Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Mädchen ein und ging dann rasch zu Mechthild zurück, die heute bedeutend unruhiger war als sonst.

      »Wo – wo – ist sie?« rief sie ihm entgegen, der sich unwissend stellte.

      »Wen meinen Sie denn, Frau Mechthild? Das kleine Mädchen etwa? Das ist nach Hause gegangen. Die Großmutter konnte heute leider nicht mitkommen, da sie schwer erkrankt ist.

      Ja, ja, das Herz«, fuhr er bekümmert fort, die Patientin dabei scharf beobachtend. »Hoffentlich hält es durch, bis die Enkelkinder herangewachsen sind. Was sollten sie wohl ohne ihre gütige Betreuerin anfangen, die armen Waislein, die schon die Mutter entbehren müssen?«

      Damit ging er rasch hinaus.

      *

      Als die Stunde da war, an der

      Frau Hadebrandt mit ihrer Enkeltochter den Besuch zu machen pflegte, ging Arles zu Mechthild und plauderte mit ihr. Sah in kurzen Abständen nach der

      Uhr und machte ein bekümmertes Gesicht.

      »Wo die kleine Brigit nur bleibt«, murmelte er einmal vor sich hin. »Hoffentlich ist der Großmutter nichts passiert.«

      Nervös rutschte Mechthild auf ihrem Sessel herum, was er nicht zu bemerken schien. Er plauderte weiter und beobachtete die Patientin dabei unausgesetzt. Als es schüchtern klopfte, öffnete er.

      »Da sind wir ja«, sagte er erfreut. »Hast du die gute Omi nicht mitgebracht, Herzchen?«

      »Nein, sie fühlte sich gar nicht wohl«, schluckte das Kind an den Tränen, weil es ja nicht wußte, was hier gespielt wurde. »Onkel Holger ist auch sehr traurig.«

      Der Professor, der Mechthild nicht aus den Augen ließ, sah deutlich, wie sie zusammenzuckte. Harmlos sprach er mit der Kleinen weiter: »Heute hast du ganz besonders schöne Blumen mitgebracht, Brigitlein. Da wird sich die liebe Tante aber freuen.«

      »Die habe ich mit Onkel Holger zusammen ausgesucht«, erklärte sie stolz. »Er sagte, für die liebe Tante kann nichts schön genug sein.«

      Oh, du kleiner, ahnungsloser Engel, schmunzelte Arles in sich hinein. Du tust hiermit wie eine geübte Schauspielerin. Recht so, jetzt läßt sie sich sogar auf das Kissen zu der Tante Füßen nieder. Poche nur mit deinem warmen Fingerlein an das erstarrte Herz, damit die Eiskruste darum langsam zu schmelzen beginnt – und ihr zum Teil und dir zum Segen, du herziges Dirnlein.

      Was Brigit noch nie getan hatte, das tat sie jetzt in kindlicher Unbefangenheit. Sie lehnte ihre Wange schmeichelnd an die Hand der Frau und sah ernsthaft zu ihr auf. Diese Zutraulichkeit mußte sich wohl hervorgewagt haben, weil die Augen der Tante heute wärmer blickten als sonst, weil ihre Gestalt die Unnahbarkeit nicht wie ein eisiger Panzer umgab. Und Mechthild, sich selbst wohl unbewußt, strich liebkosend mit der freien Hand über die Locken des Kindes. Dieses hielt ganz still, kuschelte das Köpfchen immer fester in den Schoß der Frau, die das kleine Herzchen schon längst besaß.

      Arles und die Schwester gingen leise hinaus. Suchten das Nebenzimmer auf und stellten sich an die getarnten Guckgläser, die jedes Gemach der Patientinnen hatte, damit der Professor sie zu jeder Zeit beobachten konnte. Von dort aus verfolgten sie mit Spannung, was weiter geschah.

      Zuerst lag der Kopf des Kindes noch an dem weichen Platz. Dann hob sich das Gesichtlein Mechthild zu, und Brigit eröffnete treuherzig folgendes Gespräch: »Bist du noch immer krank, liebe Tante?«

      »Ich glaube schon, Brigit.«

      »Dann werde nur schnell gesund, damit Anne-Magret dich auch besuchen kann. Sie weint immer, wenn ich zu dir gehen und sie nicht darf. Das tut mir denn so leid. Aber Onkel Holger sagt, so kleine Mädchen stören kranke Menschen – und er hat immer recht.«

      Einige Herzschläge war es still, dann plauderte der kleine Mund weiter:

      »Jetzt kommt bald der Nikolaus, Tante Mechthild, und eine Weile später dann der Weihnachtsmann. Willst du mir sagen, was du dir von ihm wünschst?«

      »Nichts, Brigitlein –«, klang die müde Frauenstimme auf.

