkennbar bezeichnen gesehen. Sie stellen sich dem Auge wie Luftbilder dar, in welchen sich die Gestaltungen des unterseeischen Bodens abspiegeln. Eine noch merkwürdigere Wirkung der wassererkältenden Untiefen ist die, daß sie, fast wie flache Corallen-oder Sandinseln, auch auf die höheren Luftschichten einen bemerkbaren Einfluß ausüben. Fern von allen Küsten, auf dem hohen Meere, bei sehr heiterer Luft: sieht man oft Wolken sich über die Punkte lagern, wo die Untiefen gelegen sind. Man kann dann, wie bei einem hohen Gebirge, bei einem isolirten Pic, ihre Richtung mit dem Compaß aufnehmen.

      Aeußerlich minder gestaltenreich als die Oberfläche der Continente, bietet das Weltmeer bei tieferer Ergründung seines Innern vielleicht eine reichere Fülle des organischen Lebens dar, als irgendwo auf dem Erdraume zusammengedrängt ist. Mit Recht bemerkt in dem anmuthigen Journal seiner weiten Seereisen Charles Darwin, daß unsere Wälder nicht so viele Thiere bergen als die niedrige Waldregion des Oceans: wo die am Boden wurzelnden Tang-Gesträuche der Untiefen oder die frei schwimmenden, durch Wellenschlag und Strömung losgerissenen Fucus-Zweige ihr zartes, durch Luftzellen emporgehobenes Laub entfalten. Durch Anwendung des Microscops steigert sich noch mehr, und auf eine bewundernswürdige Weise, der Eindruck der Allbelebtheit des Oceans: das überraschende Bewußtsein, daß überall sich hier Empfindung regt. In Tiefen, welche die Höhe unserer mächtigsten Gebirgsketten übersteigen, ist jede der auf einander gelagerten Wasserschichten mit polygastrischen Seegewürmen, Cyclidien und Ophrydinen belebt. Hier schwärmen, jede Welle in einen Lichtsaum verwandelnd und durch eigene Witterungs-Verhältnisse an die Oberfläche gelockt, die zahllose Schaar kleiner, funkelnd-blitzender Leuchtthiere: Mammarien aus der Ordnung der Acalephen, Crustaceen, Peridinium und kreisende Nereidinen.

      Die Fülle dieser kleinen Thiere und des animalischen Stoffes, den ihre schnelle Zerstörung liefert, ist so unermeßlich, daß das ganze Meerwasser für viele größere Seegeschöpfe eine nährende Flüssigkeit wird. Wenn schon der Reichthum an belebten Formen, die Unzahl der verschiedenartigsten microscopischen und doch theilweise sehr ausgebildeten Organismen die Phantasie anmuthig beschäftigt; so wird diese noch auf eine ernstere, ich möchte sagen feierlichere Weise angeregt durch den Anblick des Grenzenlosen und Unermeßlichen, welchen jede Seefahrt darbietet. Wer, zu geistiger Selbstthätigkeit erweckt, sich gern eine eigene Welt im Innern bauet, den erfüllt der Schauplatz des freien, offenen Meeres mit dem erhabenen Bilde


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