Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz


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ja jetzt nicht Vollmond. Ich nehme eine vielzackige Heugabel mit, ein gutes Beil und gehe morgen allein.«

      Jagienka schwieg einige Zeit; auf ihrem Gesichte drückte sich jedoch sichtliche Unruhe aus.

      »Im vorigen Jahre,« begann sie endlich wieder, »ging der Jäger Bezduch von uns weg und wurde von einem Bären zerrissen. Es ist immer eine gefährliche Sache, sich allein des Nachts in den Wald zu wagen, denn sieht der Petz gar einen einzelnen Menschen bei den Bienenstöcken, dann stellt er sich sofort auf die Hinterbeine.«

      »Wenn er davonlaufen würde, könnte man ihn ja nicht packen!« rief Zbyszko.

      Jetzt erhob sich plötzlich Zych, der ein wenig geschlummert hatte, und begann zu singen:

      »Kuba stets von der Arbeit kommt,

       Mir, Maczek, nur die Lustbarkeit frommt;

       Frühmorgens mit der Sichel wir ziehn in die Au,

       Doch im Korn allein nur nach Kascha ich schau.

       Juchhe, Juchhe!«

      »Siehst Du,« wandte er sich hierauf an Zbyszko, »es sind ihrer zwei: Wilk aus Brzozowa und Cztan aus Rogow … Aber Du …«

      Da trat Jagienka, wohl aus Furcht, Zych könne in seinen Worten zu weit gehen, rasch auf Zbyszko zu und fragte: »Und wann willst Du gehen? Morgen?«

      »Morgen nach Sonnenuntergang.«

      »Und zu welchen Bienenstöcken?«

      »Zu den unsrigen, in Bogdaniec, nicht weit von Euren Grenzhügeln, nahe bei den Sümpfen von Rudzik. Man sagte mir, dort werde ich sicherlich mit einem Bären zusammenstoßen.«

      Sechstes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Zbyszko traf alle Vorbereitungen, wie er gesagt hatte, denn Mackos Zustand verschlimmerte sich sichtlich. Anfänglich hielt diesen die Freude aufrecht über den Einzug in die Heimat, aber schon am dritten Tage änderte sich dies und der Schmerz in der Seite verschlimmerte sich dermaßen, daß sich der Kranke niederlegen mußte. Zbyszko ging zuerst bei Tag in den Wald, besichtigte die Bienenstöcke, entdeckte ganz in der Nähe der Sümpfe eine deutliche Spur und beredete sich mit dem Zeidler Wawrek, welcher des Nachts gewöhnlich, zusammen mit einigen grimmigen Hunden aus Podhale, in einer Hütte zu schlafen pflegte, just aber wegen der herbstlichen Kühle in das Dorf übergesiedelt war.

      Beide rissen gemeinsam die Hütte ab, führten die Hunde hinweg, bestrichen da und dort die Baumstämme mit Honig, um durch den Geruch das Tier anzulocken, dann kehrte Zbyszko nach Hause zurück und traf die weiteren Vorbereitungen zu seinem Unternehmen. Er kleidete sich der Wärme wegen in einen Oberrock von Elendsleder, der jedoch keine Aermel hatte, das Haupt bedeckte er mit einer festen Mütze aus Eisendraht, um sich dagegen zu schützen, daß ihm der Bär die Kopfhaut zerreiße, und schließlich bewaffnete er sich mit einer gut geschmiedeten, doppelzinkigen Heugabel und mit einem stählernen, breiten Beil, das einen weit längeren eichenen Stiel hatte, als die Beile, deren sich die Zimmerleute zu bedienen pflegen.

      Als der Abend anbrach, befand er sich schon an Ort und Stelle.

      Nachdem er einen geeigneten Platz ausgesucht hatte, ließ er sich, das Zeichen des Kreuzes machend, nieder und harrte auf das, was kommen werde.

      Die rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne schimmerten zwischen den Aesten hervor. Ueber den Wipfeln der Föhren flatterten Krähen, krächzend und mit den Flügeln schlagend; hin und wieder schoß ein Hase einer Quelle zu und veranlaßte dadurch ein Rascheln der goldgelben Sträuche und der gefallenen Blätter; bisweilen huschte ein Marder durch die Buchen. Im Dickicht war noch immer das Gezirpe der Vögel zu hören, das jedoch allmählich verstummte.

      Allein selbst beim Sonnenuntergang trat im Walde keine Ruhe ein. Bald kamen Rudel von Wölfen lärmend und heulend an Zbyszko vorüber, bald trabten Elentiere in langen Reihen vorbei, eines den Kopf dicht an dem Schwanze des andern haltend. Die dürren Zweige krachten unter ihren Hufen, jene aber, noch von den rötlichen Sonnenstrahlen getroffen, strebten den Sümpfen zu, wo sie sich des Nachts ruhig und sicher fühlten. Schließlich vergoldete die Abendröte das ganze Firmament, die Wipfel der Föhren schienen wie in Feuer getaucht zu sein, und eine tiefe Ruhe lagerte sich über alles. Der Wald versank in Schlaf. Dunkelheit breitete sich über die Erde aus und stieg zu der leuchtenden Abendröte empor, welche allmählich verblaßte, um dann ganz zu erlöschen.

