Butler Parker 151 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 151 – Kriminalroman - Günter Dönges


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habe kein Wort gesagt«, rief der umgehend und aufgebracht.

      »Oder sollte diese wichtige Information sogar von Ihnen stammen?« Parker nickte dem Fahrer zu.

      »Von mir? Niemals! Dann müßte ich davon ja was wissen.«

      »Wir sollten das Thema ausklammern«, schlug Parker vor, »widmen Sie sich weiterhin dem Straßenverkehr. Mylady wünscht in Richtung Gardasee zu fahren. Sie können später mit weiteren Richtungsangaben rechnen.«

      »Was Sie da machen, ist heller Wahnsinn«, warnte der Fahrer eindringlich, »glauben Sie etwa, man hätte nicht gemerkt, daß wir reingelegt worden sind? Wissen Sie überhaupt, wie sich ’ne Maschinenpistole anhört?«

      »Sie spielen offenbar und vermutlich auf den dunkelgrünen Fiat an, nicht wahr?« fragte Parker gemessen.

      »Dunkelgrüner Fiat?« Der Fahrer reagierte erstaunt.

      »Ein Fiat mit zwei Personen«, präzisierte der Butler, »seien Sie versichert, daß dieser Wagen bald in gewisse Schwierigkeiten geraten wird.«

      Während der Butler diese Versicherung abgab, langte er in die rechte Tasche seines schwarzen Covercoats und holte seltsame Gebilde hervor, die aus starkem Stahldraht bestanden und an kleine Kettenglieder erinnerten.

      *

      »Mylady wünscht, von der Uferstraße abzubiegen«, sagte Parker nach einigen Minuten, »wählen Sie eine Straße, auf der man unter sich ist.«

      Der italienische Fahrer verstand den Butler inzwischen recht gut. Er bremste kurz und verließ die Uferstraße der Etsch. Der dunkelgrüne Fiat folgte augenblicklich, Josuah Parker machte sich daran, die eigenartigen Kettenglieder aufzubiegen. Es zeigte sich, daß sie spezial angefertigte Knickstellung besaßen. Nachdem Parker solch ein ›Kettenglied‹ hochgeklappt hatte, wurden drei dolchartige Dornfortsätze erkennbar, die etwa fünf bis zehn Zentimeter lang waren. Der Butler kurbelte sein Wagenfenster hinunter und benutzte den Außenspiegel auf seiner Seite, um den Verfolger noch genauer unter Kontrolle nehmen zu können. Der dunkelgrüne Fiat schloß etwas dichter auf, was wohl mit dem fehlenden Verkehr auf dieser Seitenstraße zusammenhing. Parker faltete weitere ›Kettenglieder‹ auseinander und verwandelte sie in kleine ›Krähenfüße‹, die bestens geeignet waren, sich in Autopneus zu bohren. Nachdem er sich einen kleinen Vorrat angelegt hatte, bedeutete er dem Fahrer seines Wagens, noch langsamer zu werden.

      Der dunkelgrüne Fiat folgte diesem Beispiel, schloß aber noch enger auf und kam somit den Absichten des Butlers entgegen. Lady Agatha hatte natürlich bemerkt, daß Parker etwas plante. Sie richtete sich auf und beugte sich vor. Der junge Mann neben ihr mißverstand das gründlich, rechnete sich plötzlich eine Chance aus und war bereit, die neben ihm sitzende Lady mit einem harten Fausthieb in die Wagenecke zu schicken.

      Er holte aus, doch er kam nicht mehr dazu, seinen finsteren Plan in die Tat umzusetzen. Er brüllte auf und krümmte sich. Lady Agatha hatte nämlich sein Vorhaben durchkreuzt und äußerst genußvoll mit ihrer Hutnadel zugestochen.

      »Endlich«, sagte sie erleichtert und nickte dem Getroffenen wohlwollend zu, »Sie haben mich nicht enttäuscht, junger Mann.«

      »Meine Hüfte, meine Hüfte«, jammerte der Gemaßregelte in italienischer Sprache. Dann produzierte er Töne, die denen einer Arie nicht ganz unähnlich waren. Lady Agatha hörte überrascht zu.

      »Erstaunlich«, sagte sie zu Parker, »er singt, hören Sie doch, Mr. Parker!«

      »Nach der herrschenden Volksmeinung in Europa, Mylady, pflegen Italiener in allen Lebenslagen zu singen«, antwortete Parker und öffnete seine Wagentür um Zentimeter. Dann ließ er die seltsamen Stahldrahtgebilde auf den Asphalt gleiten. Es handelte sich um insgesamt acht ›Kettenglieder‹, die über die Straße rollten.

