Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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spielte um ihre vollen Lippen, während sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Dabei wusste sie selbst gut genug, dass der Eingriff nicht nötig gewesen wäre. Sie tat es wegen Danny. »Danny Norden!« Wieder und wieder ließ sie sich diesen klangvollen Namen, den schönsten der Welt, auf der Zunge zergehen wie ein Stück bittersüße Schokolade.

      Der gut aussehende junge Arzt hatte es ihr angetan. Trotz oder gerade wegen seiner Jugend war Danny Norden der Mann ihrer Träume. Victoria war verrückt nach ihm, obwohl er sie nicht anders als die anderen Patienten behandelte. Er war immer freundlich und charmant, jedoch nie übertrieben aufmerksam. Er hatte ihr nie einen Anlass gegeben zu glauben, dass er an ihr als Frau und nicht nur als Patientin interessiert war.

      »Aber ich wäre nicht Victoria Bernhardt, wenn ich mich von so einer Kleinigkeit abschrecken lassen würde«, erklärte sie entschieden. Denn sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Herzens nach ihm, wäre die glücklichste Frau der Welt gewesen, wenn er sie gefragt hätte, ob sie mit ihm ausgehen wollte.

      »Ich liebe ihn so sehr!«, seufzte sie. Wie ein verliebter Teenager malte sie Herzchen auf ihre Schreibtischunterlage und musste hinterher über sich selbst lachen. So etwas war ihr noch nie zuvor passiert. Eine solche Liebe hatte Victoria ins Reich der Märchen verbannt. Bis sie Danny getroffen hatte. Es war eine Liebe, bei der ihr alles andere egal war, bei der es ihr nicht einmal etwas ausmachte, sich vor aller Welt lächerlich zu machen. Doch je länger Victoria über Danny nachdachte, umso trauriger wurde sie.

      »Wenn er meine Liebe nur erwidern würde«, seufzte sie und stellte sich vor, wie dieser wunderbare Mann sie zärtlich in seine Arme schloss und leidenschaftlich küsste. »Ich glaube, ich würde ohnmächtig werden, wenn er das wirklich tun würde.«

      In ihre Gedanken hinein klopfte es, und Victoria zuckte erschrocken zusammen. Sie war nicht etwa zu Hause in ihrem schicken Apartment sondern in ihrem Büro. Es war helllichter Tag, Arbeitszeit. Vor ihr auf dem Schreibtisch standen sechs Computerbildschirme. Viel Verantwortung lastete auf ihren Schultern. Schnell schob sie ein paar Aktenordner über die Herzchen auf der Schreibtischunterlage.

      »Ja, bitte.«

      Florian Kiesling trat ein, ein großer, breitschultriger Mann, der sich glücklich geschätzt hätte, wenn Victoria Bernhardt sein zurückhaltendes Werben erhört hätte.

      Sie wusste, wie sehr ihr Mitarbeiter sie schon seit Monaten – oder war es schon ein Jahr? – verehrte.

      Aber was konnte sie denn dafür, dass da nichts war in ihr? Kein Prickeln, kein Knistern, nur eisiges Schweigen in ihrem Inneren, wenn er vor ihr stand.

      »Ist das nicht schrecklich?«, hatte Victoria ihre beste Freundin neulich erst gefragt. »Kiesling küsst den Boden, auf dem ich gehe. Aber ich interessiere mich einfach nicht für ihn. Dafür bin ich unsterblich in Danny Norden verliebt, der wiederum von mir nichts wissen will. Oder vielleicht doch? Ein ganz kleines bisschen? Muss ich nur etwas nachhelfen?« Dabei hatte sie ihre Freundin fragend angesehen, aber leider keine Antwort bekommen.

      »Entschuldige die Störung, Victoria«, sagte Florian Kiesling in ihre Gedanken hinein.

      »Was gibt es denn?«, fragte die Jungunternehmerin fast ärgerlich.

      Victoria Bernhardt war Händlerin und kaufte mit dem Geld ihrer Kunden Aktien, Rohstoffe oder Währungen, um sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen.

      Florian stand vor seiner Chefin und starrte verlegen zu Boden.

      »Ich habe da einen Fehler entdeckt«, gestand er zerknirscht. Es war ihm anzusehen, wie unangenehm ihm diese Mitteilung war.

      »Was für einen Fehler?«

      »Ich fürchte, dir ist da ein Irrtum unterlaufen. Ich dachte, ich sage es dir, um zu retten, was zu retten ist.«

      »Ein Fehler? Was für ein Fehler sollte mir unterlaufen sein?«, wiederholte Victoria erschrocken. Sollte ihre Schwärmerei für Danny Norden, ihre mangelnde Konzentrationsfähigkeit in der letzten Zeit, nicht ohne Folgen geblieben sein? Das wäre furchtbar …

      »Du solltest im Kundenauftrag einen Einkauf tätigen, hast aber offenbar stattdessen aus Versehen verkauft.«

      »Unmöglich!«, entfuhr es Victoria, obwohl sie wusste, dass Florian durchaus recht haben konnte. Mehr als einmal hätte sie fast einen falschen Befehl in den Computer eingegeben und sich in letzter Sekunde dabei erwischt.

