Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield


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Hirschziemer a priori erkennend, nichtsdestoweniger dem amerikanischen die Ehre eines tiefen Einschnittes in die Mitte antat.

      »Vergebung«, entgegnete der Kapitän Murray. »Ich spreche von Rebhühnern oder Wachteln, wie sie hier genannt werden, will aber vom Ihrigen später versuchen.«

      »Weiß nicht,« fiel Leutnant Forbes ein, der es gleichfalls mit dem Hirschziemer hielt, »aber das will ich Euch sagen, Gentlemen, daß mein Magen von der verdammten Salzsäure so ausgetrocknet war, daß er Sauerampfer angenommen hätte.« Er sah sich etwas vorsichtig nach allen Seiten um. »Verdammt! vier Monate Salzkur. Hol' mich der Henker, wenn diese Kerle nicht verdienen, alle samt und sonders gehängt zu werden. Da kommen wir herüber aus dem schönen Frankreich und dem glühenden Spanien, in der Hoffnung, die Tagediebe werden Räson haben und sich in ihr Los ergeben, und da sind wir nun diese sechs Wochen eingepreßt zwischen See und Sümpfen, ohne auch nur so viel wie ein Haus gesehen zu haben. Nicht vorwärts, nicht rückwärts, und nichts als Pökel- und Salzfleisch und Kartoffeln vom vorletzten Jahre, die wie Madeira bereits dreimal die Fahrt nach Ostindien gemacht haben. Aufwärter, ich danke für ein Glas Madeira. – Hol' mich der – auch kein Aufwärter hier.«

      »Und glauben Sie,« sprach Leutnant Connaught zu unserem Midshipman, »daß die Gaudiebe uns auch nur eine frische Kartoffel zukommen ließen? Wenn wir eine Guinee für eine gegeben hätten, so wäre keins ihrer verdammten Ungetüme, die sie Archen oder Flatboote heißen, hinabgekommen. Gemeine Seelen! Gar nichts von dem ritterlichen Geiste der Spanier und Franzosen. Ich versichere Sie, Mister Hodges, selbst in Frankreich waren wir die Hähne in den Körben. Nur schade, die armen Teufel hatten nichts zu geben, als ihre Weiber und ihre Mädchen.«

      »Bei Jove! Meine liebliche Doña Isabella y Yrun, y Caldevai, y Madagaskar, y Balthasar, der Teufel weiß –« lachte Leutnant Devon.

      »Genug, genug,« fielen alle lachend ein, »die haben mehr Titel als Dollars.«

      »Wollte jedoch, ich hätte sie hier, die schöne Isabella«, meinte Leutnant Devon.

      »Würde Ihnen nichts helfen, die puritanischen Yankees erlauben einem derlei Zeitvertreib nicht«, versicherte ihn Leutnant Forbes.

      »Danke Ihnen nun«, fiel Kapitän Murray ein, »für einen Schnitt Ihres Hirschziemers. Aber, was haben Sie doch mit dem herrlichen Geschöpfe gemacht?«

      »Pah! sie Kapitän Richley für eine Schachtel echter Havannas überlassen«; erwiderte ihm der Leutnant ganz gelassen, indem er ihm ein Stück vom Hirschziemer schnitt und reichte. »Der behielt sie bis er sich nach Oporto einschiffte; dann ließ er sie dem alten Caballero zurück, der sie noch haben muß, wenn sie ihre schönen Sünden nicht in einem ihrer jungfräulichen Behälter abbüßt.«

      »Ha!« lachte Kapitän Murray, »mit den Doñas und Condesas und Señoras trieben wir es doch wirklich zu bunt! Aber, wissen Sie,« fuhr er zu unserem Seekadetten gewendet fort, »daß wir alle Ursache haben, mit Ihrer Flotte oder vielmehr mit Ihren Kompagnons unzufrieden zu sein? Anstatt uns Zufuhren zu bringen, gingen sie nach Jamaika und ließen sich von den Yankees wegkapern. Überhaupt, Ihr Herren, in diesem Kriege habt Ihr wahrlich nicht viel Ehre eingelegt, die Java weg, der Mazedonian weg, ein halbes Dutzend Fregatten mehr; es darf sich kein königlicher Zweiundfünfziger mehr sehen lassen.«

      »Ich glaube, wir stehen so ziemlich al pari«, entgegnete ihm unser Midshipman, dessen Korpsgeist die Anspielung ein wenig verdroß.

      »Gewiß, Mister Hodges,« versicherte ihn Leutnant Devon, »wir wollen die Ehre der königlichen Waffen retten, Sie sollen Rache haben für die Frechheit, die sich diese gemeinen Tagdiebe herausgenommen. Ei, ich glaube, sie hätten Sie alles Ernstes gehangen, ohne Rücksicht auf die blaue Uniform.«

      »Gerade so, wie sie Major André ohne Rücksicht auf die rote hingen«, entgegnete ihm unser Midshipman.

