Karin Bucha Staffel 3 – Liebesroman. Karin Bucha
Читать онлайн книгу.Zukunft.
Hinzu kam noch, daß ihr der Arzt dringend geraten hatte, sobald Ursula entlassen werden könne, mit ihr zur Erholung zu fahren, denn das Kind habe dringend eine Luftveränderung nötig.
Von diesem Tag an ging Brigitte wieder mit sorgenvollem Gesicht einher.
Jede Freude, die sie dem Kind machte, mußte sie sich vom Mund absparen.
Und nun stand als neues Schreckgespenst die Erholungsreise vor ihr, die sie ihrer Tochter unbedingt verschaffen mußte.
Dies war der Grund, weshalb sie an einem der nächsten Tage zu ihren Eltern ging.
Kläre Freier zeigte ehrliche Freude über ihren Besuch. Sie war aber auch sehr erschrocken über Brigittes schlechtes Aussehen.
»Du denkst zu wenig an dich, Brigitte«, schalt sie. »Ursula ist doch außer Gefahr, gottlob! Nun mußt du dich endlich auch etwas mehr schonen!«
Ein schattenhaftes Lächeln huschte um Brigittes Mund. War die Mutter wirklich so kurzsichtig? Konnte sie sich nicht denken, was sie quälte?
Im selben Augenblick drehte Kläre Brigittes Kopf dem Licht zu.
»Oder – Brigitte, hast du Sorgen, ich meine finanzielle Sorgen?«
Brigitte gab es nicht gerade zu, aber sie entschloß sich nun wenigstens, die Mutter um Rat zu fragen.
»Ich muß mich nach einer Beschäftigung umsehen, Mutter. Das ist es, was mich nicht zur Ruhe kommen läßt.«
Kläre streichelte über Brigittes Hand.
»Ausgerechnet jetzt, wo das Kind gute Pflege – deine Pflege so dringend nötig hat?«
»Du hast recht, Mutter.« Brigitte wandte gequält den Kopf zur Seite. »Es bleibt mir aber kein anderer Ausweg, um mich und mein Kind zu ernähren.«
»Gewiß, Brigitte, das sollst du ja auch. Vorläufig mußt du dich aber voll und ganz Ursula widmen. Übrigens, Vater hat mit dem Arzt gesprochen. Wir wissen, daß du mit dem Kind verreisen sollst.«
Brigitte preßte hilflos die Handflächen aneinander.
»Deshalb bin ich zu dir gekommen, Mutter. Ich wollte dich – ich möchte Vater herzlich bitten, mir über diese Zeit hinwegzuhelfen.«
»Das ist doch selbstverständlich«, fiel Kläre Freier ihr rasch ins Wort. »Vater hat das Geld schon bereitgelegt. Willst du es gleich mitnehmen, oder bleibst du hier, bis Vater vom Dienst kommt?«
Brigitte sah nach der Uhr.
»Ich hole es mir später ab, Mutter. Jetzt muß ich zu Ursula. Sie wartet immer so sehnsüchtig auf mich.«
»Soll ich mit dir kommen?« fragte Kläre.
Brigitte schüttelte den Kopf.
»Es ist nicht nötig, Mutter, du hast ja auch Arbeit. Auf Wiedersehen!«
Langsam schritt sie zur Tür. Dort wandte sie sich noch einmal um.
»Also nochmals, vorläufig vielen Dank, Mutter.«
»Es ist schon gut, Brigitte«, winkte Kläre Freier ab. Dann stand sie plötzlich wieder neben der Tochter. »Eigentlich müßte Markhoff dafür aufkommen. Er ist Schuld an dem Unglück.«
Erschrocken richtete Brigitte die Augen auf die Mutter.
»Niemals könnte ich Markhoff um Geld angehen – niemals!«
Kläre Freier zuckte die Achseln.
»Ich verstehe dich nicht, Brigitte. In Geldangelegenheiten war Markhoff immer großzügig. Schließlich ist es ja ebenso sein Kind, wie das deine.«
»Mutter!« kam es entsetzt von Brigittes Lippen. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
»Doch«, beharrte Kläre eigensinnig. »Es ist mein Ernst. Aber du willst ja immer dein Köpfchen für dich haben. Du mußt ja am besten wissen, was du tust.«
Traurig verließ Brigitte das Haus der Eltern. Immer wieder fiel ein Tropfen Wermut in ihren Glücksbecher. Sie wußte genau, daß die Mutter sich nur ungern von Geld trennen konnte. Sicherlich hatte der Vater die Anregung dazu gegeben. Nun, sie würde ihr Möglichstes tun, um das Geld sobald als möglich zurückzahlen zu können.
