Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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ungetrübt. Es war nur eine verhältnismäßig weniger unglückliche Periode, die sich zwischen das große Elend von Vergangenheit und Zukunft eingeschlichen hatte. Denn die Ghost war für die Matrosen ein Höllenschiff schlimmster Art geworden. Sie hatten nie einen Augenblick Ruhe oder Frieden. Wolf Larsen ließ sie für ihren Überfall und die Prügel, die ihm in der Back zuteil geworden waren, bezahlen. Und morgens, mittags, abends und nachts widmete er sich der Aufgabe, ihnen das Leben unerträglich zu machen. Er kannte die Psychologie der Kleinigkeiten nur zu gut, und mit Kleinigkeiten trieb er die Mannschaft bis an den Rand des Wahnsinns. Ich war Zeuge, wie Harrison aus der Koje geholt wurde, um einen an den falschen Platz gelegten Pinsel richtig hinzulegen, und wie zwei von der Wachmannschaft aus dem Schlaf geweckt wurden, um mitzugehen und zu sehen, ob er es richtig machte. Eine Kleinigkeit, wohl wahr, wenn aber ein so erfinderischer Kopf tausenderlei erdenkt, so kann man sich die Gemütsverfassung der Leute in der Back leicht vorstellen.

      Natürlich wurde beständig gemurrt, und immer fanden kleine Ausbrüche statt. Schläge wurden ausgeteilt, und zwei bis drei Mann mußten stets die Verletzungen pflegen, die ihnen von der Hand ihres Herrn, dieser menschlichen Bestie, zugefügt worden waren. Offene Meuterei war nicht möglich angesichts des bedeutenden Waffenarsenals im Zwischendeck und in der Kajüte. Leach und Johnson waren die auserwählten Opfer der teuflischen Einfälle Wolf Larsens, und der Ausdruck tiefster Schwermut, der sich auf Johnsons Gesicht und in seinen Augen zeigte, ließ mein Herz bluten.

      Anders Leach. In ihm steckte zuviel von einem kämpferischen Raubtier. Er schien von einer unersättlichen Wut besessen, die ihm nicht die Zeit ließ, sich seinem Kummer hinzugeben. Seine Lippen waren zu einem beständigen Knurren verzerrt, das sich beim bloßen Anblick Wolf Larsens zu einem furchtbaren, drohenden und, ich glaube, ihm ganz unbewußten Ton verstärkte. Ich habe beobachtet, wie er Wolf Larsen mit den Augen folgte wie ein wildes Tier seinem Wächter, während das tierische Knurren tief aus seiner Kehle kam und zwischen den Zähnen zitterte.

      Er sowohl wie Johnson würden Wolf Larsen bei der ersten Gelegenheit getötet haben, aber die Gelegenheit kam nie. Wolf Larsen war zu klug, und außerdem hatten sie keine entsprechenden Waffen. Mit ihren Fäusten hatten sie keine Gelegenheit. Der Teufel in Leach forderte den Teufel in Wolf Larsen heraus. Sie brauchten nur gleichzeitig an Deck zu erscheinen, so waren sie auch schon fluchend, knurrend und kämpfend aneinander, und ich habe Leach gesehen, wie er sich ohne Warnung und ohne Anlaß auf Wolf Larsen stürzte. Einmal schleuderte er sein schweres Messer und verfehlte Wolf Larsens Kehle nur um Zentimeter. Ein andermal ließ er einen stählernen Marlspieker vom Besanmast herunterfallen, auf einem rollenden Schiff ein schwerer Wurf, aber die scharfe Spitze, die aus einer Höhe von fünfundzwanzig Metern durch die Luft sauste, verfehlte den Kopf Wolf Larsens, der gerade von der Kajütstreppe kam, nur ganz knapp und bohrte sich tief in die feste Deckplanke ein. Ein drittes Mal stahl er sich ins Zwischendeck, setzte sich in den Besitz eines geladenen Gewehrs und schlich sich damit auf Deck, wurde aber von Kerfoot überrascht und entwaffnet. Ich wunderte mich oft, daß Wolf Larsen ihn nicht tötete und der Sache damit ein Ende machte. Aber er lachte nur, und es schien ihn zu belustigen.

      „Es kitzelt", erklärte er mir, „wenn das Leben nur an einem Haar hängt. Der Mensch ist von Natur aus Spieler, und das Leben ist der höchste Einsatz, den man hat. Je größer die Gefahr, desto mehr kitzelt es. Warum sollte ich mir die Freude rauben, Leachs Seele bis zur Fieberglut zu erhitzen? Übrigens erweise ich ihm damit einen

      Freundschaftsdienst. Das Gefühl ist gegenseitig. Er führt ein königlicheres Dasein als jeder andere von der Mannschaft, wenn er es auch nicht weiß. Denn er hat, was die andern nicht haben, ein Ziel, eine Aufgabe, die ihn ganz erfüllt: den Wunsch, mich zu töten, und die Hoffnung, daß ihm dies glücken werde. Wirklich, Hump, er lebt auf den Höhen des Lebens. Ich zweifle, daß er je so frisch und mutig gelebt hat, und beneide ihn zuweilen ehrlich, wenn ich ihn auf dem Gipfel der Leidenschaft und des Gefühls rasen sehe."

      „Ach, das ist feige, feige!" rief ich. „Sie haben ja das Übergewicht."

