Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer


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mit tränenverschleiertem Blick die ersten Krokusse. Ja, seufzte sie heimlich, soweit hat’s kommen müssen mit uns. Aber der Blick auf den Jenner ist uns zumindest geblieben!

      Anna und Franz Achner waren wie versprochen in den Anbau gezogen, der ursprünglich nur für Gäste vorgesehen war. Sie hatten die kleine Wohnung reeht gemütlich eingerichtet, die kostbarsten Möbel mit hinübergenommen. Manchmal wurde es der alten Bäuerin sehr schwer, die vielen Stufen hinauf ins Dachgeschoß zu nehmen, doch dann tröstete sie sich mit dem Gedanken an ihr Enkelkind, das nun bald das Licht der Welt erblicken würde. Vielleicht änderte sich ihre Schwiegertochter, wenn das Butzerl erst geboren war!

      Aber die Hoffnung der Achnerbäuerin sollte sich nicht erfüllen.

      In den letzten drei Monaten vor der Entbindung wurde Marianne unerträglich gereizt. Es störte sie selbst die Fliege an der Wand, und als sich der Sommer mit ungewöhnlicher Wärme ankündigte, begann sie, ihren Leib zu hassen.

      »Martl, ich halt das nimmer aus! Jessas, hast denn net ein bisserl mehr Zeit für mich? Ich muß mich um alles selbst kümmern!« beschwerte sie sich eines Tages, als Martin müde vom Feld zurückkam.

      »Hast es selber so wollen. Warum wolltest denn unbedingt, daß sich meine Mutter aus allem heraushält? Jetzt wär sie dir wahrhaftig eine große Hilf!« gab Martin gequält zurück.

      Insgeheim hoffte auch er, daß mit der Geburt des Kindes endlich Frieden auf den Achnerhof einkehren würde.

      Der alte Achnerbauer ging seinem Sohn, aber vor allem seiner jungen, herrischen Schwiegertochter tunlichst aus dem Weg. Es kam nun öfter vor, daß er seine Anna beim Arm nahm und mit ihr lange Spaziergänge machte, bei denen sie stets einigen ihrer langjährigen Stammgäste begegneten. Es entging ihnen nicht, daß sich die Gäste dann bedeutungsvolle Blicke zuwarfen, die mehr sagten als alle Worte!

      Auch Martin wußte davon, und das Herz wurde ihm schwer. Und nun, kurz vor der Niederkunft, war Marianne wahrlich nicht mehr zum Ausstehen!

      Nach der kurzen Antwort ihres Mannes schob die junge Frau ihren unförmigen Leib auf die Bauernbank und lehnte sich schwer atmend zurück. Unter halbgeschlossenen Lidern schoß sie ihm verächtliche Blicke zu und meinte schließlich gefährlich leise: »Hättst mich ja net zu heiraten brauchen, wenn’s dir net paßt, wie ich meinen Haushalt führ!«

      Martin fuhr sich müde über die Augen, legte das Besteck aus den Händen, ehe er einlenkend zurückgab: »Geh, Mariandl, so gib doch endlich Ruh! Du hast nun alles erreicht, was du wolltest, also verdirb mir net meinen Feierabend.«

      »Du – du elendiger…« Weiter kam sie nicht.

      »Wennst es denn net anders willst, geh ich halt wieder!« Der junge Bauer schob mit zusammengepreßten Lippen den Stuhl zurück, ließ die Brotzeit unberührt auf dem Tisch stehen und stapfte niedergeschlagen hinaus. Er war es leid, sich Abend für Abend mit seiner Frau auseinanderzusetzen. Bevor er die gemeinsame Schlafstube erreicht hatte, hörte er, wie es gegen die Küchentür klirrte und sandte ein Stoßgebet zum Himmel. Mochte der Herrgott es so richten, daß Marianne endlich wieder zur Vernunft kam!

      Spät in der Nacht kam die junge Achnerbäuerin in die Schlafstube und Martin tat, als ob er schliefe.

      Plötzlich stöhnte Marianne laut auf. »Martin! Es ist soweit!«

      Der Bursch war mit einemmal hellwach. Endlich! Er sprang auf, warf einen kurzen Blick auf sein verkrümmt dasitzendes Weib und rannte zum Telefon. »Doktor Baumann! Kommen S’ bitt schön und bringen S’ die Hebamme mit! ’s ist soweit!« Er wartete die Antwort gar nicht erst ab sondern lief verstört zu Marianne zurück.

      »Was soll ich jetzt tun, Mariandl?« Beunruhigt von den regelmäßig wiederkehrenden Aufschreien seiner Frau lief er in der Schlafstube auf und ab.

      »Geh und hol die Mutter!« preßte Marianne zwischen den Wehen heraus.

      Daß er darauf nicht gleich gekommen war! Freilich! Die Mutter wußte gewiß, was zu tun war.