      »Das ist schon so lange her,« lachte der Leutnant, »daß es bald nicht mehr wahr sein wird. Aber Scherz beiseite, Mister Hodges, es wäre doch keine so ganz unebene Sache gewesen. Ein beneidenswerter Tod. Hören Sie nur, wenn wir ins Gras beißen, und diese Grobiane legen es immer zuerst auf die goldenen Epaulettes an, so kräht kein Hahn um uns. Aber Sie wären von Tom und Coleridge besungen und allen Damen betrauert worden. Hol' mich der Henker! Mit sechs Pence, und mehr kostet der Strick nicht, Unsterblichkeit zu erringen, ist wahrlich keine Kleinigkeit. Ihre Gebeine würden, wie die des seligen André, ausgegraben und in der Westminsterabtei kanonisiert worden sein, eine marmorne Tafel mit goldenen Buchstaben darüber, enthaltend: James Hodges Esq

      »Verdammt, die Westminsterabtei und Ihre Possenreißerei dazu«, rief der Midshipman, dem der Scherz, den man sich auf seine Kosten zu erlauben beliebte, allmählich zu bunt wurde.

      »Nein, Gentlemen, ich versichere Euch,« sprach Kapitän Murray, »ich kann es begreifen, wie unserem Freunde Mister Hodges nicht so ganz wohl zumut sein mochte. Übrigens kamen Sie doch mit heiler Haut davon, und Sie mögen froh sein; in Europa würde man sich freilich so etwas mit einem britischen Offizier nicht erlauben, aber da haben wir es mit gefügigen Souveränen zu tun, und die Völker kommen in keine Rechnung, aber diese Flegel.«

      »Alles und alles zusammengenommen,« fiel ihm Leutnant Forbes ein, »versichere ich Sie, es ist kein so übles Ding, Amerikaner zu sein, und wahrlich, wäre ich kein englischer Gentleman, so wollte ich ein freier Amerikaner sein.«

      »Seid versichert,« meinte unser Midshipman, »wenn Ihr noch acht Tage hier seid, so werdet Ihr recht sehr Respekt bekommen. Zwei Lektionen habt Ihr schon.«

      »Ah, Connaught, das ist ein Hieb auf Sie«, lachte Leutnant Devon. »Wie sagte der Junge? Er ist, glaub' ich, Kapitän der Spargelwächter. Behaltet den Narren einstweilen bei Euch, und wenn er es nochmals wagt, Damen zu insultieren, werden wir ihm einen andern Ort anweisen.«

      »Und ich werde demjenigen, der es wagt, die Ungeschliffenheit dieses groben Yankee zu wiederholen, gleichfalls einen Ort anweisen«; rief der hitzige Irländer. »Bei St. Patrik! das will ich.«

      »Pah! da habt Ihr den Sprudelkopf«, fiel Kapitän Murray beschwichtigend ein. »Schade, daß wir keine Pistolen bei uns haben, er schösse sich wahrlich nach dem herrlichen Dejeuner, ohne die Verdauung abzuwarten.«

      »Nein, galant«, meinte Leutnant Devon, »sind sie nun einmal sicher nicht. Da sitzen wir bereits an die sechs Tage. Anfangs dachte ich selbst, unsere Gefangenschaft dürfte kein so großes Unglück sein. Wir sind die ersten und haben freie Wahl.«

      »Und die Mädchen reich«, fielen ihm die andern ein.

      »Eben deswegen, aber stolz wie der Teufel; kümmert sich keine um uns. Und wir sind doch wahrlich keine üblen Kerls«; meinte er, sich wohlgefällig besehend.

      »Wir müssen uns rächen«, fielen alle ein.

      »Gentlemen!« versicherte Kapitän Murray, »ich habe die Ehre zu verkünden, daß ich ein vortreffliches Frühstück vollendet habe, und nun zur Verdauung was anfangen? Ecarté und rouge et noir sind verboten, seit uns der puritanische Wirt die Karten so sans façon ins Feuer geworfen.«

      »Was läßt sich nun tun, das die Yankeeleute verdrießt?«

      Unsere vier Kriegsgefangenen ertrugen ihr hartes Los mit gerade so vieler Gelassenheit, als Briten gewöhnlich an Tag zu legen pflegen, wenn sie für ihre leiblichen Bedürfnisse gesorgt wissen und dabei die Freiheit genießen, ihrer Zunge freien Spielraum lassen zu dürfen; eine Freiheit, die sie vielleicht noch besser zu schätzen gewußt haben würden, wenn die Apathie der Yankees, wie sie meinten, für ihre geselligen Vorzüge mehr Empfänglichkeit geäußert hätte. Übrigens schien ihr Ungehaltensein auf die ungeregelten militärischen Bewegungen dieser Yankees, die so ganz ohne Komplimente mit nicht mehr als sechzehnhundert Mann auf ein Korps von achttausend sogenannter britischer Veteranen losgingen und beinahe zwei Kompagnien der königlichen Grenadiere von dem Hauptkorps abschnitten und auf gute Yankeemanier erbeuteten – doch nicht so ganz von Herzen zu kommen.

      »Der Nebel ist verschwunden«, bemerkte Leutnant Devon, der mit seinen Kriegsgefährten sich unterdessen von der Tafel erhoben und zum Fenster getreten


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