      „Wer ist der größere Feigling von uns beiden, Sie oder ich?" fragte er ernsthaft. „Die Situation ist unerfreulich, und da schließen Sie einen Kompromiß mit Ihrem Gewissen. Wenn Sie wirklich groß, wenn Sie wahr gegen sich selbst wären, so würden Sie gemeinsame Sache mit Leach und Johnson machen. Aber Sie fürchten sich. Sie wollen leben. Das Leben in Ihnen schreit heraus, daß es leben muß, koste es, was es wolle. Und daher leben Sie unwürdig, werden Ihren besten Träumen untreu, versündigen sich gegen all Ihre jämmerlichen Lehren und schicken Ihre Seele schnurstracks in die Hölle, falls es eine geben sollte. Pah! Ich spiele ein tapferes Spiel. Ich sündige nicht, denn ich bleibe meinen Lebensanschauungen treu."

      Was er sagte, traf mich. Vielleicht war ich wirklich feige, und je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr erschien es mir als meine Pflicht, zu tun, was er mir geraten hatte: gemeinsame Sache mit Leach und Johnson zu machen, um ihn zu beseitigen. Der Gedanke ließ mich nicht los. Es mußte eine gute Tat sein, die Welt von diesem Ungeheuer zu befreien. Die Menschheit würde besser und glücklicher, das Leben schöner und lieblicher dadurch werden. Ich erwog es lange, lag wach in meiner Koje und ließ die Tatsachen nochmals in endloser Prozession an mir vorbeiziehen. Während der Nachtwachen, wenn Wolf Larsen unten war, sprach ich mit Johnson und Leach. Beide hatten die Hoffnung aufgegeben - Johnson aus Mutlosigkeit, Leach, weil er sich in dem vergeblichen Ringen erschöpft hatte. Aber eines Nachts ergriff er leidenschaftlich meine Hand und sagte: „Sie sind ein anständiger Kerl, Herr van Weyden. Aber bleiben Sie, wo Sie sind, und halten Sie den Mund. Wir beide, Johnson und ich, sind verloren, ich weiß es - aber vielleicht wird es Ihnen doch eines Tages möglich sein, uns einen Dienst zu erweisen, wenn wir es verdammt nötig haben."

      Ich hatte die Hoffnung gehegt, daß Larsens Opfer eine Gelegenheit zur Flucht finden würden, wenn wir die Wasserfässer füllten, aber der Kapitän hatte seine Maßregeln getroffen. Die Ghost lag einen Kilometer vor der Brandung, und dahinter war öder Strand, den eine wilde Bergschlucht mit steilen, vulkanischen, unersteigbaren Wänden abschloß. Und hier, unter seiner eigenen Aufsicht - denn er ging selbst mit an Land -, füllten Leach und Johnson die kleinen Fässer und rollten sie zum Wasser hinab. Sie hatten keine Gelegenheit, mit Hilfe eines Bootes ihre Freiheit zu gewinnen.

      Harrison und Kelly jedoch machten einen Fluchtversuch. Sie befanden sich in einem der Boote und hatten die Aufgabe, mit je einem Faß zwischen Strand und Schoner hin- und herzurudern. Gerade vor dem Mittagessen, als sie mit einem leeren Faß an Land fuhren, änderten sie plötzlich den Kurs nach links, um hinter das Vorgebirge zu kommen, das sich zwischen ihnen und der Freiheit aus dem Meere erhob. Jenseits der schäumenden Fläche lagen die Täler, die sich weit ins Innere erstreckten. Waren sie erst dort, so konnte sich Wolf Larsen den Mund nach ihnen wischen. Ich hatte bemerkt, daß Henderson und Smoke den ganzen Morgen auf Deck herumlungerten, und jetzt erfuhr ich den Zweck. Sie nahmen ihre Büchsen und eröffneten lässig ein Feuer auf die Flüchtlinge. Es war eine kalte Darbietung ihrer Schießkunst. Zuerst hüpften ihre Kugeln harmlos über den Wasserspiegel zu beiden Seiten des Bootes, als aber die Leute weiterruderten, trafen sie immer näher.

      „Paß auf, jetzt nehme ich Kellys rechten Riemen", sagte Smoke, indem er sorgfältig zielte.

      Ich sah durch das Glas, wie das Ruderblatt durch seinen Schuß zersplittert wurde. Henderson wählte sich Harrisons rechten Riemen zum Ziel. Das Boot drehte sich. Einen Augenblick später waren auch die beiden anderen Riemen zerschossen. Die Leute versuchten mit den Stümpfen zu rudern, aber sie wurden ihnen aus den Händen geschossen.

      Kelly brach eine Bodenplanke los und begann damit zu paddeln, ließ sie aber mit einem Schmerzensruf fallen, als die Splitter ihm in die Hand drangen. Jetzt gaben sie es auf und ließen das Boot treiben, bis ein zweites Boot, das Wolf Larsen vom Strande schickte, sie ins Schlepptau nahm und an Bord brachte.

      Spät am Nachmittag lichteten wir die Anker und fuhren weiter. Vor uns lagen drei bis vier Monate Jagd in den Robbengründen. Diese Aussicht war in der Tat trübe, und ich ging schweren Herzens an meine Arbeit. Eine Art Grabesstimmung schien sich auf die Ghost herabgesenkt zu haben. Wolf Larsen hatte sich, von seinen merkwürdigen, betäubenden Kopfschmerzen gepackt, in seine Koje zurückgezogen. Harrison stand teilnahmslos am Rad, halb darauf gestützt, als drücke ihn sein eigenes Gewicht zu Boden. Die übrige


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