      Anna Achner lag noch wach, als sie hörte, wie ihr Sohn die Treppe hinaufeilte. Sie kannte seinen Schritt zu gut, wußte, daß es jetzt soweit war.

      »Ich komm schon!« rief sie ihm zu, noch ehe er in ihre Schlafstube stürmen konnte.

      »Was ist denn los?« brummte der alte Achnerbauer verschlafen und drehte sich auf die andere Seite.

      »Schlaf nur ruhig weiter, Franzl!« Martins Mutter warf sich ihren Morgenmantel über und lief – so schnell sie konnte – hinter ihrem Sohn her.

      »Geh hinein zu deiner Frau, Martl. Ich stell Wasser auf und richt die Tücher her. Nun geh schon!« bestimmte sie ruhig, ging in die Küche und bekreuzigte sich hinter der Tür. »Gib, heilige Mutter Maria, daß es bald vorbei ist!«

      Mariannes Schreie drangen bis in die Küche. Die Altbäuerin schüttelte verständnislos den Kopf. Sie hatte schon so manchem jungen Leben auf die Welt geholfen, wenn die Hebamme es nicht geschafft hatte, rechtzeitig herauf zum Achnerhof zu kommen. Doch keine der Mägde hatte sich so aufgeführt, wie diese junge Frau!

      Vorsichtig nahm Anna Achner die dampfende Emailleschüssel auf und trug sie in die Schlafstube. Sie sah sofort, daß Marianne falsch atmete, sich innerlich gegen das Kind sträubte und damit ihre Schmerzen herausforderte. »Martin, bitte hol mir die Leintücher aus dem Wäscheschrank. Sie liegen gleich im ersten Fach. Beeil dich.«

      Mariannes Aufschreie zerrten an Martins Nerven. Er war froh, daß er endlich etwas tun konnte.

      »Dank schön, Martl. So, und nun geh hinaus. Wennst es net aushältst, gehst halt vors Haus und wartest auf den Doktor.« Anna wischte der jungen Frau die Schweißperlen von der Stirn. Diese war inzwischen fast ohnmächtig. Sorgfältig bereitete die alte Frau alles für die Geburt vor.

      Kaum hatte sie Marianne auf die heißen Tücher gebettet, als der Doktor mit der Hebamme ins Zimmer trat.

      Schweigend nickten sie der Achnerbäuerin zu, die sich abwandte und zu ihrem Sohn hinausging.

      »’s ist gleich vorbei, Martl!« Zärtlich strich sie dem nervösen Burschen über den semmelblonden Lockenkopf.

      Martin saß in der Wohnstube auf der Sesselkante, den Kopf auf die Hände gestützt. Nur allmählich beruhigten sich seine Nerven, nachdem diese entsetzlichen Schreie aufgehört hatten.

      Die unheimliche Stille, die so plötzlich eingetreten war, ließ ihn beunruhigt aufhorchen. War alles gutgegangen? Lebte sein Kind? Martin sprang auf, lief zur Tür, lauschte angestrengt. Endlich hörte er ein kräftiges Geschrei, das aber wie Musik in seinen Ohren klang. Er stürmte in die Schlafstube, vorbei an den beiden Geburtshelfern, hin zum Bett, in dem das winzige rosige Etwas lautstark das Leben begrüßte!

      »Jessas!« brachte er heraus, hatte nur Augen für sein Kind. Marianne, die vor Erschöpfung eingeschlafen war, beachtetete er mit keinem Blick.

      »Es ist ein Dirndl, Martin.« hörte er wie durch Watte den Doktor sagen.

      In diesem Augenblick war es ihm gleich, ob es ein Sohn oder eine Tochter – war er würde nur für dieses winzige, hilflose Wesen leben und um seinetwillen alles ertragen!

      Marianne erholte sich erstaunlich schnell. Sie lehnte es ab, das Kind zu stillen, gab es einer der Mägde, die vor einiger Zeit entbunden hatte und überließ die kleine Roserl fortan ihrer Schwiegermutter.

      »Mei, Bub, das kannst doch net zulassen!« hatte die Altbäuerin entsetzt zu ihrem Sohn gesagt. »Ein Kind gehört zur Mutter! So unmenschlich kann sie doch net sein!« Sie konnte es nicht fassen.

      »’s ist besser, wenn du dich ums Roserl kümmerst, als wenn sie mit Mariannes Haß aufwächst, glaub mir’s Mutterl!« hatte Martin verächtlich erwidert. Nach Mariannes Mitteilung, sie hätte das Baby der Magd zum Stillen gegeben, war Martin aus der Schlafstube ausgezogen, hatte sich in der kleinen Kammer unterm Dach eingerichtet. Niemals wieder wollte er mit dieser Frau in einem Bett schlafen, niemals!

      Martins Hoffnungen hatten sich nicht erfüllt. Im Gegenteil. Seine Frau


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