      »Jetzt, solange die Wölfe nicht heulen, wird es ruhig werden,« dachte Zbyszko. Er bedauerte gleichwohl, daß er die Armbrust nicht mitgebracht hatte, denn er hätte vielleicht mit Leichtigkeit einen Wolf oder ein Elentier erlegen können. Inzwischen drang von den Sümpfen her noch einige Zeit hindurch immer wieder ein dumpfer Ton, der wie schweres Stöhnen und Seufzen lautete. Mit einem gewissen Mißbehagen schaute Zbyszko nach dieser Richtung hin, war es doch auch ihm bekannt, daß der Bauer Radzik, welcher dort irgendwo in einer Lehmhütte gewohnt hatte, plötzlich mit seiner ganzen Familie verschwunden war, als ob ihn die Erde verschlungen hätte. Etliche Leute behaupteten, er sei von Räubern überfallen worden, andere dagegen wollten in der Nähe des Häuschens seltsame Spuren gesehen haben, die weder von Menschen noch von Tieren herrühren konnten, und diese Leute schüttelten den Kopf, ja, sie überlegten, ob es nicht wohl ratsam sei, den Geistlichen aus Krzesnia zu berufen, damit er die Hütte weihe. Dazu kam es freilich nicht, denn es fand sich niemand, der hier wohnen wollte, und das Häuschen, oder vielmehr der Lehm, mit dem die Reisigwände beworfen waren, wurde nach und nach von dem Regen ausgewaschen, von da an stand aber die Gegend in üblem Rufe. Der Zeidler Wawrek, der während des Sommers hier in einer kleinen Hütte nächtigte, kümmerte sich zwar nichts darum, allein gerade deshalb wurde auch viel über ihn gesprochen. Zbyszko, mit einer Heugabel und einem Beil bewaffnet, fürchtete sich zwar nicht vor wilden Tieren, allein es erfaßte ihn sofort ein gewisses Unbehagen bei dem Gedanken an unsichtbare Gewalten, und er war sehr froh darüber, als schließlich jene Töne verstummten.

      Immer dunkler ward die Nacht. Kein Luftzug regte sich mehr, sogar das gewöhnliche Rauschen in den Wipfeln der Föhren ließ sich nicht mehr vernehmen. Eine solche Ruhe herrschte, daß wenn von Zeit zu Zeit da und dort ein Tannenzapfen zur Erde fiel, der Klang weithin tönte, eine so lautlose Stille umgab Zbyszko, daß er seinen eigenen Atem hören konnte.

      Lange Zeit saß der junge Ritter unbeweglich auf seinem Platze und wartete auf den Bären. Nach und nach aber schweiften seine Gedanken ab; er gedachte Danusias, die mit Anna Danuta in ferne Gegenden fuhr. Lebhaft sah er sie vor sich, wie er sie in die Arme genommen hatte, als er sich von ihr und von der Fürstin verabschiedete, er erinnerte sich, wie ihr die Thränen über das Antlitz rannen, er erinnerte sich ihrer zarten Gesichtsfarbe, ihres goldhaarigen Köpfchens, ihres Kränzleins aus Kornblumen, ihres Gesanges, ihrer roten spitzen Schuhe, die er beim Abschied geküßt hatte. An seinem geistigen Auge zog all das vorüber, was sich seit der Zeit ereignet hatte, seit er und Danusa sich näher getreten waren, und ein solcher Schmerz über die Trennung, ein solches Sehnen nach dem geliebten Mädchen ergriff ihn, daß diese Gefühle alles andere aus seinem Gedächtnis verdrängten. Er vergaß, wo er war, er vergaß des Bären und sagte sich immer und immer wieder: »Ich werde zu Dir wandern, denn ohne Dich hat das Leben für mich keinen Wert!«

      Ja, das wollte er thun, er mußte nach Masovien reisen, in Bogdaniec würde er zu Grunde gehen, das fühlte er. Und Jurand kam ihm in den Sinn und dessen auffälliger Widerstand, und er sagte sich, er müsse sich auch zu diesem begeben, um die geheimnisvollen Gründe zu erforschen, die sich seinem Werben hindernd entgegen stellten, die aber vielleicht durch eine Forderung zum Kampfe auf Leben und Tod beseitigt werden konnten. So lebhaft stürmten diese Gedanken auf ihn ein, daß ihm war, als ob Danusia ihm die Hände entgegenstrecke und rufe: »Zbyszko, komm, komm!« Weshalb sollte er diesem Rufe nicht Folge leisten? Nein, er schlummerte nicht, und doch sah er die Geliebte so deutlich vor sich, wie es nur im Traume möglich war. Wie wenn es Wirklichkeit wäre! Ja, da fährt Danusia jetzt neben der Fürstin dahin und läßt ihre Finger über die Laute gleiten und singt! Doch sie denkt an ihn. Sie weiß, daß sie ihn bald wiedersehen wird,


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