      »Leider nein! Es ist tatsächlich passiert«, erwiderte Florian Kiesling bedauernd. Er liebte Victoria so sehr, dass er die Schuld ohne Zögern auf seine Kappe genommen hätte. Leider war das nicht möglich. Wenn er ihr helfen sollte, brauchte er ihre Hilfe. »Dummerweise geht es auch noch um Graf Meyenberg.«

      Entsetzt biss sich Victoria auf die Lippe.

      »Jetzt erinnere ich mich«, gestand sie zerknirscht. »Der Graf hat am Anfang kaufen gesagt, aber man muss ja zuerst die anderen Daten eingeben und erst am Schluss auf Kaufen oder Verkaufen klicken. Und gestern war so viel los, da habe ich …«

      »Das ist gestern schon passiert?« Skeptisch zog Florian eine Augenbraue hoch.

      »Ja.«

      »Dann ist das Problem größer als gedacht«, seufzte Florian Kiesling bedrückt.

      »Er wird den Posten demnächst auf seiner Abrechnung sehen«, befürchtete Victoria und verfluchte sich insgeheim. Wie hatte ihr nur so ein gravierender Fehler unterlaufen können? Selbst als Geschäftsführerin der Handelsagentur war sie einem Vorstand verantwortlich, gab es eine Kontrollabteilung, die jeden gebuchten Posten überprüfte. »Wenn dieser Fehler auffliegt, bin ich meinen Job los«, tat sie ihre Befürchtung kund und schickte Florian einen hilflosen Blick, der ihm durch und durch ging.

      »Das ist er bereits. Deshalb bin ich ja auf den Fall aufmerksam geworden. Graf Meyenberg hat gerade bei mir angerufen.«

      »Er hat bei dir angerufen?« Victoria dachte fieberhaft nach. »Wenn er sich nicht direkt in der Kontrollabteilung gemeldet hat, dann könntest du das für mich in Ordnung bringen«, dachte sie laut nach.

      »Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, erwiderte Florian und lächelte sie ermutigend an. »Du musst nichts weiter tun als die Transaktion auf meinen Computer weiterzuleiten. Den Rest erledige ich für dich. Ich hab schon eine Idee«, erklärte er so bestimmt, dass sich Victoria sofort besser fühlte. Ihre Hände hörten auf zu zittern, und sie schickte ihm einen dankbaren Blick. Dabei hatte sie sofort ein schlechtes Gewissen. Noch nie hatte ein Mann sie so bedingungslos geliebt, und es tat ihr fast leid, dass sie ihn nicht ebenso wiederlieben konnte.

      »Bist du sicher? Damit handelst du dir möglicherweise eine Menge Ärger ein«, gab sie zu bedenken. »Sollte ich nicht lieber gleich zum Vorstand gehen und alles gestehen?«

      »Wenn du unbedingt deine Stelle verlieren willst, bitte!«

      »Nein, natürlich nicht.« Diese Möglichkeit war für Victoria die schlimmste von allen. Nicht auszudenken, wenn die Meldung ihres Scheiterns durch die Presse ging. Das bedeutete nicht nur ihren geschäftlichen Ruin sondern auch das Ende all ihrer Hoffnungen bezüglich Danny Norden. »Ja ..., dann ..., ich weiß auch nicht, was ich sagen soll ..., vielen Dank.«

      »Schon gut. Am besten, du tust sofort, was ich dir gesagt habe.«

      »Natürlich. Es tut mir wirklich leid.«

      »Schon gut«, wiederholte Florian und lächelte fast zärtlich. »Ich freue mich, wenn ich dir helfen kann.«

      Augenblicklich fühlte sich Victoria Bernhardt noch schlechter. Sie rang sich ein Lächeln ab und Florian Kiesling zog sich zurück.

      »Ich bin ein schlechter Mensch«, murmelte sie betreten, als er die Tür hinter sich ins Schloss gezogen hatte. Dann tat sie, was er ihr aufgetragen hatte. Ein paar Tastenklicks später bekam sie die Mitteilung vom System, dass die Transaktion erfolgreich durchgeführt worden und auf Florians Computer gelandet war. Victoria atmete ein paar Mal tief ein und aus, um ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen. Sie lehnte sich zurück und zog die Schreibtischschublade auf, um die Fotos herauszunehmen, die


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