      Sechs davon landeten am Straßenrand, doch zwei ›Krähenfüße‹ bohrten sich erfolgreich in die beiden linksseitigen Pneus des dunkelgrünen Fiats. Der Wagen schlingerte ein wenig, brach andeutungsweise aus und konnte wegen der geringen Geschwindigkeit mühelos vom Fahrer abgefangen werden. Der Fiat blieb luft- und lustlos am Straßenrand stehen.

      »Reißen Sie sich gefälligst zusammen«, herrschte Lady Agatha inzwischen den jammernden Mann an, der sich die Hüfte hielt, »das Gift an der Nadelspitze braucht wenigstens zwei Stunden, bis es Sie umbringt.«

      Der Getroffene hatte verstanden, schaute die ältere Dame aus großen Augen an und schluchzte. Er rang seine Hände, erzählte ausgiebig von seiner Familie und von einer Zukunft, die er sich ausgemalt hatte. Er sprach von seiner Jugend und von einer gewissen Julia, der er ein Heiratsversprechen gegeben hatte.

      Parker übersetzte dies alles, und Lady Agatha versprach dem jungen Mann, nicht noch mal zuzustechen. Dafür verlangte sie aber die Angabe jener Adresse, unter der der Pate der Mafia, Luciano Parcutti, zu erreichen war. Sie bekam umgehend das Geforderte geliefert. Die Adresse deckte sich mit der, die Parker bereits kannte.

      »Beeilen Sie sich jetzt«, schlug der Butler dem Fahrer vor, »Mylady möchte die Todesarie nicht versäumen.«

      »Todesarie, Sir?« Der Fahrer fuhr zusammen.

      »Den Schluß der Aida«, präzisierte Parker, »es könnte sich übrigens ergeben, daß Mr. Parcutti dem geplanten Opernbesuch sich anschließen wird.«

      *

      Die Villa lag auf einer sanften Anhöhe und wurde von Pinien und Zypressen umrahmt. Es gab zwei Terrassen, die zum Eingang führten. Blumen und saftig grünes Strauchwerk schufen einen zusätzlichen Rahmen. Das Haus, das an einen kleinen Palazzo erinnerte, war schon alt und zeichnete sich durch die Harmonie seiner Architektur aus.

      Weniger harmonisch hingegen wirkte Luciano Parcutti, der auf der oberen Terrasse saß und sich gerade Bericht erstatten ließ. Der Kurzbeinige hatte vor einem runden Eisentisch Platz genommen, kaute auf einer Zigarre und musterte die Auffahrt zum Haus. Er wartete auf Besuch.

      »Diese Lady Simpson ist steinreich«, faßte Cäsare Fermo zusammen, der Sekretär des Mafiagangsters, ein schmaler, agiler Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, »sie ist seit vielen Jahren Witwe und bezeichnet sich als Amateurkriminalistin.«

      »Nicht mehr lange«, warf der Gangsterboß ein.

      »Unsere Freunde in London berichten, daß diese Lady allerdings sehr erfolgreich ist«, redete Cäsare Fermo weiter, »aber die Erfolge gehen auf das Konto ihres Butlers, der Josuah Parker heißt.«

      »Für mich ist auch dieser Amateur bereits gestorben«, sagte Parcutti.

      »Mike Rander ist Anwalt und war vor seinen Jahren in den USA mit dem Butler zusammen«, erläuterte Fermo, »sie waren gefürchtet wegen ihrer Methoden.«

      »Was stell’ ich mir darunter vor?« wollte der ehemalige Mafiaboß wissen.

      »Die Methoden waren ungewöhnlich«, sagte Fermo, »sie taten immer genau das, was man nicht erwartete.«

      »Bei mir werden sie auflaufen«, versprach Parcutti und lächelte siegessicher. »Da soll’s noch eine Frau geben, wie?«

      »Kathy Porter, Sekretärin der Lady und Freundin des Anwalts«, bestätigte Fermo, »sie ist gefährlich, obwohl man’s ihr nicht ansieht.«

      »Das werde ich testen«, versprach Parcutti, der nun ein wenig schmierig lächelte, »die Kleine wird nicht angerührt, die nehme ich mir selbst vor. Wie viele Leute haben das Hotel eingekreist?«

      »Insgesamt acht Spezialisten«, erwiderte Fermo, »erstklassige Leute. Sie müßten gleich auftauchen. Bevor sie das Hotel verließen, haben sie angerufen.«

      »Und warum sind diese vier Briten hier in Verona«, fragte Parcutti. »Hat der Besuch was mit mir zu tun?«

      Auf keinen Fall. Nach meinen Erkundigungen wollen sie sich die Opernaufführung in der Arena ansehen.«

      »Sie werden die Oper aus nächster Nähe nachvollziehen«, versprach Parcutti, »ich habe nachgedacht, Fermo. Ich weiß jetzt, wie wir die vier Barbaren verschwinden lassen.«


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