      »Das ist aber traurig. Viel wünsche ich mir ja auch nicht, weil ich nicht unbescheiden sein darf, aber etwas schon.«

      »Was denn, mein Kind?«

      »Eine kleine Nähmaschine, damit ich für meine Puppen Kleider nähen kann. Onkel Holger meint wohl, daß ich sie nicht bekommen werde, weil ich dazu zu klein bin. Ich müßte mindestens schon zur Schule gehen. Ostern fange ich damit an, aber vorher habe ich noch Geburtstag.«

      Wieder Schweigen, dann flatterte ein helles Kinderlachen auf.

      »Aber die Ann-Magret, die hat erst Wünsche. Wenn du sie hören könntest, du würdest dich halb totlachen, Tante Mechthild. Einen ganzen Berg Pudding, einen Wagen voll Schokolade, einen Hund, eine Katze, ein Klavier. Als Onkel Holger das hörte, mußte er lachen, wo er sonst doch immer so traurig ist. Er sagte, Ann-Magret soll erst einmal richtig sprechen lernen. Bei ihrem Kauderwelsch versteht der Weihnachtsmann womöglich noch was Verkehrtes und bringt ihr statt einer Katze eine Tante und statt Klavier eine Büchse Kaviar. Ist das nicht ulkig, Tante Mechthild? Bist du müde, weil du keine Antwort gibst? Darum will ich gehen.«

      Wie auf ein Stichwort erschienen der Professor und die Pflegerin.

      »Nun, Brigitlein, dir scheint es heute bei der Tante recht gut zu gefallen. Dann ist sie wohl sehr lieb zu dir?«

      »Sehr lieb«, strahlte das Kind ihn an. »Und gar nicht mehr so krank wie sonst. Mach sie nur ganz schnell gesund, Onkel Professor, damit wir alle zusammen Weihnachten feiern können. Sonst sind wir traurig.«

      »Wer denn alles, mein Dirnlein?«

      »Nun, Omi, Ann-Magret, ich – und auch der Onkel Holger. Wir alle haben die Tante sehr lieb.«

      »Na, sehen Sie, kleine Frau«, lachte er zu Mechthild hin, in deren Mundwinkel er ein leichtes Zittern bemerkte. »Da wissen Sie also, wo man Sie zum Weihnachtsfest mit ganzem Herzen erwartet. Mir geht es doch nicht so gut.«

      »Doch – Onkel Professor«, widersprach Brigit eifrig. »Du kommst natürlich auch mit.«

      »Danke für die Einladung, kleine Dame«, verneigte er sich so komisch, daß die Kleine hell-auf lachte. Da huschte ein Ausdruck von Qual über Mechthilds Gesicht – und schon griff Arles ein.

      »So, mein Kind, nun verabschiede dich von der Tante. Sonst muß die Omi zu lange auf dich warten.«

      Erschrocken fuhr das Kind auf, das Köpfchen senkte sich beschämt.

      »Die gute Omi hatte ich ganz vergessen«, bekannte es kleinlaut. »Die ist ja krank. Muß sie sterben, Onkel Professor wie – meine Mutti?«

      »Das wollen wir nicht hoffen, Brigit. Was solltet ihr kleinen Mädchen wohl ohne die Omi anfangen.«

      Die Kinderaugen füllten sich mit Tränen. Die Kleine war so aufgeregt, daß sie vergaß, sich von Mechthild zu verabschieden. Hastig ergriff sie die Hand des Arztes und zog ihn mit sich hinaus. Doch kaum, daß sie den Korridor betraten, ging die Bekümmernis des Kindes in lauten Jubel über; denn neben Meta standen Onkel Holger und die Großmutter.

      »Omilein, bist du schon wieder gesund? Oh, wie schön!«

      Frau Anne schielte zu Arles hin, der mißbilligend den Kopf schüttelte. Er gab Meta einen Wink, mit Brigit vorzugehen, und sagte dann:

      »Sie sollen doch krank sein, begehrte Freundin.«

      »Es geht wegen der Kinder nicht«, gab sie unmutig zurück. »Hauptsächlich Brigit hat sich sehr geängstigt, als ich die Kranke markierte. Ich hatte ihr gegenüber direkt ein schlechtes Gewissen. Ist mein Krankspielen denn durchaus erforderlich?«

      »Jetzt nicht mehr, da Sie Frau Mechthild in der nächsten Zeit nicht mehr besuchen werden.«

      »Warum denn nicht?«

      »Es ist besser so.«

      »Nun sieh dir bloß diesen zugeknöpften Menschen


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