Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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      We­nig be­greift das Volk das Gros­se, das ist: das Schaf­fen­de. Aber Sin­ne hat es für alle Auf­füh­rer und Schau­spie­ler gros­ser Sa­chen.

      Um die Er­fin­der von neu­en Wert­hen dreht sich die Welt: – un­sicht­bar dreht sie sich. Doch um die Schau­spie­ler dreht sich das Volk und der Ruhm: so ist es der Welt Lauf.

      Geist hat der Schau­spie­ler, doch we­nig Ge­wis­sen des Geis­tes. Er glaubt im­mer an Das, wo­mit er am stärks­ten glau­ben macht, – glau­ben an sich macht!

      Mor­gen hat er einen neu­en Glau­ben und über­mor­gen einen neue­ren. Ra­sche Sin­ne hat er, gleich dem Vol­ke, und ver­än­der­li­che Wit­te­run­gen.

      Um­wer­fen – das heisst ihm: be­wei­sen. Toll ma­chen – das heisst ihm: über­zeu­gen. Und Blut gilt ihm als al­ler Grün­de bes­ter.

      Eine Wahr­heit, die nur in fei­ne Ohren schlüpft, nennt er Lüge und Nichts. Wahr­lich, er glaubt nur an Göt­ter, die gros­sen Lärm in der Welt ma­chen!

      Voll von fei­er­li­chen Pos­sen­reis­sern ist der Markt – und das Volk rühmt sich sei­ner gros­sen Män­ner! das sind ihm die Herrn der Stun­de.

      Aber die Stun­de drängt sie: so drän­gen sie dich. Und auch von dir wol­len sie Ja oder Nein. Wehe, du willst zwi­schen Für und Wi­der dei­nen Stuhl set­zen?

      Die­ser Un­be­ding­ten und Drän­gen­den hal­ber sei ohne Ei­fer­sucht, du Lieb­ha­ber der Wahr­heit! Nie­mals noch häng­te sich die Wahr­heit an den Arm ei­nes Un­be­ding­ten.

      Die­ser Plötz­li­chen hal­ber gehe zu­rück in dei­ne Si­cher­heit: nur auf dem Markt wird man mit Ja? oder Nein? über­fal­len.

      Lang­sam ist das Er­le­ben al­len tie­fen Brun­nen: lan­ge müs­sen sie war­ten, bis sie wis­sen, was in ihre Tie­fe fiel.

      Ab­seits vom Mark­te und Ruh­me be­giebt sich al­les Gros­se: ab­seits vom Mark­te und Ruh­me wohn­ten von je die Er­fin­der neu­er Wert­he.

      Flie­he, mein Freund, in dei­ne Ein­sam­keit: ich sehe dich von gif­ti­gen Flie­gen zer­sto­chen. Flie­he dort­hin, wo rau­he, star­ke Luft weht!

      Flie­he in dei­ne Ein­sam­keit! Du leb­test den Klei­nen und Er­bärm­li­chen zu nahe. Flie­he vor ih­rer un­sicht­ba­ren Ra­che! Ge­gen dich sind sie Nichts als Ra­che.

      Hebe nicht mehr den Arm ge­gen sie! Un­zähl­bar sind sie, und es ist nicht dein Loos, Flie­gen­we­del zu sein.

      Un­zähl­bar sind die­se Klei­nen und Er­bärm­li­chen; und man­chem stol­zen Baue ge­reich­ten schon Re­gen­trop­fen und Un­kraut zum Un­ter­gan­ge.

      Du bist kein Stein, aber schon wur­dest du hohl von vie­len Trop­fen. Zer­bre­chen und zer­bers­ten wirst du mir noch von vie­len Trop­fen.

      Er­mü­det sehe ich dich durch gif­ti­ge Flie­gen, blu­tig ge­ritzt sehe ich dich an hun­dert Stel­len; und dein Stolz will nicht ein­mal zür­nen.

      Blut möch­ten sie von dir in al­ler Un­schuld, Blut be­geh­ren ihre blut­lo­sen See­len – und sie ste­chen da­her in al­ler Un­schuld.

      Aber, du Tie­fer, du lei­dest zu tief auch an klei­nen Wun­den; und ehe du dich noch ge­heilt hast, kroch dir der glei­che Gift­wurm über die Hand.

      Zu stolz bist du mir da­für, die­se Nasch­haf­ten zu töd­ten. Hüte dich aber, dass es nicht dein Ver­häng­niss wer­de, all ihr gif­ti­ges Un­recht zu tra­gen!

      Sie sum­men um dich auch mit ih­rem Lobe: Zu­dring­lich­keit ist ihr Lo­ben. Sie wol­len die Nähe dei­ner Haut und dei­nes Blu­tes.