Bei ihrem Kind vergaß Brigitte allen Kummer. Da war sie nur die zärtliche Mutter, die mit Liebe und Verständnis auf Ursulas kindliches Geplauder einging.
In letzter Zeit gab es stets Tränen bei Ursula, wenn die Stunde des Abschieds schlug.
»Nimm mich mit, Mami!« bettelte sie dann und schmiegte sich eng an die Mutter.
»Das geht noch nicht, Liebes«, tröstete Brigitte liebevoll. »Aber bald darf ich dich heimholen, bald!«
An einem der nächsten Tage suchte sie den Arzt in seinem Sprechzimmer auf und erfuhr, daß sie Ursula am Wochenende heimholen dürfe.
»Sagen Sie es aber dem Kind erst einen Tag vorher«, riet er ihr. »Wir haben nicht nur einmal erlebt, daß die Kinder plötzlich vor Aufregung wieder Fieber bekamen.«
Das sah Brigitte ein, aber ihre Freude wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Sie putzte und schmückte ihr Heim wie seit langem nicht.
Die Zeit verging ihr viel zu langsam. Aber endlich war es soweit.
Zusammen mit dem Vater holte sie Ursula ab, während Kläre in Brigittes Wohnung zurückgeblieben war.
Ursula fiel das Laufen noch so schwer, daß sie vom Großvater zum Wagen getragen werden mußte. Aber ihre Augen leuchteten vor Glück.
Brigitte konnte vor Tränen kaum etwas sehen. Seltsam feierlich war ihr zumute. Bekam sie heute ihr Kind nicht zum zweiten Mal geschenkt?
Die Großeltern hatten allerlei Geschenke aufgebaut, und Kläre Freier hatte den Kaffeetisch gedeckt.
Ursula wurde behutsam auf die Couch gepackt und der Tisch dicht herangeschoben. So brauchte sie nur den Kopf ein wenig zu heben und konnte an allem teilnehmen, was um sie herum vorging.
»Weißt du eigentlich, wie das Unglück geschah?« erkundigte sich Kläre Freier, ohne das ängstliche Zusammenzucken Brigittes zu beobachten.
»Ich weiß nichts mehr, Oma«, erwiderte das Kind, »wirklich nichts.«
»Laß nur, Mutter«, warf Brigitte erleichtert ein. Sie wollte vorläufig alles vermeiden, was Ursula an jenen Schreckenstag erinnern konnte.
In dieser Nacht, die dem Glückstag folgte, schlief Brigitte zum ersten Mal ruhig und fest bis zum Morgen. Sie fühlte ihre Kräfte wiederkehren, nun, da sie Ursula wieder bei sich hatte.
Einige Wochen später, als der Novembersturm schon um das Haus brauste und die Blätter von den Bäumen fegte, trat Brigitte mit dem Kind die Reise in die Berge an, wie der Arzt ihr geraten hatte.
Ihr war, als beginne damit für sie ein gänzlich neuer Lebensabschnitt. Ja, manchmal bildete sie sich sogar ein, daß die aufreibende Zeit, in der sie um das kleine Menschenleben gebangt hatte, nur ein böser Traum gewesen sei.
*
Gerade als Brigitte mit ihrem Kind an dem großen Sporthotel vorbeiging, trat eine kleine Gesellschaft aus der Halle auf die Freitreppe. Lachend und scherzend kam die Gruppe herunter, und man bestieg drei Wagen, die fast gleichzeitig vorgefahren waren.
Nur einer der Herren, der Großindustrielle Rudolf Strantz, zögerte. Mit einem nachdenklichen Blick sah er der schlanken Frauengestalt nach, die sich hin und wieder zu dem Kind hinabneigte, das an ihrer Seite trippelte.
»Hallo, Strantz!«
Gewaltsam riß er sich von Brigitte Markhoffs Anblick los und schritt weiter.
Leonore Grunert war bereits in den ersten Wagen gestiegen und sah den Herauskommenden mit funkelnden Augen an.
»Weshalb versuchen Sie eigentlich nicht, mit dieser interessanten jungen