      Sie schmei­cheln dir wie ei­nem Got­te oder Teu­fel; sie win­seln vor dir wie vor ei­nem Got­te oder Teu­fel. Was macht es ! Schmeich­ler sind es und Wins­ler und nicht mehr.

      Auch ge­ben sie sich dir oft als Lie­bens­wür­di­ge. Aber das war im­mer die Klug­heit der Fei­gen. Ja, die Fei­gen sind klug!

      Sie den­ken viel über dich mit ih­rer en­gen See­le, – be­denk­lich bist du ih­nen stets! Al­les, was viel be­dacht wird, wird be­denk­lich.

      Sie be­stra­fen dich für alle dei­ne Tu­gen­den. Sie ver­zei­hen dir von Grund aus nur – dei­ne Fehl­grif­fe.

      Weil du mil­de bist und ge­rech­ten Sin­nes, sagst du: »un­schul­dig sind sie an ih­rem klei­nen Da­sein.« Aber ihre enge See­le denkt: »Schuld ist al­les gros­se Da­sein.«

      Auch wenn du ih­nen mil­de bist, füh­len sie sich noch von dir ver­ach­tet; und sie ge­ben dir dei­ne Wohl­that zu­rück mit ver­steck­ten Wehtha­ten.

      Dein wort­lo­ser Stolz geht im­mer wi­der ih­ren Ge­schmack; sie frohlo­cken, wenn du ein­mal be­schei­den ge­nug bist, ei­tel zu sein.

      Das, was wir an ei­nem Men­schen er­ken­nen, das ent­zün­den wir an ihm auch. Also hüte dich vor den Klei­nen !

      Vor dir füh­len sie sich klein, und ihre Nied­rig­keit glimmt und glüht ge­gen dich in un­sicht­ba­rer Ra­che.

      Merk­test du nicht, wie oft sie stumm wur­den, wenn du zu ih­nen tra­test, und wie ihre Kraft von ih­nen gieng wie der Rauch von ei­nem er­lö­schen­den Feu­er?

      Ja, mein Freund, das böse Ge­wis­sen bist du dei­nen Nächs­ten: denn sie sind dei­ner un­werth. Also has­sen sie dich und möch­ten ger­ne an dei­nem Blu­te sau­gen.

      Dei­ne Nächs­ten wer­den im­mer gif­ti­ge Flie­gen sein; Das, was gross an dir ist, – das sel­ber muss sie gif­ti­ger ma­chen und im­mer flie­gen­haf­ter.

      Flie­he, mein Freund, in dei­ne Ein­sam­keit und dort­hin, wo eine rau­he, star­ke Luft weht. Nicht ist es dein Loos, Flie­gen­we­del zu sein. –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von der Keuschheit

      Ich lie­be den Wald. In den Städ­ten ist schlecht zu le­ben: da giebt es zu Vie­le der Brüns­ti­gen.

      Ist es nicht bes­ser, in die Hän­de ei­nes Mör­ders zu ge­rat­hen, als in die Träu­me ei­nes brüns­ti­gen Wei­bes?

      Und seht mir doch die­se Män­ner an: ihr Auge sagt es – sie wis­sen nichts Bes­se­res auf Er­den, als bei ei­nem Wei­be zu lie­gen.

      Schlamm ist auf dem Grun­de ih­rer See­le; und wehe, wenn ihr Schlamm gar noch Geist hat!

      Dass ihr doch we­nigs­tens als Thie­re voll­kom­men wä­ret! Aber zum Thie­re ge­hört die Un­schuld.

      Ra­the ich euch, eure Sin­ne zu töd­ten? Ich rat­he euch zur Un­schuld der Sin­ne.

      Ra­the ich euch zur Keusch­heit? Die Keusch­heit ist bei Ei­ni­gen eine Tu­gend, aber bei Vie­len bei­na­he ein Las­ter.

      Die­se ent­hal­ten sich wohl: aber die Hün­din Sinn­lich­keit blickt mit Neid aus Al­lem, was sie thun.

      Noch in die Hö­hen ih­rer Tu­gend und bis in den kal­ten Geist hin­ein folgt ih­nen diess Gethier und sein Un­frie­den.

      Und wie ar­tig weiss die Hün­din Sinn­lich­keit um ein Stück Geist zu bet­teln, wenn ihr ein Stuck Fleisch ver­sagt wird!

      Ihr liebt Trau­er­spie­le und Al­les, was das Herz zer­bricht? Aber ich bin miss­trau­isch ge­gen eure Hün­din.

      Ihr habt mir zu grau­sa­me Au­gen und blickt lüs­tern nach Lei­den­den. Hat sich nicht nur eure Wol­lust ver­klei­det und


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